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Das Inselcamp

Das Inselcamp

Titel: Das Inselcamp
Autoren: Martina Steinkuehler
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im Lesesaal und blätterte in den ersten Seiten des Griechisch-Lehrbuchs. »Griechische Buchstaben, sieh dir das an!« Andis Launewurde nicht besser. »Wenn schon«, meinte er. »Was soll’s? Selbst wenn du die Worte lesen kannst – kannst du sie übersetzen?« Judith war bereits am Buchstabieren. »Das wird vielleicht nicht nötig sein«, sagte sie abgelenkt.
    »Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert.« Pitt begrüßte Andi und Judith mit kriegerischen Worten, als sie von der Bibliothek nach Hause kamen. Er fluchtelte mit einem Regenschirm in der Landschaft herum und tat, als wolle er Judith aufspießen. Andi schob sich vor sie. »Wie hast du es rausbekommen?«, fragte Judith bloß.
    Die griechischen Buchstaben auf ihrem und Andis Streifen hatten den gleichen erschreckenden Satz ergeben. »Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert.« Pitt grinste breit und verwies auf seinen Computer.
    Sein Bruder war misstrauisch. »Gib’s zu«, sagte er. »Du hast dich mit Tamara zusammengetan!« Pitt trat dicht an ihn heran und musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Wie du dich mit Judith?«, fragte er leise.
    Am nächsten Dienstagnachmittag war die Tür vom Gemeindehaus schon offen, als die zwölf kamen. Der Küster streute Sand auf den vereisten Weg.
    »Das sind Morddrohungen!«, rief Tom, schon bevor er sich setzte. »Der will uns umbringen«, ergänzte Simone und ihr rotes Haar sprühte Funken. Die zwölf hatten eine weitere verschlüsselte Botschaft erhalten, genau wie die erste. Der Satz darauf klang nicht weniger kriegerisch. »Lasst die Toten ihre Toten begraben.«
    Einzig Britt und Tamara ließen sich von der Aufregung nicht anstecken. Britt saß auf dem Tisch mit den Gesangbüchern und Kerzen und wirkte genervt. »Ich lese mir das gar nicht durch«, behauptete sie. » Könntest du es denn lesen?«, fragte Pitt kritisch.
    Sie starrte ihn hasserfüllt an und schwieg. Da stand Matti auf. »Soll ich es dir erklären?«, fragte er eifrig. Er stellte sich an die Tafel und begann, die Buchstaben des griechischen Alphabets anzuschreiben.
    »Danke, Matti«, sagte Andi spöttisch. »So weit sind wir inzwischen alle.« Er übersah, dass das für Britt und Jacques offenbar nicht stimmte. Jacques schrieb hastig mit und Britt studierte verstohlen die fremden Zeichen, die, richtig gelesen, deutsche Wörter und Sätze ergaben. »Die Frage ist doch«, fuhr Andi fort: »Was soll das?«
    Pitt glitt vom Fensterbrett und ging quer durch den Raum. Vor Tamara baute er sich auf. »Spuck’s aus«, befahl er. Sie sah ihn nicht an. »Matthäus 10,34 und Lukas 9,60«, sagte sie. »Das sind Sprüche aus der Bibel«, erläuterte Johanna. »Von Jesus.«
    »Jesus«, wiederholte Andi und sah Judith an. »Das ist wohl der mit der Dattelpaste.«

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
    Weihnachten verboten
    In den letzten Tagen vor Weihnachten standen immer wieder Leute vor der Weihbacher Kirche und betrachteten kopfschüttelnd den Anschlag am Eingangsportal. »Bekanntmachung«, stand darauf. »Weihnachten ist nichts für Leute, die nichts ändern wollen. Vom Besuch des Heiligabendgottesdienstes zwischen Geschenke-Einkaufen und Geschenke-Auspacken wird dringend abgeraten. Bleiben Sie zu Hause. Ihre Gans brennt sonst an.« Und im Schaukasten hing der Satz: »Die zwölf Vorkonfirmanden sind im Heiligabendgottesdienst nicht willkommen. J.«
    »Kann er haben«, sagte Britt, als Johanna ihr davon erzählte. »Ich wäre sowieso nicht hingegangen«, erklärte Simone. Johanna kaute an den Nägeln. »Ich muss aber«, gestand sie. »Ihr wisst: Meine Mam.«
    »Wir sollten alle hingehen!«, erklärte Pitt bei der letzten Lagebesprechung vor Weihnachten. »Jetzt erst recht! Wir lassen uns doch nicht ausladen!« Britt sah ihn an und hasste ihn und sagte: »Das ist mir zu doof.«
    Die Eltern der zwölf hatten sich beim Kirchenvorstand beschwert. Sie wollten wissen, warum Diakon Jakobsen ausgerechnet den Heiligabendgottesdienst halten durfte. Ob sich denn keiner der Pfarrer bereitfände, an so einem wichtigen Tag …?
    Die Vorsitzende hatte lächelnd erklärt, Heiligabendgottesdienste seien eine einfache Sache. Da könne man nicht viel falsch machen, selbst wenn man nur Diakon sei und möglicherweise eine geistliche Krise habe.
    »Wenn wir hingehen«, sagte Tom, »dann müssen wir ein Zeichen setzen.« Matti lachte. »Willst du mit Knallfröschen werfen?«, fragte er. Pitt grübelte. »Ja«, sagte er schließlich, »so was in
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