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Der Engel von Santa Marguerita

Der Engel von Santa Marguerita

Titel: Der Engel von Santa Marguerita
Autoren: Alexander Borell
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helle Schein des vierflammigen Leuchtturms von der Küstenwache. Ganz leise kam das Brandungsrauschen vom Strand.
    Ich ging zu dem schwarzen Buick. Die Türen waren nicht verschlossen. Ich leuchtete mit meiner Taschenlampe hinein, konnte aber nichts Besonderes entdecken, außer den Papieren, die auf den Namen Lynn Collins lauteten.
    Unmittelbar vor dem Buick hörte der Fahrweg auf. Links und rechts waren dichte Ginsterbüsche, zwischen denen ein ausgetretener Fußpfad abwärts führte. In einem der Ginsterbüsche raschelte es. Als ich hinleuchtete, sah ich sekundenlang zwei kleine, grünleuchtende Punkte.
    Dann hörte ich vom Strand her das laute Brummen eines starken Motors, der wahrscheinlich auf vollen Touren lief. Dieses Geräusch wurde einen Augenblick noch lauter, dann aber leiser und leiser. Es klang, als ob jemand mit einem schweren Motorboot aufs Meer hinausgefahren sei.
    Natürlich, das war Collins. Er hatte mir ja gesagt, er wolle das Boot noch heute abend in Schwung bringen. Und der Schuß? — Ja, es konnte genauso gut eine Fehlzündung beim Anlassen des Motors gewesen sein.
    Ich überlegte mir, ob ich hinuntergehen sollte. Aber vielleicht war Collins nicht allein, und dann wäre es besser, mich heute noch nicht sehen zu lassen.
    Schließlich ging ich doch hinunter. Ich dachte dabei an McGowan, der immer gesagt hatte: „Du brauchst einem Mord niemals nachzulaufen, er kommt von allein zu dir.“ Aber ich konnte es dennoch nicht lassen.
    Der Fußweg senkte sich in engen Kurven steil hinab. An einer felsigen Stelle waren Stufen in das Gestein gehauen. Fünf Minuten später stand ich unten in einer Bucht vor einem großen Bootshaus. Es war massiv gebaut, die Rückseite auf dem Land und der vordere Teil vom Wasser bespült. Alles war dunkel, ich hörte nichts. Die Wellen rauschten leise auf den sandigen Strand, und nur von weiter draußen kam das Brandungsgeräusch.
    Ich ging um das Bootshaus herum und hatte plötzlich das Gefühl, als sei ich nicht allein. Eine Weile blieb ich bewegungslos in Deckung stehen. Der Mond schien ziemlich hell, so daß ich die Felsenküste bis zu den Büschen ganz gut sehen konnte. Aber ich hörte nichts, und ich sah auch nichts.
    Langsam bewegte ich mich im Schatten des Hauses weiter und fand an der Rückseite eine Tür, die nur angelehnt war. Wieder lauschte ich eine Weile. Nur das leise Glucksen der Wellen war vernehmbar. Ich stieß die Tür auf.
    Nach dem Meer zu war das Haus offen, und das Wasser reflektierte genügend Licht, so daß ich einigermaßen sehen konnte. In dem Bassin lag ein kleines Rennboot mit Außenbordmotor, daneben eine Jacht, deren Mast umgelegt war, und neben der Jacht war ein freier Platz. Um das Bassin führte ein breiter Plankensteg, und auf der linken Seite des Hauses sah ich drei Türen.
    Ich trat ein und ging dorthin, wo das Motorboot gelegen hatte. Neben den Pflöcken lag Werkzeug herum, und neben dem Werkzeug war ein kleiner dunkler Fleck. Als ich ihn anleuchtete, sah ich, daß er rot war. Ich bückte mich und betrachtete ihn genau. An einer Seite war die Lache verwischt. Es sah aus, als habe hier etwas gelegen, das geblutet hatte und dann fortgezogen worden war.
    Ich ging bis zur Einfahrt vor. Das Meer lag spiegelglatt in der Bucht, die Brandung draußen, an den Felsen, rauschte leise; aber von dem Motorboot war nichts mehr zu hören.
    Ich leuchtete ins Wasser. Es war etwa zehn Fuß tief und sehr klar. Kleine feuerrote Fische flitzten, aufgeschreckt von dem Lichtstrahl, hin und her, und ein großer Krebs fuchtelte aufgeregt mit seinen langen Fühlern. Neben einer Wasserpflanze, die langsam hin und her wedelte, sah ich etwas Helles schimmern.
    Nun kam ich doch noch zu meinem Bad. Innerhalb von Sekunden hatte ich mich ausgezogen, kletterte vorsichtig ins Wasser, um den Sand nicht aufzuwirbeln, und tauchte. Ich fand das kleine Ding. Es war ein Ohrklips aus winzigen, rosaroten Muscheln.
    Als ich prustend an die Oberfläche kam, hörte ich ein Geräusch, das mir bekannt vorkam, sehr bekannt. Es war das etwas harte Schnurren meines Anlassers. Gleich darauf jaulte die Maschine meines Packard auf, dann wurde es wieder still.
    Ich rannte, splitternackt, vor das Bootshaus und hörte nun Mr. Smith oben an der Straße bellen. Ich pfiff, so laut ich konnte, immer wieder, und das Bellen kam näher. Schließlich raste er, sich überschlagend, die Felsen herunter.
    „So“, sagte ich, „dazu habe ich nun einen Hund! Läßt dich einfach aus dem Wagen schmeißen!
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