Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der erste Marsianer

Der erste Marsianer

Titel: Der erste Marsianer
Autoren: A. E. van Vogt
Vom Netzwerk:
Erde als ein Abendstern. Es blieb uns noch ungefähr eine Stunde Tageslicht, aber weil wir noch über hundertfünfzig Kilometer vom Ziel entfernt waren, hatte die Tatsache nichts Tröstliches für mich. Die Strecke führte durch hügeliges Land, und die zahlreichen Kurven machten schnelles Fahren unmöglich. Dieser Umstand erleichterte unser Vorhaben. Trotzdem behinderte uns der Fahrtwind, und auf den rüttelnden und stoßenden Waggons mußten wir uns auf allen Vieren vorarbeiten. Als wir das Dach des Tenders erreichten, der das Kühlwasser für den Reaktor und den Wasservorrat für die Dampfmaschine enthielt, mußte José sich setzen und seine Arme um seinen Oberkörper schlagen, weil seine Hände in der Kälte erstarrt waren.
    Aus dieser nahen Distanz konnte ich sehen, daß Frank uns durch die Rückfenster beobachtete. Das Gewehr lag neben ihm auf dem Fenstersims, aber er machte keine Anstalten, es aufzunehmen und uns zu bedrohen. Anscheinend wollte er abwarten, was wir unternehmen würden.
    Ich wußte es selbst nicht genau. Irgendwie mußten wir die Türen zum Führerstand aufkriegen und hineinkommen, ohne niedergeschossen zu werden.
    Wir kletterten auf das Dach des Führerstands und legten uns flach darauf, José auf einer Seite, ich auf der anderen. Gleichzeitig schwangen wir unsere Äxte abwärts gegen die Türen. Obschon stabil gebaut und mit bruchsicherem Glas ausgerüstet, konnten sie solchen Schlägen nicht widerstehen. Auf meiner Seite zerbrach das Glas schon beim ersten Hieb, und ein beträchtliches Stück von der Scheibe fiel hinein.
    Soviel war leicht. Nun aber hatten wir das heikle Problem, hinunterzuklettern und durch die eingeschlagenen Scheiben ins Innere zu reichen und die Verriegelung zu lösen.
    Ich ließ mich vorsichtig über die Dachkante hinab und stieg die Eisenleiter neben der Tür abwärts. Josés Kopf verschwand gerade auf der gegenüberliegenden Seite. Auch das war noch nicht so schlimm, denn wir bewegten uns im Schutz der Metallwände des Führerstands. Um auf uns zu schießen, würde Frank sein Gewehr durch die eingeschlagenen Scheiben auf beiden Seiten stecken müssen. Aber das würde er nicht tun. Er würde in der Mitte des Führerstands sitzenbleiben und auf die erste Hand feuern, die hineinlangte. Schließlich arbeitete die Zeit für ihn.
    Der lange Zug rollte in zunehmendem Zwielicht dahin. Die Lokomotive stampfte und keuchte durch eine lange ansteigende Kurve zwischen zwei steilen Hügelkuppen und neigte sich dabei ein wenig auf die Innenseite. Ich bereitete mich auf den ersten, gefährlichen Griff vor, als im Innern des Führerstands ein Schuß krachte. Es konnte nur eins bedeuten: José hatte zuerst hinein gelangt.
    Sofort steckte ich meine Hand durch das zersplitterte Glas. Und meine Hoffnung war, daß Franks Gewehr noch immer in die andere Richtung zielte.
    Die Vertrautheit mit dem Mechanismus half. Ich kannte den Türverschluß und öffnete ihn mit einem schnellen Druck meiner Finger. Und riß meine Hand zurück.
    Ein Loch erschien im Stahlblech der Tür, direkt neben dem Griff, wo vor einer Sekunde meine Hand gewesen war. Und ein zweiter Schuß krachte.
    Hastig gab ich der Tür von außen einen kräftigen Stoß. Sie rollte zurück und knallte in die Arretierung. Und dann erschien Frank in der Öffnung und brachte sein Gewehr gegen mich in Anschlag.
    Ich drückte mich an die Metallwand, sah aber die Vergeblichkeit ein und schlug mit der Axt nach ihm. Er wich ein wenig zurück, und mein Schlag fiel zu kurz. Ich konnte sein Gesicht durch den transparenten Teil des kugelförmigen Helms sehen: den Mund verzerrt, in den Augen ein böses Glitzern. Als er meinem Axthieb auswich, hatte er den Gewehrlauf sinken lassen; jetzt legte er wieder auf mich an.
    Er stand innerhalb des Eingangs an der Wand und außerhalb meiner Reichweite. Ich versuchte die Gewehrmündung mit einem Axthieb aus der Richtung zu schlagen, erreichte sie jedoch nicht. Als sein Finger sich um den Drücker krümmte, warf ich in meiner Verzweiflung die Axt nach ihm. Ich mußte mit der linken Hand werfen, und es war kein guter Wurf. Er wich aus, und der Axtstiel streifte seine Schulter.
    Zum drittenmal suchte die Gewehrmündung ihr Ziel; diesmal richtete sie sich auf meinen Helm. Ich hatte den in meiner prekären Lage absurden Gedanken, daß Frank und ich nur unsere Schwäche unter Beweis stellten. Die Ankunft des Bolivianers auf dem Mars, unser Streit und diese ganze, tödlich zugespitzte Situation waren nur möglich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher