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Der Fall der Bücher (Kindle Single) (German Edition)

Der Fall der Bücher (Kindle Single) (German Edition)

Titel: Der Fall der Bücher (Kindle Single) (German Edition)
Autoren: Nelson DeMille
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musste etwas tun …«
    »Selbstverständlich.« Ich habe schon alle möglichen Begründungen für den Mord an einem Ehepartner gehört, und die meisten davon sind unfassbar trivial. »Meine Frau dachte, Kochen und Vögeln seien zwei Städte in China.« Oder: »Mein Mann hat jedes Wochenende nur Sportfernsehen geglotzt, Bier getrunken und gefurzt.« Manchmal scheint mir, Bulle zu sein ist weniger gefährlich, als verheiratet zu sein.
    Wie dem auch sein, Mrs Parker hatte wohl vergessen, dass sie den Mord lange vor der Hochzeit geplant und dass sie einen Geliebten hatte. Aber wer will denn schon kleinlich sein, wenn er ein Geständnis geliefert bekommt?
    »Gibt es einen Kaufinteressenten für das Haus?«, erkundigte ich mich.
    Sie nickte.
    »Zwei Millionen?«, schätzte ich.
    »Zweieinhalb.«
    Nicht schlecht. Und ein gutes Motiv.
    »Seine bescheuerten Sammlerbücher sind gerade einmal fünfzigtausend wert«, ließ sie mich wissen. »Er kauft sie, kann sie aber ganz offensichtlich nicht verkaufen.«
    »Hat er es mal im Internet versucht?«
    »Da hat er sie ja her. Er ist ein Idiot.«
    »Packen Sie das in Ihre Aussage«, riet ich ihr.
    Plötzlich schien sie sich wieder zu entsinnen, dass sie Handschellen trug, und wahrscheinlich wurde ihr auf einmal wieder bewusst, dass dieser Morgen gar nicht gut gelaufen war, und sie wusste auch, warum. »Alle Männer sind Idioten. Und Lügner«, ließ sie mich wissen.
    »Was genau wollen Sie damit sagen?«
    »Die Bücher in seinem Büro sind gerade einmal zehntausend Dollar wert.«
    »Tatsächlich?« Fand sie, das sei ausgleichende Gerechtigkeit?
    Wie ich schon erwähnt habe, bin ich nicht verheiratet, auch wenn ich es durchaus in Erwägung gezogen habe. Um etwas mehr über das Heiraten zu lernen, fragte ich sie: »Warum haben Sie ihn geheiratet?«
    Die Frage schien ihr weder zu weit hergeholt noch zu persönlich, denn sie antwortete: »Ich war geschieden … einsam …«
    »Pleite?«
    Sie nickte.
    »Ich traf ihn auf einer Feier in Los Angeles … Er sagte, es ginge ihm finanziell sehr gut … und er beschrieb das Leben in New York in den schillerndsten Farben …« Für ein paar Momente lang hing sie ihren Gedanken nach. »Männer sind so falsch.«
    »Stimmt. Und wann kamen Sie darauf, ihm eins überziehen zu wollen?«
    Sie überging meine Frage geflissentlich und starrte eine Weile lang ins Nichts. Dann richtete sie ihren Blick auf Jay, der im hinteren Teil der Buchhandlung auf einem Sessel saß.
    »Warum ist er nicht festgenommen?«, fragte sie mich.
    Normalerweise beantworte ich solche Fragen nicht, aber in ihrem Fall machte ich eine Ausnahme.
    »Er hat ein Alibi«, erinnerte ich sie. »Die Dame, mit der er die Nacht verbracht hat. Seine Agentin, Samantha …«
    »Diese Schlampe!«
    Das wurde immer unterhaltsamer. Allerdings war es wohl irrelevant. Was jetzt Vorrang hatte, war, dass sich Mrs Parker wieder aufregte und ich versuchte, sie zu beruhigen.
    »Schauen Sie, wenn Sie mir die Fakten liefern, die mich davon überzeugen, dass er bei dem Versuch, Ihren Mann um die Ecke zu bringen, mit Ihnen unter einer Decke steckte, dann verhafte ich ihn.«
    »Wir haben das über mehr als zwei Jahre gemeinsam geplant. Und ich kann es beweisen«, antwortete sie. »Es war seine Idee. Er ist beinahe pleite«, teilte sie mir mit.
    »Verstehe. Ich mochte sein letztes Buch gar nicht«, gestand ich. Obwohl ich die Antwort auf meine nächste Frage schon im Voraus kannte, fragte ich fürs Protokoll: »Warum haben Sie so lange gewartet?«
    »Weil«, und man konnte hören, dass sie etwas genervt war, »Otis zwei Jahre gebraucht hat, um mich endlich zu heiraten.«
    »Verstehe.«
    Männer leiden unter Bindungsängsten. Aber das Bücherregal wartet geduldig darauf umzufallen. Das war eindeutig vorsätzlicher Mord, wie er mir noch nie untergekommen war. Kaltblütig, berechnend und mies. Man stelle sich vor: In dem Moment, in dem Otis Parker seiner errötenden Braut versprach, sie zu lieben, bis dass der Tod sie scheidet, war er gewissermaßen schon tot.
    Die gute Nachricht ist, dass die Grundstückspreise hier in Lower Manhattan in den letzten zwei, drei Jahren bekanntlich extrem nach oben geklettert sind. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob das auch für Sammlerbücher gilt.
    Ich versuchte, den Mordhergang zu rekonstruieren, um sicherzugehen, dass ich alles richtig mitbekommen hatte. Der Tag, nach dem Jay Lawrence in der Stadt eintraf, um sein neues Buch zu bewerben, war Otis Parkers D-Day. Also heute.
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