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Der Feind im Spiegel

Der Feind im Spiegel

Titel: Der Feind im Spiegel
Autoren: Leif Davidsen
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quietschenden Reifen davon.
    Toftlund und Juan begrüßten sich mit einem kurzen Händedruck. Die Erinnerungen an ihre gemeinsame Soldatenzeit mußten sie ein andermal aufwärmen. Die Leiche war bereits abtransportiert. Auf dem Boden waren ihre Umrisse mit Kreide nachgezeichnet. Hinzu kamen ein stattlicher Blutfleck und kleinere Kreidekreise, die die Fingerabdrücke markierten. Die Spurensicherung hatte ihre Arbeit bereits erledigt. Vom Rechner und vom Drucker war nichts mehr zu sehen.
    Juan erklärte Toftlund den Tatort. Er machte es effektiv und professionell, aber seine Stimme hatte einen frustrierten und bitteren Unterton, den Toftlund nicht so recht deuten konnte. Sie waren allein. Das wunderte ihn ebenfalls. Wo waren Juans Mitarbeiter? Vor der Pizzeria standen zwei bewaffnete Schutzleute, aber sonst war der Tatort leer. Per mußte sich auf Juans deutliches, aber schnelles Spanisch konzentrieren. Juan berichtete, daß Mustafa mit Klebeband an den Stuhl gefesselt worden war. Man sah die Spuren des Klebebands, aber das Band selbst hatte der Täter entfernt, vermutlich war es längst in der Müllverbrennung gelandet. Toftlund sah die großen Müllwagen vor sich, die frühmorgens durch die Straßen fuhren. Die Leiche war um acht Uhr von der Putzfrau gefunden worden. Mustafa war mißhandelt worden. Sein Gesicht wies schwere Verletzungen auf, und seine beiden kleinen Finger waren stark in Mitleidenschaft gezogen. Offensichtlich durch einen Eisendraht, wie man ihn überall kaufen konnte. Auch er war vom Tatort entfernt worden. Der Tod mußte dem Rechtsmediziner zufolge zwischen Mitternacht und drei Uhr morgens eingetreten sein. Ein genauerer Zeitpunkt konnte erst nach der Obduktion bestimmt werden. Alles war sorgfältig abgewischt worden, man hatte keine Fingerabdrücke gefunden, mit Ausnahme eben der beiden auf dem Boden, wo man auch Abdrücke des Opfers entdeckt hatte.
    »Komm mal her, Per«, sagte Juan und wies durch die Tür in das eigentliche Lokal. Erst jetzt bemerkte Toftlund die beiden Kreidekreise auf dem Boden vor der Theke.
    Juan sagte: »Ich glaube, dein alter Freund …«
    »Nenn ihn ruhig Vuk. Das ist sein nom de guerre. «
    » Bueno, Per. Ich glaube, daß Vuk ihn niedergeschlagen hat, aber er brauchte ihn noch, er wollte noch was von ihm wissen, also hat er ihn aufgefangen, damit sein Kopf nicht gegen die Fliesen schlägt. Ich lasse mich mal fallen. Was tust du?«
    Juan ließ sich halb nach hinten, halb zur Seite sinken. Per griff nach ihm und versuchte ihn mit der rechten Hand davor zu bewahren, mit dem Kopf auf den Boden zu prallen. Wie ein Ringrichter beim Boxen, der einen ausgeknockten Boxer aufzufangen versucht. Per ging in die Knie und konnte Juans Kopf halten, aber um nicht aus dem Gleichgewicht zu geraten, stützte er sich mit der linken Hand einen Moment lang auf dem Boden ab. Juan sprang wieder auf die Beine.
    »Genau, Per. Da beging Vuk seinen Fehler. Das hatte er nicht bedacht.«
    Juan setzte den kleinen Finger und den Daumen auf die markierten Felder. Es paßte. »Er hat es einfach vergessen, daß er sich ein, zwei Sekunden lang auf dem Boden abgestützt hat, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Was übrigens auch mit den Fingerabdrücken des Opfers zusammenpaßt.«
    »Warum hat er keine Handschuhe getragen?«
    »Bei vierzig Grad Hitze?«
    »Trotzdem. Wie hat er Mustafa getötet?«
    »Mit einem spitzen Gegenstand. Sicher einem Messer. In den Nacken. Äußerst präzise. Ein Profi. Wie wir es damals auch gelernt haben, nicht wahr, Per?«
    »Daß er keine Handschuhe getragen hat, verstehe ich immer noch nicht.«
    Juan sah ihn an.
    »Du sollst übrigens in Dänemark anrufen, Per. Deine Chefin, Señora Vuldom. Das hättest du gleich bei deiner Ankunft machen sollen, aber ich wollte dir doch wenigstens erst den Tatort zeigen.«
    Toftlund holte sein Handy heraus und machte es an. Sobald die Verbindung da war, fing es wie wild an zu piepen.
    »Wie gesagt, stante pede, lautete der Befehl. Sie ist den ganzen Abend in ihrem Büro.«
    »Ich hasse diese Mistdinger!«
    »Macht doch nichts. Jetzt telefonier schon!«
    Vuldom nahm ab und fuhr ihn sofort an: »Was zum Teufel hast du in Spanien zu suchen, Per?!«
    »Ich gehe meiner Arbeit nach.«
    »Du bist kein Reisekader, verdammt noch mal!«
    »Mustafa hatte Verbindung zu einer Gruppe, an der wir stark interessiert sind.«
    »Du nimmst das erste Flugzeug morgen früh und kommst nach Hause. Capito? «
    »Nein, absolut nicht, Vuldom. Denn es gibt noch
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