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Der Falke des Nordens

Der Falke des Nordens

Titel: Der Falke des Nordens
Autoren: Sandra Marton
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erklären, warum …”
    “Was macht Sie glauben, ich würde auch nur in Betracht ziehen, die habgierigen Pläne Ihres Vaters mit Ihnen zu besprechen?”
    Joanna trafen seine unverhohlene Verachtung und die geringschätzigen Worte wie eine kalte Dusche, trotzdem begegnete sie unerschrocken seinem harten Blick. “Sie irren sich auf der ganzen Linie, Mr. Hassan. Zunächst einmal wollte ich gar nicht mit Ihnen reden, sondern mit Prinz Khalil – falls Sie so freundlich sind, sich daran zu erinnern! Und was die von Ihnen unterstellte Habgier angeht, möchte ich dazu anmerken, dass nicht mein Vater dem Fortschritt und den besseren Lebensbedingungen in Jandara im Weg steht, sondern Ihr Herrscher höchstpersönlich.”
    Er zog die Augenbrauen hoch. “Interessant, was Sie mir da über den Prinzen erzählen, Miss Bennett. Aber offenbar mangelt es Ihnen sowohl an Scharfsinn als auch an Fingerspitzengefühl.”
    Sogleich sah Joanna ein, dass er recht hatte. Sie hatte unüberlegt gesprochen, wollte jedoch jetzt keinen Rückzieher mehr machen. “Es tut mir leid, wenn Sie sich durch meine Aufrichtigkeit beleidigt fühlen, aber ich rede nicht gern um den Brei herum. Ich bin für Offenheit.”
    Missbilligend verzog er die Lippen. “Nachdem Sie sich unsere Begegnung mit einer Lüge erschlichen haben, gehen Sie erstaunlich leichtfertig mit dem Begriff
Aufrichtigkeit
um!”
    “Das stimmt nicht! Ich bin tatsächlich Jo Bennett, Vizepräsidentin von Bennettco, genau wie ich es gesagt habe.”
    “Sie wissen genauso gut wie ich, dass diese Verabredung niemals zustande gekommen wäre, wenn Sie uns über Ihre Identität nicht bewusst im Unklaren gelassen hätten.”
    “Ja”, gab sie zu und lächelte. “Ich bin allerdings froh, dass auch Sie das so unumwunden zugeben. Sie und der Prinz hätten es nämlich als unzumutbar zurückgewiesen, mit einer Frau geschäftlich zu verhandeln.”
    “Eine Frau, die einen Männernamen annimmt und sich einbildet, sie könne den Job eines Mannes ausfüllen, kann man nicht ernst nehmen”, entgegnete er spöttisch.
    “Jo ist kein Männername, sondern die Abkürzung von Joanna. Ich weiß nicht, wie ich es Ihnen verständlich machen soll, aber heutzutage haben wir Frauen es nicht mehr nötig, uns irgendwelcher dubioser Mittel zu bedienen, Mr. Hassan. In meinem Land …”
    “Ihr Land ist nicht meines”, unterbrach er sie verächtlich.
    “Richtig. Also in meinem Land …”
    “In Jandara setzt man sich mit Lügnern nicht an einen Tisch.”
    Joanna blickte ihn durchdringend an. “Ich kann nichts dafür, dass Sie dachten, Jo Bennett sei ein Mann.”
    “Sie haben nicht versucht, das Missverständnis aufzuklären.”
    “Stimmt. Und zwar deshalb nicht, weil ich wusste, dass Ihr Chef auf die Vorstellung, es geschäftlich mit einer Frau zu tun zu haben, genauso reagieren würde wie Sie jetzt. Das erklärt auch, warum mein Vater wochenlang keinen Schritt weitergekommen ist! Mit einem despotischen Herrscher zu verhandeln ist …” Sie unterbrach sich unvermittelt, doch es war schon zu spät.
    “Sprechen Sie nur weiter, Miss Bennett. Sie haben Prinz Khalil einen despotischen Herrscher genannt und, jedenfalls indirekt, einen Chauvinisten – zu gern würde ich wissen, was Sie sonst noch von ihm denken”, meinte er und lächelte hinterhältig.
    Was war nur in sie gefahren? Sie hatte die Absicht gehabt, die Dinge voranzutreiben und Sam zu überzeugen, dass sie eine fähige und verantwortungsbewusste Mitarbeiterin der Firma war. Stattdessen verärgerte sie Khalils engsten Mitarbeiter immer mehr. Sie atmete tief ein und aus und zauberte ein Lächeln auf die Lippen. “Vielleicht – bin ich etwas übers Ziel hinausgeschossen.”
    Der Minister lächelte verkrampft. “Das ist eine gewaltige Untertreibung. Mich – ehm – den Prinzen einen Diktator zu nennen ist …”
    “Das habe ich nicht getan!”
    “Aber gedacht!”
    “Nein”, log sie unverfroren, denn natürlich hielt sie ihn dafür. “Im Übrigen steht meine Meinung über den Prinzen gar nicht zur Debatte. Wir sind vom Thema abgekommen, Mr. Hassan. Wir beide sind im Auftrag hier. Weder Prinz Khalil noch mein Vater wären glücklich darüber, wenn wir berichten müssten, dass die Unterredung nicht stattfinden konnte, weil wir uns von Anfang an in die Wolle geraten sind.”
    “Es wäre dann angebracht, die Wahrheit zu sagen, nämlich dass ich mich nicht zum Narren halten lasse.”
    Damit hatte er recht. Sie hatte die Tatsachen ein wenig
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