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Der Engel von Santa Marguerita

Der Engel von Santa Marguerita

Titel: Der Engel von Santa Marguerita
Autoren: Alexander Borell
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Handschuhe an und berührte das Steuer nur in den Speichen, während ich nach Hause fuhr. Trotzdem fand ich später am Lenkrad keine Fingerabdrücke; vielmehr waren meine eigenen alten sehr verwischt. Der Fremde war also mit Handschuhen gefahren.

3

    Am nächsten Morgen war ich, ganz gegen meine Gewohnheit, schon um sieben Uhr mit dem Frühstück fertig.
    Dann holte ich mir ein weißes Löschpapier, machte es feucht und drückte es auf das blutige Taschentuch, bis es sich etwas gefärbt hatte. Hierauf mischte ich in einem Reagenzglas etwas frische Guajakharztinktur mit ozoniertem Terpentinöl und Wasser, bis die Lösung milchig wurde, und schließlich tupfte ich etwas davon auf das rotgefärbte Löschpapier. Nach wenigen Augenblicken wurde es an der betupften Stelle deutlich blau. — Es war also wirklich Blut!
    Um halb neun hatte ich herausgefunden, daß das Blut der Gruppe I angehörte. Als ich diese Versuche beendet hatte, packte ich zwei kleine Koffer, verstaute sie in meinem Wagen und fuhr mit Mr. Smith nach Santa Marguerita.
    Ich lenkte den Packard langsam durch das Eingangstor und hielt auf dem Vorplatz dicht neben der Marmorstatue. Da sich zunächst niemand um mich kümmerte, schaute ich mir die Statue näher an. Sie stand auf einem drei Fuß hohen Sockel und stellte einen Engel dar. Er war mit einem langen, nachthemdartigen Gewand bekleidet und hatte zwei Flügel, die wie die Flügel eines Schmetterlings zusammengelegt waren. So kitschig das Ganze war, so entzückend war das Gesicht dieses Marmorengels. Es war das Gesicht eines faszinierend hübschen Mädchens, verklärt von einem liebreizenden Lächeln.
    In den Sockel waren die Worte eingemeißelt:

    ,Ich glaube, daß der gute
    Engel Gottes mich geleitet.’
Tob. 5, 29
    Marguerita und William
    DARDINGTON
    1923
    Diese Inschrift zeigte zur Einfahrt, also nach Süden. Auf der Rückseite standen nur Namen und zwar:

    William Dardington — geb. 7.4.1924
    Stephen Dardington — geb. 16.11.1927
    Davis Dardington — geb. 2.5.1934
    Andrea Dardington — geb. 3.8.1936

    Da hatte ich also offenbar die ganze Familie.
    Ich drehte mich um und ging auf das Haus zu. Es war ein riesenhafter Kasten im Kolonialstil, größtenteils aus Holz gebaut, wie das in den zwanziger Jahren noch üblich gewesen war. Rechts davon, etwa sechzig bis achtzig Yards entfernt, lag ein kleineres Haus, halb verborgen von den Joshuabäumen, hinter denen ich gestern abend gestanden hatte, und von einem kleinen Wald von Orangenbäumen.
    Links vom Haus stand eine moderne, aus Beton gebaute Garage mit vier Toren. Davor war ein Mann damit beschäftigt, einen hellgrauen Pontiac zu waschen. Ich glaubte, mich an diesen Wagen zu erinnern; aber es gab wohl viele solche hellgrauen Pontiacs.
    Ich ging zu dem Wagenwäscher und sagte:
    „Ich möchte zu Mr. Collins. Wo kann ich ihn finden?“
    Der Mann, ein hübscher junger Bursche mit einem Schuß spanischem Blut, stellte das Wasser ab und öffnete die linke Garagentür. Die Garage war leer.
    „Sein Wagen ist nicht drin“, sagte er. „Aber vielleicht ist er drüben vor dem Bürohaus. Mr. Collins läßt ihn oft drüben stehen.“
    Ich ging am Wohnhaus vorbei und entdeckte, daß ein enger Fahrweg zu dem Haus führte, das abseits lag und das der Mann eben als Bürohaus bezeichnet hatte.
    Der Weg dorthin war so schmal, daß ich meinen Packard gerade durchbrachte, ohne auf den Rasen zu fahren.
    Das Bürohaus war ebenfalls aus Holz gebaut und hatte zwei Stockwerke. Davor war ein freier Platz, auf dem früher einmal Kies gelegen haben mochte; jetzt wuchs überall kurzes, büscheliges Gras darauf. Ich sah auch hier nirgends den schwarzen Buick stehen.
    An der Haustür fand ich zwei Klingeln, eine fürs Büro und eine für Collins. Ich klingelte und rechnete damit, daß mir niemand öffnen würde. Aber die Tür ging auf, und eine rundliche ältere Frau schaute mich freundlich an.
    „Ich bin — ich bin ein Freund von Mr. Collins“, sagte ich und merkte, daß wir vergessen hatten, einen Namen zu vereinbaren. „Er hat mich eingeladen, eine Weile hier zu bleiben.“
    Sie nickte und lächelte mir zu.
    „O ja, ich weiß, Mr. Manning. Er hat es mir gestern abend gesagt. Ich habe Ihr Zimmer schon hergerichtet. Es ist oben. Haben Sie Ihr Gepäck im Wagen?“
    Ich bewunderte Collins, der von sich aus einen Namen gewählt hatte, der den gleichen Anfangsbuchstaben hatte. Ich nickte der Frau zu und sagte:
    „Richtig, ich bin Charles Manning“, wobei ich ausprobieren
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