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Der Engel von Santa Marguerita

Der Engel von Santa Marguerita

Titel: Der Engel von Santa Marguerita
Autoren: Alexander Borell
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uns.“
    Ich dankte lachend. Ich kannte noch mehr Staatsanwälte und Polizisten, die eine Abneigung gegen Privatdetektive hatten.
    Während ich abwärts fuhr, dachte ich, daß Phil Marlowe es sich leisten konnte, einen Fall großzügig zu verschenken; er arbeitete fast nur für Raymond Chandler, und der sorgte dafür, daß es nicht an Klienten fehlte.
    Mr. Smith und ich fuhren nach Culver City zurück; aber als wir zu Hause waren, fanden wir beide, daß es noch zu früh war, um den Rest des Tages im ,dolce far niente’ zu verbringen. Wir wendeten also wieder und fuhren nach Venice hinunter.
    Ursprünglich hatte hier ein Mr. Kinney ein zweites Venedig aufbauen wollen, ein Venedig mit italienischen Häusern, Kanälen und Gondeln. Das einzige, was davon noch übrig blieb, ist der Name. Dafür wurden diese fünf Meilen Strand zu einem zweiten Coney Island, mit Vergnügungsstatten aller Art. Es war ein mächtiger Rummelplatz. Eine Weile schaute ich dort dem Radrennen zu, aber auch das gefiel mir heute nicht. Ich war in der unglücklichen Verfassung eines Mannes, der zwischen einer Sache und einer andern zwei Stunden Zeit hat und nicht weiß, was er damit anfangen soll. Ich hatte nämlich vor, mir dieses Santa Marguerita schon im voraus etwas näher anzuschauen, wollte das aber erst bei Dunkelheit tun. Schließlich fuhr ich die Visa del Mar entlang, durch die Ölgegend. Am Pier der Standard Oil lagen einige Tanker und verbreiteten einen infernalischen Ölgestank.
    Nun, Mr. Smith und ich verzogen die Nasen, und ich fuhr schnell ein Stück weiter die Küste hinauf, nach Redondo Beach. Dort parkte ich, hockte mich an den Mostad Pier, rauchte und schaute den Fischern zu. Um halb acht Uhr flammten die Lichter am Edison=Elektrizitätswerk auf, und die Fischer legten ihre Angeln zusammen. Ich setzte mich noch eine Stunde lang in den Stadtpark, wo Mr. Smith ein kleines, graues Hundemädchen aufstöberte.
    Endlich brach dann die Dämmerung herein. Ich fuhr weiter nach Palos Verdes, bog in den West Drive ein und fand schließlich auch den Paseo Lunado, eine ziemlich schmale Straße, die in scharfen Kehren in die Hügel hinaufführte.
    Nach zwei Meilen ließ ich den Wagen stehen und machte mich mit Mr. Smith zu Fuß auf den Weg. Eine Viertelstunde später stand ich vor einem aus Ziegelsteinen gemauerten Torbogen. Die geschmiedeten Tore standen offen; über dem Torbogen las ich „Santa Marguerita“. Eine Fahrstraße, links und rechts von Buchsbaumhecken eingefaßt, führte zu einem großen, verschwenderisch beleuchteten Gebäudekomplex. Zu beiden Seiten der Hecken dehnte sich das Gelände weithin aus. Es war im englischen Stil angelegt. Blumenbeete, Gebüsche und Baumgruppen wechselten ab. Alles machte einen zwar hübschen, aber leider auch ungepflegten Eindruck.
    Ich ging, in Deckung von Jasminsträuchern, zu einer Gruppe von Joshuabäumen. Von hier aus konnte ich den Vorplatz des Hauses beobachten. In der Mitte diese Platzes stand eine Bildsäule, umgeben von Dahlien uni Herbstastern. Soviel ich sehen konnte, stellte sie einen Engel aus weißem Marmor dar.
    Als Mr. Smith unruhig wurde — vermutlich, weil eine Katze in der Nähe war —, zog ich mich auf dem gleichen Wege zurück. Ich fand es zu mühsam, meinen Wagen auf der schmalen Straße zu wenden; deshalb fuhr ich weiter, bis ich eine noch schmalere Straße fand, die nach rechts zur Küste hinunter abbog. Sie führte steil bergab, und die Eukalyptusbäume verdeckten mir die Aussicht auf das Meer.
    Nach einer Weile sah ich ein rotes Blinklicht, kurz darauf den Funkturm und wußte, daß ich nun bei Point Vicente Lighthouse herauskommen würde, einem felsigen Kap, auf dem die Verwaltung der US=Küstenwache ihre Gebäude hatte.
    Ich kam etwas rechts davon auf den südlichen Palos Verdes Drive. Der Mond war aufgegangen, das Meer schimmerte.
    Ich bildete mir ein, heute noch baden zu müssen, und zuckelte langsam dahin, um eine Stelle zu finden, wo man an den Strand hinunterkommen konnte. Plötzlich hörte ich ganz deutlich einen Schuß. Er mußte, dem Schall nach, etwa eine halbe Meile vor mir gefallen sein. Ich gab Gas und jagte auf die Stelle zu. Gleich darauf gewahrte ich einen schmalen Fahrweg, der links zum Meer hin abbog. Ich schwenkte ein und hielt nach höchstens dreißig Yards hinter einem schwarzen Buick, der ohne Licht mitten auf dem Fahrweg stand.
    Ich stellte meinen Motor ab und stieg aus dem Wagen.
    Ringsum war alles still. Über die Wipfel der Korkeichen huschte der
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