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Der Falke des Nordens

Der Falke des Nordens

Titel: Der Falke des Nordens
Autoren: Sandra Marton
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Jahre alt, groß, schlank und breitschultrig und trug einen eleganten maßgeschneiderten Anzug. Seine Augen waren einfach unglaublich blau und bildeten einen auffallenden Gegensatz zu seiner gebräunten Haut. Er hatte eine gerade Nase und volle sinnliche Lippen – und er lächelte Joanna freundlich an.
    Sogleich bekam sie Herzklopfen. Du liebe Zeit, er sah einfach umwerfend gut aus. Etwas nervös erwiderte sie sein Lächeln und wandte sich dann rasch an den Ober. “Es tut mir leid, aber hier muss ein Irrtum vorliegen.”
    “Ja”, mischte sich der Fremde ein. Sie drehte sich wieder zu ihm um. Sein Lächeln wurde breiter, und er blickte sie vertraulich und vielversprechend an. “Ich fürchte, die Dame hat recht.” Seine Stimme klang weich und rau, er sprach mit einem kaum wahrnehmbaren, undefinierbaren Akzent. “Wenn ich nicht mit einem Herrn verabredet wäre …”
    Der Ober räusperte sich. “Entschuldigen Sie bitte, Sir, sagten Sie nicht, Sie warteten auf Mr. Joseph Bennett?”
    “Ja, richtig.”
    “Dann ist alles in Ordnung, Sir. Dies ist der Herr – oh, pardon – die Dame, die Sie erwarten.”
    Sekundenlang blickte Joanna den Mann an. War er etwa Hassan, Khalils Minister? “O nein”, fuhr es ihr durch den Kopf, als sie sein Mienenspiel las, das nacheinander alles ausdrückte, von ungläubigem Erstaunen bis hin zu kalter Wut. Deshalb trat sie entschlossen auf ihn zu und reichte ihm die Hand. “Mr. Hassan”, begrüßte sie ihn freundlich, “es ist mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen. Ich bin Jo Bennett.”
    Er blickte so angewidert auf ihre Hand, als wäre sie verseucht. “Wenn das eine Kostprobe westlichen Humors sein soll, muss ich Sie warnen. Ich finde die Sache gar nicht lustig”, antwortete er kühl.
    Joanna schluckte heftig, ließ die Hand, die plötzlich ganz feucht geworden war, sinken und unterdrückte die Regung, sie an dem Rock ihres Kleids abzuwischen. “Es ist keineswegs ein Scherz, Sir.”
    Sir?
Was war nur los mit ihr? Ließ sie sich etwa von dem arroganten Minister eines unbedeutenden despotischen Herrschers wie ein Schulmädchen abkanzeln? Gut und schön, sie war nervös, das hieß aber noch lange nicht, dass sie sich so sang- und klanglos unterordnete. Ob es Mr. Hassan gefiel oder nicht, sie waren gleichwertige Gesprächspartner. Und je eher sie ihn daran erinnerte, desto besser.
    Joanna hob energisch das Kinn und zauberte ein kühles Lächeln auf die Lippen. “Ich bin Joanna Bennett”, erklärte sie ruhig. “Ich verstehe, dass Sie etwas überrascht sind, aber …”
    “Und wo ist Sam Bennetts Sohn?”
    “Ich bin es.” Joanna schüttelte den Kopf. “Ich wollte sagen, er hat keinen Sohn, Mr. Hassan. Ich bin …”
    “Seine Tochter?”
    “Ja.”
    “Sie sind Jo Bennett?”
    “Joanna Bennett. Ganz richtig. Und …”
    Unvermittelt wandte er sich an den Ober. “Bringen Sie mir die Rechnung”, fuhr er ihn an. Dann griff er hastig nach dem Likörglas, leerte es in einem Zug, stellte es wieder ab und verbeugte sich spöttisch vor Joanna. “Gute Nacht, Miss Bennett.”
    Wie erstarrt blickte sie hinter ihm her, während er auf den Perlenvorhang zuschritt. In allerletzter Sekunde erwachte sie jedoch aus ihrer Bewegungslosigkeit, ihr Kampfgeist kehrte zurück, und sie versperrte dem Mann rasch den Weg. “Noch eine Minute, Mr. Hassan!”
    “Machen Sie mir bitte Platz!” Er schleuderte ihr die Worte so gleichgültig und uninteressiert entgegen, als wäre sie ein Hund, dem man einen Knochen hinwirft.
    Und das brachte das Fass zum Überlaufen. “Was wollen Sie Prinz Khalil berichten, Mr. Hassan?” Energisch stützte sie die Hände in die Hüften. “Dass, weil Sie ein engstirniger, altmodischer, kleinlicher und dummer …”
    In seinen blauen Augen blitzte es gefährlich auf. “Hüten Sie Ihre Zunge!”
    “Ich empfehle Ihnen, Ihren Verstand einzuschalten”, entgegnete Joanna schneidend. “Prinz Khalil wollte, dass Sie sich mit mir unterhalten.”
    “Nein, mit Sam Bennetts Sohn! Wer hat sich dieses Täuschungsmanöver ausgedacht? Ellington? Oder sogar Ihr Vater selbst?”
    “Es geht hier nicht um ein Täuschungsmanöver, Mr. Hassan.”
    Der Mann lächelte frostig. “Wie würden Sie es dann nennen? Einen Trick? Oder
Betrug?”
    “Schlimmstenfalls ist es ein Missverständnis.”
    “Bitte, Miss Bennett, beleidigen Sie mich nicht mit Ihren Wortspielen”, forderte er sie auf, während er die Arme vor der Brust verschränkte.
    “Ich versuche lediglich, Ihnen zu
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