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Der Facebook-Killer

Der Facebook-Killer

Titel: Der Facebook-Killer
Autoren: Oliver Hoffmann , Thommy Mardo
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verspürte er so etwas wie innere Unruhe.
    In diesen entscheidenden Sekunden wurde das Krankenzimmer zu einer Art Westentaschenuniversum, zur Weltbühne in Weiß: drei Akteure, drei Schicksale, und in den Kulissen stand lächelnd der Tod.
    „Du bist kein Polizist mehr. Du hast auf bestialische Weise Menschen getötet.“
    „Sie waren Bräute der Sünde, Mafro, siehst du das nicht?“, fragte Manet in seiner von den Schmerzmitteln verwaschenen Diktion. Dem Kommissar lief es eiskalt über den Rücken. Er widerstand mit Mühe dem Impuls zurückzuzucken.
    „Bräute der Sünde?“, schnauzte Mafro. „Du hast sie echt nicht mehr alle.“
    „Es gibt sieben Todsünden“, fuhr Manet undeutlich, dennoch in fast dozierendem Tonfall fort, „doch die Wollust überstrahlt in unserer moralisch verkommenen Zeiten alle anderen …“ Er brach kurz ab und setzte dann zusammenhanglos hinzu: „So sanft … sie hätte wirklich einen Orden verdient …“
    Drei Akteure.
    Drei Schicksale.
    „Kris“, versuchet Mafro es erneut. „Wo ist Zoë?“
    „Von mir erfährst du gar nichts.“ Dem bösartigen Zischen der verwundeten Bestie folgte ein erstickter Schmerzenslaut. Er hatte sich beim Reden etwas zu ruckartig aufgesetzt, und die Bewegung war wie ein Blitz durch seine Schulter gefahren.
    „Du kannst gehen, Mafro“, ächzte er gehässig. „Sie verreckt, und du kannst nichts machen. Ende der Durchsage.“
    „Wenn du mir jetzt hilfst, sie zu retten, hast du ein Argument vor Gericht“, versuchte Mafro ihn umzustimmen.
    Plötzlich legte die Wölfin ihm sanft eine Hand auf den Arm.
    „Mafro … lassen Sie mich doch bitte einen Augenblick mit Monsieur Manet allein.“
    Er fuhr herum und sah die Psychologin überrascht an. Doch sie wirkte völlig ruhig und nickte ihm kaum merklich zu. Achselzuckend erhob er sich von seinem Stahlrohrstuhl, ging auf den Korridor hinaus und schloss die Tür des Krankenzimmers hinter sich.
    Geza Wolf trat ans Bett des Facebook-Killers. Sie sah auf ihn hinab und war nicht sicher, ob er inzwischen weggedämmert war.
    „Monsieur Manet, hören Sie mich?“, fragte sie.
    Ein kaum sichtbares Flattern seiner Lider bestätigte dies.
    „Sie sind ein Mörder. Sie haben schwere Verbrechen begangen.“
    Manet öffnete die Augen und sah zu ihr auf.
    „Ich bin Gottes ultimativer Richtspruch“, artikulierte er leise, aber deutlich.
    „Wenn ich noch katholisch wäre, würde ich sagen, das ist Ketzerei“, versetzte sie. „So sage ich nur: Das ist vollkommener Schwachsinn.“
    „Nicht so voreilig“, lächelte Manet. „Ich habe Gottes Richtspruch vollstreckt, und zwar mehr als einmal, das lässt sich nicht leugnen, oder?“
    Geza sah ihn nur an. Hielt seinem sich eintrübenden Blick stand.
    „Wo haben Sie Zoë Ionesco versteckt?“, brach sie nach einer Weile das Schweigen.
    „Das möchten Sie wohl gern wissen, was?“ Manet grinste nach wie vor gehässig.
    Geza Wolf setzte sich auf den Stuhl, den sich Mafro ans Bett herangezogen hatte.
    „Ich will Ihnen eine Geschichte erzählen, Monsieur Manet. Die Geschichte von Karl Müller.“
    Die Wölfin sah zu ihm hinüber; sie hatte trotz der einsetzenden Wirkung des Kombipräparates aus Schlaf- und Schmerzmitteln seine ungeteilte Aufmerksamkeit.
    „Karl Müller lebte in meiner Heimatstadt Mannheim. Er war ein Dreckschwein wie Sie. Ein Serienvergewaltiger.“
    „Ich bin kein …“
    „Halten Sie den Mund und hören Sie mir zu. Bis zum Ende … Ich war mit den Fällen betraut, habe ein Profil dieses Mannes erstellt. Ich kam ihm zu nah. Da drang er in meine Wohnung ein, eines Nachts, als ich nicht damit rechnete. Als ich mich sicher fühlte.“
    Ein Kontrollblick. Manets Augen blitzten. Er hielt sich mühsam wach, unterbrach sie aber nicht noch einmal.
    „Er hat mich vergewaltigt. Er hat alles zerstört. Mich. Mein Leben. Meine Wohnung, die mir bis dahin ein sicherer Hafen war.“
    „Was … dann?“, krächzte Manet.
    „Die Kollegen haben ihn mit noch mehr Aufwand gejagt. Aber ich fand ihn zuerst. Ich habe ihn getötet. Abgeknallt wie das Tier, das er war.“ Gezas Stimme war völlig ausdruckslos.
    „Dann haben wir die Sache begraben. Genau wie ihn. Ich schied auf eigenen Wunsch aus dem Polizeidienst aus. Seither jage ich … Bestien wie Karl Müller. Wie Sie, Manet.“
    Bei ihrem letzten Satz war sie in einer ihrer typischen, fließenden Bewegungen aufgestanden. Die manikürten Fingernägel ihrer rechten Hand gruben sich mit aller Kraft in seine frisch
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