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Der eiserne Tiger

Der eiserne Tiger

Titel: Der eiserne Tiger
Autoren: Jack Higgins
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freiließ. An den
Füßen hatte er Stiefel aus ungegerbtem Leder, die bis an die
Knie reichten. Sein Haar war zu Zöpfen geflochten, und er trug
eine Lammfellmütze auf dem Kopf.
      »Sein Englisch ist nicht der
Rede wert«, sagte Drummond rasch zu Cheung, während sich der
Tibetaner näherte. »Wir werden chinesisch mit ihm sprechen.
Erweisen Sie ihm um Himmels willen den gebührenden Respekt. Er ist
ein Edelmann. Die sind manchmal
    in solchen Dingen sehr empfindlich.«
      Der Tibetaner streckte ihnen
lächelnd die Hand zur Begrüßung hin. Hinter ihm ritt
noch ein Dutzend Leute auf das Seeufer zu. »Wie schön, Sie
wiederzusehen, mein Freund. Haben Sie noch Waffen für uns?«
      Drummond nickte und reichte ihm die
Hand. »Ihre Leute können sie ausladen, wann immer sie
wollen. Ich möchte mich nur nicht länger als unbedingt
nötig hier aufhalten.«
      Der Tibetaner erteilte seinen Leuten
einen Befehl. Dann gingen er, Drummond und Cheung aus dem Weg und
machten Platz. »Moro, ich möchte Ihnen Mr. Cheung
vorstellen«, sagte Drummond. »Er ist der Vertreter Balpurs
bei der nationalchinesischen Regierung. Das sind die Leute, die Ihnen
die Waffen und die Munition geliefert haben, die ich Ihnen in den
vergangenen sechs Monaten per Flugzeug hergebracht habe.«
      Moro drückte Cheung die Hand.
»Bevor Buddha diesem Land Frieden gebracht hat, waren die
Tibetaner Krieger. Mit Hilfe der von Ihnen gelieferten Waffen konnten
wir den Kommunisten beweisen, daß wir auch wieder Krieg
führen können. Sie trinken doch Tee mit mir, bevor Sie wieder
zurückfliegen?«
      Cheung sah Drummond fragend an. »Haben wir Zeit dazu?«
      »Sicher, warum nicht.«
Drummond bot dem Tibetaner eine Zigarette an. »Sind hier in
letzter Zeit Rote aufgetaucht?«
      »Nur eine Patrouille«, erwiderte Moro. »Fünfzehn Leute. Das war vor einer Woche.«
      »Und was haben Sie mit den Leuten gemacht?« fragte Drummond.
      Der Tibetaner grinste. »Sie werden es sehen, sobald wir im Dorf sind.«
      Sie gingen über den Steilhang auf die Häuser zu. Der Tibetaner führte sein Pferd am Zügel.
      »Mr. Cheung muß seiner
Regierung in Formosa darüber Bericht erstatten, wie die Dinge hier
liegen«, erklärte Drummond. »Daher hielt er es
für am besten, selbst herzukommen, um sich ein Bild machen zu
können.«
      »Wie stark sind die Roten hier
in der Gegend vertreten?« erkundigte sich Cheung. »In einer
Stadt namens Juma, etwa hundert Meilen von hier entfernt, sind sie
stärker vertreten. Ein halbes Infanterieregiment«,
erklärte Moro. »Höchstens vierhundert Mann. In
größeren Dörfern wie Hurok, dreißig Meilen in
östlicher Richtung über die Ebene, haben sie Kavallerie
postiert. Zwischen den Dörfern nichts.«
      »Haben denn hier im Grenzgebiet
überhaupt keine größeren Truppenbewegungen
stattgefunden? Sind keine Straßen gebaut worden?«
      »Nein, hier nicht, aber weiter
östlich in Richtung Ak-sai Chin und Ladakh, wo 1962 gegen die
Inder gekämpft wurde - da haben sie viele Straßen gebaut.
« Der Tibetaner schüttelte verwundert den Kopf. »Was
sollten sie denn hier mit Straßen?«
      »Sie erheben Anspruch auf Baipur«, sagte Cheung.
      Moro lachte und entblößte
dabei seine kräftigen weißen Zähne. »Sie erheben
Anspruch auf die ganze Welt. «
      Sie näherten sich den
Randbezirken des Dorfes. Eine kleine, gottverlassene Ortschaft. Die
einzige Straße säumten einstöckige Lehmhütten mit
Flechtwerk.
      Ein paar Kinder liefen ihnen
aufgeregt nach, wagten es jedoch nicht, Moro zu nahe zu kommen. Immer
wieder holte er respektheischend mit der Lederpeitsche aus und
ließ sie knallen.
      Als sie vor einem größeren
Haus in der Mitte des Dorfes angelangt waren, öffnete Moro die
schwere Holztür und bat sie herein.
      In dem Haus gab es keine Fenster.
Drummond konnte im Halbdunkel allmählich die Lehmwände und
die Schaffelle auf dem Boden ausmachen. In einer steinernen Feuerstelle
in der Mitte des Raumes brannte Yak-Dung, und eine alte Tibetanerin
krümelte Tee von einem großen Brocken in einen Kessel mit
kochendem Wasser. Sie fügte Butter und eine Prise Salz hinzu, und
die Männer gingen
    auf dem Schaffell vor dem Feuer in die Hocke.
      Schweigend warteten sie auf den Tee,
wie es dem Ritual entsprach. Die alte Frau füllte drei
Metallbecher und reichte sie ihnen. Moro nippte an seinem Tee und
nickte beifällig. Sie tranken.
      Wie immer hatte der Tee eine
erstaunlich belebende Wirkung, und
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