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Der falsche Graf

Der falsche Graf

Titel: Der falsche Graf
Autoren: Edna Schuchardt
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heraus.
    "Genug geflennt", lautete ihr Resümee, nachdem sich Conny an ihrer Schulter das gesamte Unglück von der Seele geweint hatte. "Du brauchst einen Ortswechsel."
    Nur ein paar Stunden später überreichte sie Conny einen Gutschein für einen zweiwöchigen Wellnessurlaub im Schwangau, einzulösen jeder Zeit, am besten gleich. Zu diesem Zeitpunkt konnten Conny aber weder der Anblick des barocken Schlösschens, in dem das immerhin mit fünf Sternen ausgezeichnete Hotel untergebracht war, noch das im Prospekt angekündigte Rundum-Verwöhn-Programm und schon gar nicht die wirklich romantische Landschaft reizen. Überzeugt davon, sowieso an diesem Kummer zu sterben, wollte sie sich nur verkriechen und ihre Ruhe haben. Vor allem wollte sie den mitleidigen Blicken entgehen, die sie erwarteten, wenn sie das Haus verließ. Sie stopfte den Gutschein in irgendeine Schublade, legte sich wieder ins Bett und leckte weiter ihre Wunden.
    Als sie nach einer Woche immer noch nicht gestorben war, erwachte der alte Trotz in ihr. Okay, sagte sie sich, was einen nicht umbringt macht einen nur stärker. Sie erhob sich wie Phönix aus der Asche ihrer Leiden, löste ihre Aushilfe ab, die, von der umsichtigen Kathi dazu angehalten, die ganze Zeit auf die Boutique aufgepasst hatte und stürzte sich wie besessen in ihre Arbeit.
    An dem Tag an dem eigentlich ihre Hochzeit hätte stattfinden sollen, begann Conny damit eine neue Kollektion zu entwerfen. Sie vergrub sich so in ihre kreative Phase, dass sie kaum zum Nachdenken kam. Danach war für sie das Schlimmste überstanden. Jetzt konnte sie nichts mehr aus der Fassung bringen oder gar verletzen. Wie Siegfried oder Achilles hatte sie sich gefühlt. Das Bad in der bittersten Enttäuschung ihres Lebens hatte ihre Seele unverletzbar gemacht. Egal, was sich das Schicksal jetzt noch für Gemeinheiten für sie ausdachte, eine Cornelia Weyrich würde aufrecht jeden Sumpf durchwaten. Leider hatte sie das Lindenblatt vergessen, das einst verträumt auf Siegfrieds Rücken geflattert war. Ihr Lindenblatt hieß immer noch und immer wieder Jenny und war vor genau zwei Stunden in ihre Boutique gestöckelt, um ihr den nächsten Dolchstoß zu versetzen.
    Mit strahlender Unbekümmertheit hatte sich Jenny zunächst zwischen den verschiedenen Modellen umgesehen, die auf fahrbaren Kleiderständern auf zahlungskräftige Kundinnen warteten. Schon erwartete Conny, dass ihre Schwester gleich mit der Bemerkung "Weißt du, ich suche etwas für unsere Verlobungsfeier", den Kampf eröffnen würde.
    Ich lasse mich nicht provozieren, war Connys fester Vorsatz gewesen. Soll sie reden was sie will, es perlt einfach an mir ab. Doch Conny hatte Jennys Talent was Intrigen und psychische Schwertstreiche anging, unterschätzt.
    "Führst du eigentlich auch Umstandsmode?"
    Diese Frage hatte Conny kurzfristig aus dem Konzept gebracht und das nutzte Jenny umgehend aus.
    "Wieso?", hatte sie gekichert und kokett ihren nicht vorhandenen Bauch herausgestreckt. "Weil ich ein Baby erwarte."
    Dummerweise war Conny prompt die absolut blödsinnige Frage "Von wem?" herausgerutscht, für die sie sich jetzt noch ohrfeigen konnte. Jenny hatte wieder dieses perlende Lachen hören lassen, das andere Leute angeblich an glasklares Wasser erinnerte, das über Kieselsteine hüpft, in Connys Ohren jedoch einfach nur ätzend klang.
    "Na, von Elmar natürlich!" Jenny schien sich gar nicht beruhigen zu können. Sie gluckste, bis sie Schluckauf bekam. "Er will mich jetzt – Hicks - natürlich so schnell wie möglich – Hicks -heiraten. Und ich will das auch - Hicks. Bevor ich einen dicken Bauch habe, weißt du?" Sie schoss Conny einen lauernden Blick unter langen, schwarz getuschten Wimpern zu. "Du bist doch drüber weg, nicht wahr?"
    "Längst", schwindelte Conny, deren Magen heftig gegen die Situation revoltierte. "Und jetzt mach, dass du rauskommst."
    Jennys feingezupfte Brauen hoben sich in spöttisch gespieltem Erstaunen.
    "Oha! Ich dachte, du wärst toleranter." Sie hob abwehrend die Hände als Conny nach der Steinfigur griff, die auf dem Verkaufstresen stand. Sie stellte eine junge Dame dar, im Stil der Zwanziger gekleidet, die eine Hand über die Augen gehoben in eine imaginäre Ferne blickte. "Ich sag's Elmar, wenn du die schmeißt!"
    "Falls du dann noch was sagen kannst", knurrte Conny und packte die Figur mit beiden Händen, eine Geste die es Jenny ratsam erscheinen ließ, sich schleunigst aus dem Staube zu machen. Das rettete ihr und der
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