Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch des Khan

Der Fluch des Khan

Titel: Der Fluch des Khan
Autoren: Clive Cussler , Dirk Cussler
Vom Netzwerk:
er wusste, dass die Mehrzahl gar nicht bereit war, ihr Leben erneut für eine wagemutige Seefahrt aufs Spiel zu setzen. Viele Männer hatten mittlerweile Frauen und Kinder auf der Insel. Als er sich nach Freiwilligen erkundigte, traten nur drei Mann sowie der alte Mahu vor. Mehr konnte Temur nicht verlangen. Es waren zwar kaum genügend Männer, um das alte Boot zu segeln, aber der mongolische Kommandeur fand sich mit der Entscheidung der anderen ab, die lieber bleiben wollten.
    Proviant wurde eingelagert, dann warteten die Männer so lange, bis Mahu erklärte, dass der richtige Zeitpunkt gekommen sei.
    »Die Göttin Hina wird uns jetzt eine sichere Fahrt nach Westen gewähren«, sagte er eine Woche später zu Temur, als der Wind drehte. »Lass uns aufbrechen.«
    »Ich werde dem Kaiser von seiner neuen Kolonie in diesem fernen Land berichten«, rief er den am Strand versammelten Männern zu, als der Doppelrumpf durch die Brandung stieß und von einem ablandigen Wind rasch aufs Meer hinausgetrieben wurde. Das Schiff hatte reichlich Wasser, getrocknete Fische und Früchte an Bord, sodass sie wochenlang auf See überleben konnten.
    Als die üppige grüne Insel hinter ihnen in den Wogen verschwand, wurden die Männer an Bord des Katamarans einen Augenblick lang unsicher und kamen sich töricht vor. Der mörderische Kampf gegen die See, den sie vor mehr als einem Jahrzehnt hatten bestehen müssen, kam ihnen wieder in den Sinn, und alle fragten sich, ob die Urgewalten der Natur sie wohl auch diesmal am Leben ließen.
    Doch Temur war zuversichtlich. Er vertraute Mahu. Zwar hatte der alte Häuptling wenig Erfahrung im Segeln, dagegen hatte er mühelos den Stand der Sterne bestimmt, tagsüber den Lauf der Sonne verfolgt und Wolken und Dünung gemustert.
    Mahu wusste, dass die auf der Insel herrschenden Südwinde im Herbst auf Ost drehten, sodass sie von einer steten Brise in Richtung Heimat getrieben werden würden. Mahu war es auch, der wusste, wie man mit einer Leine, einem knöchernen Haken und einem Fliegenden Fisch als Köder Thunfische fangen und damit die Verpflegung während der langen Fahrt aufstocken konnte.
    Nachdem die Insel endgültig verschwunden war, stellte die unerfahrene Besatzung fest, dass sich ihr Boot überraschend leicht segeln ließ. Vierzehn Tage lang wurden sie jeden Tag aufs Neue von klarem Himmel und ruhiger See empfangen, während der Wind sie stetig vorantrug. Nur ein gelegentlicher Sturm stellte die Stabilität des Bootes auf die Probe, gab der Besatzung zugleich aber auch die Gelegenheit, frisches Regenwasser zu sammeln. Und die ganz Zeit über erteilte Mahu in aller Ruhe seine Befehle und orientierte sich ständig am Stand der Sonne und der Sterne. Als er etliche Tage später den Horizont betrachtete, bemerkte er einen ungewöhnlichen Wolkenhaufen im Südwesten.
    »Land im Süden, zwei Tage entfernt«, rief er aus.
    Die Besatzung reagierte erleichtert und aufgeregt auf die Nachricht, dass sie bald wieder auf festes Land stoßen würden.
    Aber wo waren sie, und welchem Land näherten sie sich?
    Am nächsten Morgen tauchte ein Punkt am Horizont auf, der von Stunde zu Stunde größer wurde. Es war aber kein Land, sondern ein anderes Segelschiff, das ihren Kurs kreuzte. Als es näher kam, sah Temur, dass es ein niedriges Achterdeck hatte und den Wind mit einem Dreieckssegel einfing. Es war also keine chinesische Dschunke, wie er wusste, sondern allem Anschein nach ein arabisches Handelsschiff. Der Kauffahrer drehte längsseits neben dem Katamaran bei, worauf ihnen ein schlanker, dunkelhaariger Mann in einem leuchtend bunten Gewand von der Reling aus einen Gruß zurief. Temur musterte den Mann einen Augenblick lang, bis er davon überzeugt war, dass von ihm keine Gefahr drohte, und kletterte dann an Bord des kleinen Seglers.
    Das Handelsschiff stammte aus Sansibar, und sein muslimischer Kapitän lieferte schon seit Jahren Waren an den Hof des Großkhans. Das Schiff war nach Shanghai unterwegs und mit Ebenholz, Gold und Gewürzen beladen, die gegen kostbares chinesisches Porzellan eingetauscht werden sollten. Temurs kleine Besatzung, die an Bord herzlich empfangen wurde, sah bedrückt zu, als ihr bewährter Katamaran losgeschnitten wurde und in den Pazifik davontrieb.
    Der gerissene muslimische Kapitän vermutete seinerseits, dass ihm günstigere Handelsbedingungen eingeräumt werden würden, wenn er einem mongolischen Kommandeur das Leben rettete, und er wurde nicht enttäuscht. Beim Anlegen in der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher