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Das Inselcamp

Das Inselcamp

Titel: Das Inselcamp
Autoren: Martina Steinkuehler
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    Rund ist der nicht!
    Die Räume rochen ein wenig muffig nach der langen Pause, Sommerferien, Herbstferien und dazwischen die Zeit, in der Diakon Jott nicht dagewesen war.
    Er habe eine geistliche Krise, hatte man sich erzählt. »Geistliche Krise«, hatten die Leute von Weihbach gemurrt. »Wetten, die kommt aus der Flasche?« Der dicke, langweilige Diakon Jott war nicht aus Weihbach. Man konnte nicht viel mit ihm anfangen.
    Die Stühle standen in einem halb zerstörten Kreis. Pitt nahm sich den erstbesten und schob ihn zum Fenster. Er setzte sich, streckte die Beine aufs Fensterbrett und legte die Hände entspannt in den Nacken. Andi suchte seine Nähe. Er verzichtete auf einen Stuhl und setzte sich direkt ins Fenster.
    Die Mädchen machten ihren eigenen Kreis, Britt und Johanna, die kleine Judith und Simone mit den roten Haaren. Jeder dachte, sie seien gefärbt, und Simone wünschte sich nichts sehnlicher, als dass das wahr gewesen wäre.
    Tamara, die Fremde, blieb für sich. »Soll sich an Jacques halten«, hatte Pitt mal zu Andi gesagt. »Der ist auch fremd.« Dann war da noch die Bande vom Mühlberg, Jakob, Matti, Philip, Tom – die verzogen sich in die letzte Ecke.
    »Ein Kreis ist das nicht«, sagte auf einmal eine langweilig gleichmäßige Stimme. Die zwölf ließen sich Zeit damit, nach dem Sprecher zu sehen. Der stand in der Tür, angelehnt, die Arme gekreuzt, und wartete auf ein Wunder – darauf, dass sie einen Kreis bildeten?
    »Kreis – hatten wir noch nicht«, murmelte Tom vom Berg unüberhörbar. Er tat, als besinne er sich auf die Mathestunden. »Kreis ist was für Babys«, ergänzte Jakob. Er hatte einen Bruder, der in den Kindergarten ging.
    »Krasses Styling«, bemerkte Pitt, der es geschafft hatte, sich der Tür zuzuwenden, ohne seine Beine vom Fensterbrett zu nehmen. Bloß die Arme waren nicht mehr ganz so entspannt. Die anderen elf prusteten los. Zwei Worte von Pitt – und jetzt erst begriffen sie, dass etwas geschehen war.
    Der da in der Tür stand und von einem Kindergartensitzkreis träumte, klang zwar wie der dicke, langweilige Diakon Jott. Aber er sah nicht so aus. Erst einmal: Er war nicht mehr dick. Blieb höchstens noch langweilig übrig. Aber wenn, dann hatte er es gut getarnt. Etwas Sackähnliches fiel ihm vom Hals und über die Schultern bis auf den Boden. Und da schauten seine Füße hervor – Füße, keine Schuhe. Nackt. Sein Haar, das kurz gewesen war, hing zipfelig bis zu den Schultern. »Wir haben ihn wirklich lange nicht gesehen«, sagte Johanna zu Britt. Britt verzog den Mund. »Lohnt auch nicht«, behauptete sie.

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    Karneval ist nicht
    Die anderen waren uncool genug, nachzufragen. »Was soll das?«, fuhr Matti vom Berg den Diakon an. »Wollen Sie zum Karneval?« »Mein Lieber«, sagte Diakon Jott. »Der Karneval endet mit dem Aschermittwoch. Danach beginnt die Zeit der Buße. Und die ist noch lange nicht vorbei.« Tamara, die Fremde, stand auf. »Da hat er recht«, sagte sie, sonst nichts, dann setzte sie sich wieder hin.
    Es krachte, als Pitts Stuhl kippte. Einen Augenblick lang saß er verdutzt am Boden wie ein kleiner Junge. Die elf wagten zögerlich zu lachen. Da blitzten Pitts Augen, und er kam rasch auf die Füße. »Tu endlich was gegen deine Haarfarbe, Simone«, schoss er in eine beliebige Richtung. »Grausam, wie die in den Augen beißt!«
    »Besser rote Haare als rot im Gesicht!«, fauchte die kleine Judith zurück. Und wieder lachten ein paar. Andi warf ihr einen erstaunten Blick zu. Cool war sie nicht, die Kleine, aber gut.
    »Haltet doch mal die Klappe!«, rief Johanna. Sie stand auf und ging auf den Diakon zu. »Sie wollten uns was erklären«, erinnerte sie ihn. Sie sah sich flüchtig nach Britt um. Dann hob sie die Hand und zupfte an Diakon Jotts Gewand. »Zum Beispiel«, sagte sie, »was das ist?«
    »Nein«, sagte Diakon Jott. »Warum sollte ich?« Auf einmal war es still. Pitt bückte sich und stellte seinen Stuhl wieder hin. Er drehte ihn aber diesmal zur Tür. Johanna schluckte, ließ die Hand sinken und schob sich rückwärts zu ihrem Platz zurück. »Und jetzt?«, flüsterte sie Britt zu. Britt hob die Schultern. »Wer hätte gedacht, dass er noch langweiliger werden könnte?«, bemerkte sie spitz.

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    Konfer ist nicht
    »Ich will euch nichts erklären«, sagte Diakon Jott mit seiner langweiligen Stimme. »Ich frag euch ja auch nicht, warum ihr Jeans tragt, die
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