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Schwaben-Liebe

Schwaben-Liebe

Titel: Schwaben-Liebe
Autoren: Klaus Wanninger
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von einem der Tische mit unverhohlener Lüsternheit zu ihm herstarrten? Der konnte doch jede haben, so wie der aussah und auftrat. Jede, weshalb ausgerechnet sie? Lange, dunkle Locken bis weit über die Ohren, samtig gebräunte Haut, ein schmales, von einem energischen Kinn geprägtes Gesicht, tiefblaue, direkt der Farbe des klaren Winterhimmels entlehnte Augen …
    »Manuel. Meine Freunde nennen mich Manu.«
    »Manu.« In dem Moment schon hatte sie sich nicht mehr im Griff. Sie wiederholte seinen Namen, ließ ihn über ihre Lippen gleiten, als ob …
    »Gönnen wir uns noch einen?« Seine Augen wiesen auf ihr fast leeres Glas.
    Die Warnsignale in ihrem Gehirn liefen längst auf Sparflamme. Letzte, vergebliche Versuche, der drohenden Gefahr aus dem Weg zu gehen. »Warum nicht?« War es der Alkohol?
    »Dann muss es aber ein ganz besonderer Drink sein. Zur Feier des Tages«, setzte er hinzu.
    »Zur Feier des Tages?«
    »Ich allein mit einer so schönen Frau.«
    In einer letzten Aufwallung, den Verstand nicht komplett außen vor zu lassen, wandte sie den Kopf zur Seite, suchte nach der schönen Frau, von der er sprach. Kein weibliches Wesen war in der Nähe, mit Ausnahme der drei aufgemotzten Tussen an dem Tisch auf der anderen Seite. Meinte der wirklich sie?
    »Ich weiß nicht einmal deinen Namen.«
    »Tanja«, antwortete sie ohne jede Überlegung.
    »Tanja. Wunderschön. Der passt sehr gut zu dir«, flötete er.
    Wie konnte es sein, dass dieser junge, umwerfende Kerl sie so unverhohlen anbaggerte, ausgerechnet sie? Stand der auf ältere Frauen?
    »Was trinken wir, Tanja?«
    Sie wusste keine Antwort, stimmte seinem zögernd, aber doch mit Überzeugung vorgebrachten Vorschlag zu.
    »
Hot Kisses
. Wie wäre es damit?«
    »
Hot Kisses
. Warum nicht?« Sie überließ es ihm, den Barkeeper zu rufen, der gerade am anderen Ende des Tresens beschäftigt war. Der schwarz gekleidete Mann nahm die Bestellung entgegen, holte zwei frische Cocktailgläser aus dem Regal an der Rückwand, machte sich sofort ans Werk.
    »Verrätst du mir, warum deine Augen so strahlen?«, fragte der Beau. »Hat es mit mir zu tun?« Er sah ihr tief in die Augen.
    Im gleichen Moment spürte sie seine Hand auf ihrem Knie. »Mit dir? Aber na klar«, girrte sie. Die Hormone hatten endgültig die Oberhand gewonnen, den letzten Einfluss ihres Verstandes ausgeschaltet.
    »Die schönsten Augen der ganzen Stadt«, charmierte er.
    Der Barkeeper schob die beiden Gläser über den Tresen, lächelte ihr verschwörerisch zu. »
Hot Kisses
«, meinte er, »genau das Richtige. Genießen Sie ihn wie den ganzen Abend.«
    Sie nahm das Glas in die Hand, prostete dem jungen Mann zu, nippte, trank einen weiteren Schluck, dann noch einen. Das Zeug schmeckte verteufelt scharf, ließ sie für einen Moment nach Luft schnappen. Mein Gott, was hatte sie da bestellt? Wie flüssiges Chili schoss ihr der Mix in den Leib.
    »Und?«, hauchte der Beau. »Eigens für uns beide geschaffen, findest du nicht?«
    »Für uns beide?«, lallte sie mit schwerer Zunge.
    »Für uns beide«, wiederholte er. Seine Hand machte sich wieder an ihrem Knie zu schaffen, rutschte höher und höher.
    »Uns beide?« Sie begriff es immer noch nicht, konnte nicht im Geringsten erfassen, weshalb
ihr
das Glück zufiel, mit diesem sanften Jungen … ausgerechnet sie? Dieser junge, dunkle Schönling und sie …
    Mein Gott, ich könnte seine Mutter sein, jedenfalls fast, sagte sie sich.
    Der Gedanke blieb in ihrem Unterbewusstsein stecken, schaffte es nicht an die Oberfläche. Ganz im Gegensatz zu den Sehnsüchten, Hoffnungen und Begierden, die seine zarten Hände in ihr auslösten. Zuerst nur wie winzige Sprossen gerade in den Boden gesäter Keimlinge, dann als immer kräftiger in die Höhe schießende, in ihrem Lauf kaum mehr aufzuhaltende Triebe …
    Die sanften Melodien des Pianisten hinter ihnen gaben ihr den Rest.
Strangers in the night

    Sie fühlte sich emporgehoben und durch die Luft getragen, entschwebte mit einer Leichtigkeit, die sie noch nie erlebt hatte, den Mühen des Alltags, vergaß alles, was ihr in den vergangenen Stunden das Licht der Sonne verdunkelt hatte.
    »Das Leben kann schön sein. Wunderschön mit dir.« Er hatte seinen Mund unmittelbar an ihrem Ohr, hauchte ihr die Worte wie himmlische Verheißungen in ihre Träume.
    Sie spürte seine Hand zärtlich über ihren Rücken gleiten, musste an sich halten, nicht laut aufzustöhnen. Lange, viel zu lange war es her, dass sie sich diesen
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