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Schwaben-Liebe

Schwaben-Liebe

Titel: Schwaben-Liebe
Autoren: Klaus Wanninger
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davon.
    Hessler wusste nicht, was das zu bedeuten hatte. Zuerst die beiden Männer in der Limousine, dann das verliebt miteinander schäkernde Paar. Alle hatten, sobald sie die Kamera erblickten, nur noch ein Ziel: möglichst schnell abzutauchen. Er hielt den Camcorder ins Dämmerlicht der Bäume, dorthin, wo die Frau verschwunden war, hörte plötzlich einen Motor aufheulen. Das Auto jagte mit irrsinniger Geschwindigkeit über den unteren Parkplatz, preschte um die Kurve, raste direkt auf ihn zu. Hessler riss die Kamera von seinem Gesicht, versuchte, zur Seite zu springen, spürte impulsiv, dass ihm keine Chance mehr blieb. Der Wagen erwischte ihn mit seiner linken Frontpartie, katapultierte ihn mehrere Meter durch die Luft, bremste unmittelbar vor dem wie ein Sandsack auf den Asphalt schlagenden Körper ab. Dann heulte der Motor erneut auf.

2. Kapitel
    Acht Monate zuvor
    Daran, wie alles angefangen hatte, konnte sie sich im Nachhinein nicht mehr erinnern.
    Tanja Geible war nach Stuttgart gekommen, um die Wohnung ihrer verstorbenen Schwester endgültig aufzulösen, hatte den ganzen Tag damit verbracht, die dazu notwendigen Botengänge zu erledigen und die letzten Utensilien auszuräumen. Am späten Abend, kurz vor 20 Uhr, hatte sie endlich die Schlüssel an den Vermieter übergeben. Aufgewühlt von einer Unmenge längst verschüttet geglaubter Erinnerungen war sie ins vorher gebuchte Hotel gefahren, hatte ihren Mann fernmündlich über ihren Tagesablauf informiert.
    »Ich weiß nur nicht, ob ich heute überhaupt in den Schlaf finde. Die Wohnung aufzugeben … Jetzt ist wirklich alles vorbei. Du glaubst nicht, was mir alles durch den Kopf gegangen ist.«
    »Dann schließ dich noch nicht in deinem Zimmer ein«, hatte er ihr empfohlen, »gönn dir noch eine oder zwei Stunden an der Bar. Geh noch etwas unter Menschen, du brauchst das. Die haben doch ein Lokal in dem Hotel, oder?«
    So hatte sie sich dann, vielleicht eine halbe, vielleicht auch eine ganze Stunde später dazu aufgerafft, frisch geduscht und eingekleidet ins Erdgeschoss des Hotels zu fahren. Ihr eigener Mann hatte ihr dazu geraten!
    Tanja Geible war am Empfang vorstellig geworden, hatte sich von dem freundlichen Portier die hoteleigene Bar empfehlen lassen. Die Wohnung ihrer Schwester war geräumt, die Schlüssel übergeben, alle Botengänge erledigt, warum den Tag nicht noch freundlich ausklingen lassen?
    Sie ließ sich einen Cocktail servieren,
Stuttgart Surprise
, eine Spezialität des Hauses, wie der Barkeeper betonte. Sie genoss das fruchtige Aroma in großen Schlucken. Die hochprozentige Flüssigkeit breitete sich wohlig im ganzen Körper aus. Von Glücksgefühlen angespornt bestellte sie ein zweites Glas, spürte Schluck um Schluck, wie die Anspannung endgültig verflog. Minute um Minute fühlte sie sich gelöster.
    Wie der bildhübsche, junge Beau unmittelbar an ihre Seite gelangt war, konnte sie später nicht mehr sagen. Dass der Kerl verdammt gut aussehend und viel zu jung war, dagegen schon. Diese Erkenntnis war wohl der letzte vernünftige Gedankengang, zu dem sie an diesem bereits sehr weit fortgeschrittenen Abend noch imstande war. Sonst hätten sie wahrscheinlich schon seine ersten Sätze misstrauisch werden lassen.
    »Der Tag scheint sich doch noch zum Guten zu wenden. So eine hübsche Frau in meiner Nähe. Wie habe ich das verdient?«
    Sie hatte schon eine harsche Replik auf diese plumpe Anmache auf den Lippen, ließ sich aber von den unmittelbar folgenden Worten des Charmeurs besänftigen.
    »Dem Strahlen Ihrer wunderschönen Augen nach hatten Sie einen sehr guten Tag heute. Das Glück war Ihnen hold. Interpretiere ich das richtig?«
    »Warum fragen Sie noch, wenn Sie es angeblich wissen?«
    »Weil ich gerne an Ihrem Glück teilhaben würde.«
    »An meinem Glück?« Sie schüttelte den Kopf. »Mein Gott, ich bin doch viel zu alt für Sie.« Zu alt und verheiratet, schoss es ihr durch den Kopf, glücklich verheiratet, dazu noch viel zu dick. Der Speckgürtel über der Taille, die Fettschicht an den Oberschenkeln … Jeder Blick in den Spiegel offenbarte unbarmherzig die sportlichen Versäumnisse der letzten Zeit.
    »Alt?«, säuselte der Beau. »Den Begriff dürfen Sie nicht in den Mund nehmen. Was wollen Sie mit diesem Fremdwort? Es passt nicht zu Ihnen.«
    Sie bemerkte seinen verträumten Blick, spürte ihre Verlegenheit. Was wollte der Kerl von ihr, warum ließ er sich nicht von einem der aufgemotzten, jungen Dinger abschleppen, die
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