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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst
Autoren: Jorg Kastner
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Apparat in dieser Wohnung war eingeschaltet.»
    Alexander sah Juliette an, blickte dann zum Flur und schüttelte den Kopf. «Wieso ist der Fall eindeutig? Warum sollte Danegger das getan haben?»
    « Dass er es getan hat, ist eindeutig», beharrte Parada. «Und sein Motiv ist auch nicht gerade unklar. Wie ich hörte, hatte er häufig Streit mit seinem Kommandanten.»
    «So ist es», bestätigte von Gunten. «Danegger hat sich einige Nachlässigkeiten zuschulden kommen lassen. Mehrmals ist er verspätet in die Kaserne zurückgekehrt, einmal sogar eine ganze Nacht fortgeblieben. Als Oberst Rosin ihn zur Rede stellen wollte, wurde er aufsässig.»
    «Er fühlte sich von meinem Onkel ungerecht behandelt», sagte Alexander, «hat schon lange vergeblich auf die Benemeranza-Medaille wartet. Ich glaube, er ist der einzige Gardeadjutant, der diese Auszeichnung nicht besitzt.»
    «Kein Wunder bei seiner laxen Dienstauffassung», schnaubte von Tunten. «Oberst Rosin war kurz davor, Danegger zu degradieren oder unehrenhaft aus der Truppe zu entlassen. Das hat er mir erst vor wenigen Tagen erzählt.»
    Paradas breites Gesicht hellte sich auf. «Na, da haben wir doch ein wunderbares Motiv. Vielleicht hat Danegger von Oberst Rosins Absichten gehört und wollte sich in einer Kurzschlusshandlung rächen.»
    «Kurzschlusshandlung?» Alexander sah den Sicherheitschef zweifelnd an. «Danegger muss sich die Waffe besorgt haben.
    Das sieht mir eher nach einer geplanten Tat aus.»
    «Zu seiner Entscheidung, Oberst Rosin zu töten, kann er in einem Kurzschluss gelangt sein», sagte Tessari. «Gleichwohl kann er die Tat kühl und überlegt vorbereitet haben. Es gibt genügend Morde, die nach einem ähnlichen Muster abgelaufen sind.»
    «Hat er seine Dienstwaffe benutzt?», fragte Alexander.
    «Das haben wir noch nicht festgestellt», antwortete Tessari.
    Alexander trat auf den Flur. Als er an Lafranchi vorbeiging, fing er sich einen finsteren Blick ein. Seit dem Handgemenge hatte der Fotograf kein Bild mehr geschossen.
    Als Alexander sich über Danegger beugte, rief Tessari:
    «Berühren Sie die Waffe nicht! Wir wollen sie auf Fingerabdrücke untersuchen.»
    «Haben Sie also doch Zweifel?»
    «Bloße Routine.»
    Vorsichtig fasste Alexander den Toten an der Schulter an und drehte ihn so weit herum, dass er die Waffe sehen konnte. «Eine SIG 75, die Dienstwaffe der Garde. Sie wird nur zu besonderen Zwecken ausgegeben und ist sonst in der Waffenkammer verschlossen.»
    «Er wird sich die Pistole heimlich besorgt haben», meinte Tessari. «Hatte er Zugang zu der Waffenkammer?»
    «Nein», warf Utz Rasser entschieden ein. «Ich bin der Waffenwart.»
    Parada, der neben Utz stand, fragte ihn: «Hat Danegger versucht, sich heimlich Zugang zur Waffenkammer zu verschaffen? Oder hat er sie um eine Waffe gebeten?»
    «Das hat er nicht. Er hat genau gewusst, dass er damit bei mir auf Granit beißen würde. Davon, dass jemand versucht hätte, heimlich in die Waffenkammer zu gelangen, weiß ich nichts.»
    «Die Aufsicht über die Waffenkammer ist eine Vertrauens-stellung», erklärte von Gunten. «Adjutant Rasser hat diese Position nicht aus Zufall inne.»
    Als Alexander aufstand, fiel sein Blick auf Heinrich Rosin.
    Das grüne Poloshirt war verrutscht und gab an der rechten Seite eine Handbreit nackter Haut frei. Seltsame rote Punkte, die aussahen wie kleine Wunden, bildeten dort ein Muster, das nichts mit den Schussverletzungen zu tun hatte. Die Wunden waren älter.
    «Was ist das?», sagte Alexander halblaut, mehr zu sich selbst, während er sich über seinen Onkel beugte.
    «Oberst Rosin ist sehr gläubig gewesen. Er hat zuweilen einen Bußgürtel getragen.»
    Die Antwort kam vom Treppenabsatz außerhalb der Wohnung, wo sich eine dürre Gestalt im schwarzen Anzug und mit weißem Römerkragen durch die Gruppe entsetzter Nachbarn zwängte.
    Franz Imhoof, der Kaplan der Schweizergarde, trat mit zögernden Schritten näher. Das schmale Gelehrtengesicht wirkte noch blasser als sonst. Die wässrigen Augen hinter den runden Brillengläsern waren weit aufgerissen; in dem flackernden Blick lag Bestürzung.
    «Was meinen Sie damit, Monsignore Imhoof?», fragte Tessari sofort.
    Imhoof schien erstaunt. «Sie kennen keinen Bußgürtel?»
    «Ich bin Polizist, kein Geistlicher.»
    «Ein Bußgürtel ist ein Metallband mit nach innen gerichteten Dornen. Man trägt es um die Hüften oder, als kleinere Ausgabe, um den Oberschenkel. Der Schmerz hilft einem, die
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