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Schwaben-Liebe

Schwaben-Liebe

Titel: Schwaben-Liebe
Autoren: Klaus Wanninger
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Story zauberten. Unter solchen Umständen arbeiten zu müssen, war der reine Horror.
    Der Anruf hatte Braig mitten im Trubel einer jener fast schon legendären Partys erreicht, die Isis Bopfinger alle paar Monate veranstaltete. Waren der Einladung der reichen Direktorengattin anfangs nur die betuchteren Teile der unmittelbaren Umgebung gefolgt, so hatten sich ihre Festivitäten immer mehr zu Treffpunkten all derer entwickelt, die in der Region von Rang und Namen zu sein glaubten. Zu Isis Bopfingers Partys eingeladen zu werden, galt in bestimmten Kreisen inzwischen als besondere Auszeichnung. In
bestimmten
Kreisen, wie Braig wusste.
Sehen und gesehen werden
als wichtigstes Ziel nicht nur des jeweiligen Abends, sondern des ganzen Lebens.
    Mit Händen und Füßen hatten er und seine Partnerin sich deshalb dagegen gewehrt, den Abend im Kreis dieser Auserwählten verbringen zu müssen – allein, sein Vermieter war hart geblieben.
    »Ann-Katrin, Steffen, liebe Freunde, Sie wollen mir das doch nicht antun, mich allein in dieses Haifischbecken zu lassen?«, hatte Dr. Genkinger ihnen Tage zuvor schon zugesetzt. »Wie soll ich die Zeit dort verbringen, mit welchem von all diesen aufgeblasenen Hohlköpfen auch nur ein normales Wort wechseln, wenn Sie mich nicht begleiten?«
    Braigs Vorschlag, zu Hause zu bleiben und die Einladung einfach nicht zu beachten, war von seinem Vermieter entrüstet zurückgewiesen worden.
    »Jetzt tun Sie doch nicht so, als wüssten Sie nicht über meine finanzielle Situation Bescheid: Irgendwoher muss das Geld kommen. Und da gilt leider immer noch die alte Regel: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing!«
    In der Tat hatte Braig längst begriffen, welche außerordentlich wichtige Rolle Isis Bopfinger für die Finanzierung der große Summen verschlingenden Praxis des Tierarztes spielte: Sie schätzte die medizinischen wie mentalen Künste des Veterinärs über alle Maßen, suchte ihn, um das Wohlergehen ihres Vierbeiners Caruso besorgt, alle paar Wochen auf, um sich zu immer neuen ebenso teuren wie nutzlosen Therapien und Placebo-Gaben für ihren Prinzen anregen zu lassen. Freundlichst behandelt und seelisch gestärkt kehrte sie dann in ihren Palast zurück, nicht ohne in den folgenden Stunden und Tagen unzähligen anderen sich vernachlässigt fühlenden Direktoren- und Präsidentengattinnen der Region in wahren Lobeshymnen von der außergewöhnlichen Heilkunst Dr. Genkingers zu berichten.
    Die Flut großkalibriger Karossen vor dem Anwesen der Tierarztpraxis schwoll an den Tagen der zweiten Wochenhälften jedenfalls immer weiter an, frisch gestylte Damen mitsamt ihren vierbeinigen Kreaturen und megakalibrigen Kreditkarten ausspuckend. Dass die mehr als reichlich fließenden Erträge nicht in der privaten Schatulle Dr. Genkingers versackten, war seinen Mietern längst klar geworden. Montags und dienstags nämlich stand die Arbeit des Arztes nur denen zur Verfügung, die ihren Vierbeinern sonst keine Hilfe zukommen lassen konnten. Der Veterinär behandelte die Tiere der Bedürftigen nicht nur unentgeltlich, er versorgte seine Kunden auch noch mit Taschen voller Futter, das er palettenweise mehrfach im Monat ins Haus kommen ließ. »Ein moderner Robin Hood«, hatte Ann-Katrin ihre Wertschätzung eines Tages zum Ausdruck gebracht.
    Dass er es sich nicht leisten konnte, Isis Bopfingers Einladung auszuschlagen, war daher leicht nachvollziehbar.
    »Immerhin handelt es sich um eine Charity-Party«, hatte er Braig augenzwinkernd das auf wertvollem Pergament ausgeführte Schreiben überreicht.
    »Charity?«
    »Na ja, offiziell soll irgendwelchen armen Waisenkindern in der Ukraine geholfen werden. Um allen zu zeigen, was das doch für gute Menschen sind, die diese Peanuts spendieren.«
    »Und inoffiziell?«
    »In Wirklichkeit dient der Abend der Vorstellung des neuen Kandidaten der Partei. Der darf sich im Licht der wunderbaren Wohltäter sonnen.«
    »Oh nein, muss das sein?«
    »Jetzt lassen Sie sich doch mal überraschen!«
    »Und weshalb muss das an einem Abend mitten in der Woche stattfinden und nicht an einem Freitag oder Samstag?«
    »Um zu demonstrieren, dass es nicht ums pure Vergnügen, sondern um die Wohltätigkeit geht.«
    Wie es auf dem Einladungsschreiben angeregt wurde, hatten sie bis auf einen leckeren Snack für Caruso auf ein Gastgeschenk verzichtet.
Wir bitten stattdessen um eine großzügige Gabe für das Waisenhausprojekt Herrn Bittlers
.
    Isis Bopfinger hatte sie persönlich begrüßt,
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