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Der Ewige Widersacher

Der Ewige Widersacher

Titel: Der Ewige Widersacher
Autoren: Vampira VA
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Balthasar und Kaspar mit ihm. Die Handbeutel mit sich nehmend, in denen sie ihre persönli-chen Dinge bei sich trugen, folgten sie den beiden Soldaten, begleitet von den Blicken der Versammelten. Angst spürten sie in manchen davon, Neugierde in anderen. So recht wußte offensichtlich keiner unter ihnen, weshalb sie auf den Straßen Jerusalems angehalten worden waren und ihre Reise auf Geheiß des Königs zu unterbrechen hatten.
    Die drei persischen Astrologen - die in Regionen, wo man weniger Kenntnisse über die Gestirne hatte, auch als Magier und Zauberkundige angesehen wurden - wurden aus dem Saal geführt und weiter durch Gänge und über Treppen, bis sie den Teil des Palastes erreichten, in dem zweifelsohne der König residierte. Der Schmuck an den Wänden war prunkvoller als dort, wo sie hergekommen waren, die Räumlichkeiten von mehr Licht durchflutet und größer.
    Der Thronsaal schließlich übertraf die bis dahin gesammelten Eindrücke noch. Gold und edles Gestein hatten in seiner Ausstaffierung reichlich Verwendung gefunden. Kunstvoll gefertigte Wandteppiche wirkten wie Fenster, durch die man auf Schlachtfelder hinauszusehen meinte.
    Dennoch stach aus all dem Prunk der Thron des Königs noch hervor. Die besten Handwerker des Landes mußten ihn hergestellt haben. Tanzendes Kerzenlicht ließ ihn funkeln wie etwas Lebendes, und seine Lehne reichte fast bis zur hohen Decke des Saales hinauf.
    Der Mann darin wirkte indes weit weniger beeindruckend. Schmal von Gestalt war er, fast verloren sah er aus in dem riesenhaften Thron, und die kostbaren Gewänder mochte er vor Jahren einmal zur Gänze ausgefüllt haben; heute aber hingen sie lose um ihn. Die Jahre hatten an Herodes gefressen, und sein glanzloser Blick verriet, daß sein Geist nicht minder müde war denn sein Körper. Seine energischen Züge aber hatte das Alter noch vertieft; schattengefüllte Furchen zogen sich von den Nasenflügeln über die Mundwinkel bis zum Kinn hinab, feinere Falten umkränzten seine Augen, weitere zogen sich in parallelen Linien über seine Stirn.
    Er ließ die drei Männer bis auf halben Wege an seinen Thron her-anführen, dann bedeutete er ihnen mit einer herrischen Geste, stehenzubleiben, und zugleich war dies das Zeichen für seine Soldaten, sich bis zur Tür zurückzuziehen.
    Der alte Melchior senkte ehrerbietig das Haupt. Auf die Knie fiel er nicht vor einem König, der nicht der seine war. Kaspar folgte seinem Beispiel, während Balthasar sich nur ein vages Nicken abrang. Sein finsterer Blick machte nur allzu deutlich, was er von dieser merkwürdigen Audienz hielt, und Melchior sah ihn warnend an. Sag nur ja nichts Falsches - sag am besten gar nichts! hieß das.
    Balthasar verzog mißmutig die Lippen, schwieg aber.
    Herodes selbst ergriff das Wort zuerst, wie es ihm zustand. »Ihr kommt aus dem Morgenland, sagte man mir. Ist dem so?«
    Melchior übernahm als Ältester die Antwort. »So ist es, Herr.«
    »Wohin führt euch euer Weg?« wollte Herodes wissen.
    Melchior lächelte freundlich. »Wir wissen es noch nicht, Herr. Ein Stern weist uns die Richtung, und erst wenn wir unter ihm stehen, werden wir unser Ziel kennen.«
    »Ihr folgt einem Stern?« Unglaube lag im Ton des Herodes, und noch etwas anderes - keimendes Mißtrauen, gepaart mit beinahe kindlicher Neugierde.
    »Nun«, erwiderte Melchior, »ob es wirklich ein Stern ist, dessen sind wir uns nicht ganz gewiß. Ein Licht am Himmel ist es jedenfalls, und um seine Natur zu erkunden, wollen wir ihm so nahe als nur möglich kommen. - Dazu müßt ihr wissen, daß wir in unserer Heimat einer Kaste angehören, die sich der Sternenkunde verschrieben hat.«
    »So seid ihr also Magier.« Herodes fragte nicht, er stellte fest.
    Melchior schwieg mit feinem Lächeln.
    »Erzählt mir mehr über diesen ... Stern«, verlangte der König. »Was hat es auf sich mit diesem Licht am Himmel?«
    »Nun, es erschien eines Nachts, als wir die Gestirne beobachteten. Heller strahlend als alle anderen, größer und - anders. Fast schien es, als sei der Himmel an dieser Stelle aufgerissen, um gleißendes Licht hindurchzulassen.« Melchiors Blick wirkte entrückt, als sehe er nicht länger den Thronsaal des Herodes, sondern durch Wände und trotz des Tageslichts wieder jenes Leuchten, dem sie von Persien her nach Jerusalem gefolgt waren und das sie noch immer nicht erreicht hatten. Wohl aber waren sie ihm schon nähergekommen, und längst trugen sie es in ihren Herzen, denn es war nicht kalt wie
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