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Der Fluch der Makaá

Der Fluch der Makaá

Titel: Der Fluch der Makaá
Autoren: Ulrike Talbiersky
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schön war, und sich noch dazu so wunderbar gewählt ausdrücken konnte wie sie? Was nur?
    „Wie bitte?“, fragte die Frau etwas verunsichert und blickte mich über ihre Schulter an. Was hätte ich dafür gegeben, wenn sie die Sonnenbrille nicht wieder aufgesetzt hätte! Anstelle in den Spiegel ihrer Seele zu sehen, nahm ich in den getönten Gläsern lediglich meine eigene magere Gestalt im dunklen Bikini wahr, die sich mit der Figur meines Gegenübers nicht einmal im Traum messen durfte. Eine schmale Augenbraue zeichnete sich fragend über dem rechten Brillenglas ab. Ich fasste mir ein Herz: „Nun ja, Sie kennen jetzt unser Geheimnis. Es wäre nur fair, wenn wir im Gegenzug Ihres erfahren dürften“, sagte ich mit gefasster Stimme. Die Frau warf ihr Haar zurück und legte den Kopf schief. Mit dem Zeigefinger klopfte sie leicht gegen ihre Lippe als dächte sie kurz über etwas nach.
    „Also gut“, sagte sie schließlich und zog eine freie Liege zu unserer heran. „Doch nur unter einer Bedingung.“
    „Die da wäre?“
    „Wir müssen Freunde werden. Schließlich kann man sich keine Geheimnisse anvertrauen, wenn man sich fremd ist, das versteht ihr doch, nicht wahr?“
    Lachend erklärte ich mich mit der Bedingung einverstanden. „Ich fand es eh komisch, gesiezt zu werden.“, gab ich zu. Die Frau stellte sich als Karina Stock vor und reichte mir freundschaftlich die Hand. „Ich bin Melanie Feldmann und das hier ist mein Bruder Oliver.“
    „Feldmann… So, so…“
    „Hab ich irgendetwas verpasst?“, wunderte sich Robert, der gerade wieder die Dachterrasse betreten hatte und sich mit fragendem Blick auf seiner Liege niederließ. In seinen Händen hielt er Block und Stift.
    „Nichts Wichtiges“, lächelte Karina warmherzig. „Aber jetzt brauche ich erst mal etwas Kaltes zu trinken.“

D ie Sonne stand senkrecht am Himmel. Ihre heißen Strahlen leckten nun auch den letzten kleinen Fleck Schatten von der Dachterrasse. Der korpulente Mann, der diesen bis zuletzt ausgenutzt hatte, war keine fünf Minuten nach Karina verschwunden. Die Zeitung hatte er auf dem Tisch zurückgelassen, ebenso das leer getrunkene Limonadenglas, aus dem ein grüner Strohhalm staksig und verloren herausragte.
    Mehrfach hatte er zu unserer kleinen Gruppe herübergeblickt, während wir uns lustig mit Karina unterhalten hatten. Man hätte fast den Eindruck gewinnen können, er hätte uns belauscht. Aber wahrscheinlich hatte er nur auf die Bedienung gewartet – der Treppenaufgang und die Aufzüge befanden sich direkt hinter uns – um einen neuen Saft zu bestellen. Da jedoch Mittagszeit war, ließ sich keiner der Hotelangestellten blicken. Sie waren entweder im Hotelrestaurant beschäftigt oder hielten selber gerade eine Siesta. Irgendwann war es ihm dann in der Sonne doch zu heiß geworden, und er hatte sich mit einem kurzen Kopfnicken verabschiedet. Nicht ein einziges Mal hatte er gelächelt, und in dem kurzen Blick, den er mir und meinen Brüdern zuwarf, lag eine gewisse Unruhe. Alles in allem erschien er mir etwas unnahbar. Seltsam, dass mir das aufgefallen war, denn eigentlich hatte ich bisher nicht viele Gedanken an ihn verschwendet.
    Jetzt umlagerten nur noch meine Brüder, ich und die beiden Mädchen, die sich gerade ebenfalls auf Liegen sonnten, den Pool. Robert stand an der Brüstung und übertrug die Skyline von Caracas detailgetreu in seinen Block. Hin und wieder strich er sich das schweißverklebte Haar aus der Stirn. Bei seiner Arbeit war er stets sehr gewissenhaft. Nicht nur vom Charakter her ähnelte er stark meinem Vater, sondern auch vom Äußeren. Beide hatten dichtes, dunkles Haar, das sie immer eine Spur länger trugen als es die Mode gerade vorschrieb, und schmale, tiefgraue Augen, in denen man entweder die ernsthaftesten Gedanken oder den kindlichsten Schalk erblickte. Ein Zwischending schien es bei beiden nicht zu geben. Oliver und ich kamen eher nach meiner Mutter. Sie war eine hochgewachsene, schlanke Frau mit flachsblonden Haaren. Wenn ihr Gesicht auch nicht gerade lieblich war, so übten ihre klaren Züge doch einen ganz besonderen Reiz auf den Betrachter aus, sodass man sie immer wieder anschauen musste und schließlich nicht anders konnte als sie apart zu finden. Während ich mir sicher war, dass ich diesen Charme nicht versprühte, fand ich ihn verstärkt in meinem kleinen Bruder wieder, auf dessen rundem Köpfchen sich das blonde Haar nach allen Seiten kringelte.
    Da ich glaubte, meinen Bauch nun
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