Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der erfolgreiche Abstieg Europas

Der erfolgreiche Abstieg Europas

Titel: Der erfolgreiche Abstieg Europas
Autoren: Eberhard Sandschneider
Vom Netzwerk:
Politik beiträgt.
    Führung ist ein Wort, das man in Deutschland aus verständlichen historischen Gründen nicht gerne in den Mund nimmt. In
den Vereinigten Staaten ist das ganz anders. Führung zu zeigen ist dort gleichbedeutend mit der Fähigkeit, überhaupt Politik zu machen und Interessen
durchzusetzen. Also sollte man auch hierzulande einsehen – und aussprechen, dass Deutschland bereit ist, Führungsverantwortung zu übernehmen. Das gilt
mit Sicherheit für die Europäische Union, in der Deutschland schon aufgrund seiner Lage, Größe und wirtschaftlichen Leistungskraft eine solche Rolle
praktisch automatisch zufällt.
Die Thesen im Überblick:
    Alle Auguren, die den bevorstehenden Untergang des Westens prognostiziert haben, lagen falsch. Auch heute sind solche Prophezeiungen vorschnell und fragwürdig.
    Umdenken und neu denken ist angesagt, wenn Europa und der Westen insgesamt konstruktiv und Erfolg versprechend auf die machtpolitischen Umbrüche in der Weltpolitik des frühen 21. Jahrhunderts reagieren wollen.
    Arroganz steht der Europäischen Union nicht gut zu Gesicht – Selbstbewusstsein schon.
    Angst ist ein schlechter Ratgeber. Die Europäische Union hat keinen Grund, dem Aufstieg der anderen mit Angst zu begegnen. Die Welt ist kein Nullsummenspiel und die Vorteile wirtschaftlicher Zusammenarbeit gleichen die Nachteile des relativen Abstiegs völlig aus.
    Belehrungen durch die Europäer sind fehl am Platz. Sie werden von Ländern mit einer eigenen Erfolgsgeschichte ohnehin nicht mehr akzeptiert. Das Wissen um eigene Erfahrungen und eigene Leistungen reicht aus und muss durch die Bereitschaft, von anderen zu lernen, ergänzt werden.
    Neue Wege der Kooperation zu suchen und Geopolitik als Prozess zu begreifen, sind wichtige strategische Elemente auf dem Weg eines erfolgreichen Abstiegs.
    Und das alles heißt: Abstiege sind nicht automatisch gleichbedeutend mit Niederlage, Verlust oder ähnlich negativen Aspekten. Gelungene Abstiege schaffen Stabilität und sichern Frieden und Zusammenarbeit. Die wesentliche Voraussetzung dafür besteht in der Bereitschaft, heute Platz zu machen, um morgen zu gewinnen.
     

9 AUSBLICK EINES OPTIMISTEN
    Meine Urgroßmutter war eine einfache Frau. Eine wirkliche Schulbildung hatte sie kaum. Sie war zeit ihres Lebens Bäuerin und Hausfrau. Ihr Heimatdorf hat sie eigentlich nie verlassen. Höchstens der 20 Kilometer lange Fußmarsch zum nächsten Markt half ihr, ihren Horizont zu erweitern. Trotzdem sorgte sie sich um die Zukunft. Und von meiner Mutter weiß ich, dass sie einmal mit bangem Blick zum Himmel feststellte, dass die Welt wohl untergehen würde, »wenn am Himmel Wagen ohne Deichsel fahren«. Heute sitzt ihr Urenkel in solchen »Wagen ohne Deichsel« und Teile dieses Manuskripts sind hoch über den Wolken entstanden. Die Welt der einfachen Bäuerin am Ende des 19. Jahrhunderts ist untergegangen. Aber die Welt der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die unser Denken noch zutiefst prägt, ist auch untergegangen. Wir haben nur noch nicht richtig gemerkt, dass nichts mehr so funktioniert, wie es unseren Vorstellungen von einer globalisierten Welt entspricht. Der Abstieg des Westens und Europas hat längst begonnen.
    Bevor man über diese Erkenntnis in Trübsinn verfällt, sollte man sich aber klarmachen, dass es sich hierbei um gar kein so seltenes und aus anderen Lebensbereichen bestens bekanntes Phänomen handelt. Es begegnet uns nicht nur in politischen Diskussionen, sondern oft auch buchstäblich am eigenen Leibe.
    Stellen Sie sich vor, Sie werden morgens wach und Ihr Körper signalisiert Ihnen, dass Sie krank sind. Sie haben Hals-und Gliederschmerzen. Sie fühlen sich nicht wohl und schon gar nicht leistungsfähig. Während Sie sich aus dem Bett quälen und auf dem Weg ins Badezimmer überlegen, mit welchen Medikamenten Sie dem überraschenden Unwohlsein begegnen könnten, passiert Ihnen vermutlich etwas ganz Typisches: Wie die meisten von uns registrieren Sie erst jetzt, wie selbstverständlich schön es ist, gesund zu sein.
    Es gehört wohl zu den Selbstverständlichkeiten menschlichen Daseins – und auch unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens –, Dinge, die wir als angenehm empfinden, dann, wenn wir sie haben, auch als selbstverständlich zu nehmen. Erst ihr Verlust lässt uns einsehen, wie schön und wichtig sie uns waren. Was für die Gesundheit gilt, gilt wohl auch für die Politik. Demokratie und Freiheit sind uns längst so selbstverständlich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher