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Schwaben-Liebe

Schwaben-Liebe

Titel: Schwaben-Liebe
Autoren: Klaus Wanninger
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1. Kapitel
    September
    Tobias Hessler fühlte sich überwacht und verfolgt, hatte Angst, einfach Angst. Seit Wochen glaubte er, dass sie hinter ihm her waren, neue, immer wieder frische, unbekannte Gesichter, und je länger er darüber nachdachte und darauf achtete, ob sie begründet wäre, diese Angst, oder nur auf einem Wahn beruhte, desto mehr fühlte er sich bestätigt.
    Hessler blieb stehen, mitten vor dem zentralen Eingang der Limes-Thermen, und schaute sich um. Das junge Paar hinter ihm starrte ihn überrascht an, den Mann mit dem auffallend bunten Hemd unter der hellen Leinenjacke, die seine breite Schulter bedeckte. Wie ein Spanner stand er da, die kleine Kamera in der Rechten, begaffte die beiden mit angespannter Miene von Kopf bis Fuß, die Gesichter, die Augen, ihre Kleidung, starrte ihnen sogar noch nach, als sie im Bogen um ihn herumliefen, um ihm aus dem Weg zu gehen.
    Die Dämmerung war gerade angebrochen an diesem Septemberabend, tauchte Aalen und seine Ausläufer in ein mildes Licht. Fast unwirklich wie die gerade gelandeten Raumschiffe von einem fremden Planeten erhoben sich die Glaspaläste der Thermen in leuchtendem Gelb-Grün aus ihrer Umgebung hoch über der Stadt, überragt vom bewaldeten Anstieg der Schwäbischen Alb. Hessler spürte den Schweiß unter seinen Achseln, die Tropfen perlten ihm über den Rücken, sein Unterhemd wurde zunehmend klamm und feucht. Er verfolgte das seltsame Paar, das im Bogen um ihn herumstolperte, mit seinem Blick, überlegte, ob er die Gesichter kannte oder ob er sie zu Unrecht verdächtigte.
    Wenige Meter hinter ihm, am Ende der schmalen Lindenallee, standen zwei junge Männer, um die fünfundzwanzig etwa – groß, blond, sportlich der eine, muskulös, dunkel, eher klein geraten der andere. Sie beachteten ihn nicht, gafften zu einer Gruppe kichernder Mädchen, warfen ihnen provozierende Bemerkungen zu, die mit lautem Gelächter kommentiert wurden. Auffällig unauffällig liefen sie an ihm vorbei, zeigten ihm auch nicht für den Augenblick einer Sekunde ihre Gesichter. Er starrte ihnen nach, beobachtete sie, bis sie auf den oberen Teil des Parkplatzes abbogen.
    Den alten Schäferhund, der in seinem Rücken hinter seiner Herrin her langsam auf ihn zutrottete, bemerkte er erst, als er dessen schnuppernde Nase an seiner Hose spürte. Er schrak zusammen, tastete impulsiv nach seiner Jackentasche, spürte das kalte Metall. So absurd es auch war, die bloße Anwesenheit der Waffe wirkte augenblicklich beruhigend. Hessler atmete tief durch, scheuchte das Tier von sich weg, lief ein paar Schritte, versuchte zu entspannen. Vielleicht war überhaupt nichts dran an seiner Angst, vielleicht litt er doch unter einer Phobie, wie Fred es ihm vor ein paar Minuten bei seinem Anruf wieder einmal klarzumachen versucht hatte.
    »Einbildung, nichts als Einbildung«, hatte er ihm erklärt. »Du steigerst dich da in was rein, nimmst das viel zu ernst. Das war im Affekt, als die sich zu diesen Drohungen hinreißen ließen, die haben sich doch längst beruhigt.«
    »Beruhigt?«, hatte er gefragt. »Drei Anrufe allein in der letzten Woche nennst du beruhigt?«
    »Das ist doch überhaupt nichts mehr im Vergleich zu dem früheren Terror.«
    »Und die anderen Andeutungen? Du weißt genau, was ich meine. Ich bin dafür, dass wir es abblasen. Die Sache ist zu gefährlich. Ich traue denen alles zu.«
    Fred war für einen Moment verstummt, hatte erst kurz danach wieder zur Sprache gefunden. »Du schaust zu viele Filme, beschäftigst deine Fantasie mit den absurden Ideen irgendwelcher Regisseure oder Schauspieler, die es nicht wert sind, dass man sie beachtet.«
    »Ich schaue fast gar keine Filme«, hatte er erwidert. »Weder im Kino noch im Fernsehen.«
    »Du liest zu viele Krimis und Schundromane.«
    »Ich lese überhaupt keine Bücher.«
    »Dann reiß dich zusammen. Ganz einfach.«
    »Das tue ich. Aber die Gefahr ist da. Sie beobachten mich.«
    »Ach, Quatsch. Wer denn?«
    »Du weißt genau, von wem ich spreche.«
    »Ich weiß nichts, null.«
    »Du hast sie noch nicht gesehen?«
    »
Sie
gibt es nicht. Wir machen das. Noch ein, zwei Tage, dann bin ich soweit, endgültig. Basta!«
    Hessler hatte verstanden. »Klar, dir geht es nur ums Geld. Du glaubst, wenn wir die Sache vollends durchziehen, können wir damit den großen Reibach machen. Die werden sich alle darauf stürzen und uns das Material aus der Hand reißen. Aber so weit wird es nicht kommen. Bis dorthin werden wir nicht mehr leben. Die
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