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Der Fluch Der Bösen Tat

Der Fluch Der Bösen Tat

Titel: Der Fluch Der Bösen Tat
Autoren: Granger Ann
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wenigstens drei Kilometer entfernt und bedeutete einen Umweg. Außerdem war es der Ort, wo diese Cheryl aus dem Pub wohnte. Er wusste nicht, zu welchen Zeiten sie arbeitete, doch wahrscheinlich hatte sie am Nachmittag frei, und er verspürte nicht den Wunsch, ihr noch einmal zu begegnen. Er fragte sich, wie sie zur Arbeit und wieder nach Hause kam, und er meinte sich undeutlich an einen Motorroller zu erin nern, der an der Seite des Pubs geparkt hatte. Doch es gab einen zweiten Zufluchtsort. Unmittelbar hinter dem Kamm des Hügels musste ein Weiler namens Stovey Woods zu sehen sein. Hastig faltete Guy seine Karte zusammen und zerknitterte sie dabei noch mehr, dann steckte er sie in den Rucksack, schlang sich die Tragriemen über die Schultern und zog sich das wasserdichte Cape über den Kopf und den Rucksack. Der Regen fiel inzwischen heftiger, und dicke Tropfen klatschten ihm ins Gesicht und gegen die nackten Beine. Staub wirbelte auf, als die Tropfen auf den noch trockenen Boden prallten. Langsam verschmolzen die einzelnen Tropfen miteinander, während der Boden seinen Durst stillte. Bald schon würden sich die Tropfen in Pfützen sammeln und das Erdreich in Schlamm verwandeln. Guy marschierte entschlossen los. Er überquerte den Kamm und wanderte auf der anderen Seite auf den dunklen Saum zu, der den Waldrand markierte, als er einen Blitz sah. Wie er es als Kind gelernt hatte, zählte er im Geiste die Sekunden. Einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig, vierundzwanzig … Der Donnerhall rollte über das Land. Drei, vier Kilometer. Das Donnergrollen war kaum verklungen, als der nächste Blitz so grell über den Himmel zuckte, dass es Guy in den Augen schmerzte. Er spürte ein kurzes Hitzegefühl im Gesicht und dachte, meine Güte, das war ein verdammtes Stück näher! Er lief los, den Hügel hinunter. Gelerntes Wissen sagte ihm, dass er sich nicht unter einem Baum unterstellen sollte, solange ein Gewitter tobte. Guy hoffte, dass das nur für offenes Land galt. In einem Wald war die Chance, dass der Blitz ausgerechnet in den Baum schlug, unter dem man sich untergestellt hat te, um einiges geringer. Je näher er dem Waldrand kam, desto mehr erschien er ihm als dunkle, undurchdringliche Masse. Er spürte eine atavistische Unruhe in sich aufsteigen. Der Wald war stets ein Ort gewesen, in dem man sich fürchten musste, heimgesucht von Elfen, Banditen und wilden Tieren. Heutzutage doch nicht mehr, tröstete sich Guy. Nicht in unserem modernen Zeitalter, wo wir uns befreit haben von mittelalterlichem Entsetzen. Keine Elfen, keine Hexen, hoffentlich keine Banditen und keine …
    »Höllenzahn!«, hörte Guy sich ausrufen.
    »Was um alles in der Welt ist denn das?« Irgendetwas, irgendein Tier, hatte am Waldrand im hohen Gras gelegen. Bei Guys Näherkommen erhob es sich. Zuerst meinte Guy, es wäre ein großer Hund, doch die dunklen Umrisse stimmten absolut nicht für einen Hund. Vielleicht eine Ziege? Unmöglich – nein, es war ein kleines Reh, ein Muntjakhirsch. Guy lachte erleichtert auf. Der Muntjak, aufgeschreckt durch Guys Eintreffen, trottete mit angelegten Ohren in die Deckung der Bäume. Guy folgte dem Tier. Der Weg, die alte Straße, führte mitten durch den Wald. Dieser Teil der Wälder gehörte der britischen Forstbehörde. Es waren Kiefernwälder. Zu beiden Seiten des alten Weges gab es eine grasbewachsene Bankette mit einem sich anschließenden tiefen Graben, bevor die Bäume anfingen. Guy krabbelte durch den Graben zur Rechten und stolperte in die Dunkelheit – und Trockenheit – unter den Reihen gerader, einförmiger Stämme. Der Nadelteppich unter seinen Füßen war weich und fühlte sich schwammig an. Der Geruch nach Harz lag so schwer in der Luft wie Weihrauch in der Kirche nach einer Messe. Auch sonst herrschte die Stille einer Kathedrale – als hielte alles den Atem an und wartete auf den Moment der Erleuchtung. Von dem Muntjak war nirgendwo eine Spur zu sehen. Er konnte ihn nicht hören. Er hörte nicht einmal das Knirschen seiner eigenen Schritte. Er hörte überhaupt nichts außer dem lauten Prasseln der Regentropfen oben in den Baumkronen. Zwischen den Stämmen führte ein Pfad hindurch, und Guy folgte ihm automatisch. Der Weg war schmal und offensichtlich ein Wildwechsel, nicht von Menschen gemacht. Er war gewunden wie keine römische Straße, wand sich links herum um diesen und rechts herum um jenen Baum und zwang ihn zu Manövern, die er mit Bauerntänzen assoziierte. Gelegentlich vernahm
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