Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Durst der Toten

Der Durst der Toten

Titel: Der Durst der Toten
Autoren: Vampira VA
Vom Netzwerk:
Opfer nur im äußersten Notfall. Es macht viel mehr Spaß, sie um etwas Lebenssaft zu erleichtern und sie dann später in meinem Unterschlupf wiederzutreffen, einer renommierten New Yorker Irrenanstalt, in die sie eingeliefert werden, weil sie durch die Straßen rennen und aller Welt erzählen, ein Vampir hätte sie gebissen.
    Letztens ist mir allerdings ein kleiner Unfall passiert. Ich konnte ja nicht ahnen, daß mein Abendessen, ein Pizzafahrer, der sich mir selbst frei Haus lieferte, bewaffnet war. Als ich ihn ansprang, zog er seine Pistole, und da ich nicht wollte, daß jemand auf uns aufmerksam wurde, mußte ich ihn wohl oder übel ruhigstellen. Leider habe ich dabei Hersophiles' Kräfte wieder mal unterschätzt. - Eigentlich schade, denn der Fahrer kam von einer Pizzeria, die auch abgelegene Stadtviertel und einsame Telefonzellen belieferte. Inzwischen ha-ben sie das geändert.
    Ach, ich habe Ihnen Hersophiles ja noch gar nicht vorgestellt - hoffentlich nimmt er mir das nicht übel. Hersophiles ist mein bester Freund: ein Baseballschläger. Ich habe ihn in einem alten Spielzeugladen gefunden. Dort mußte er ständig auf das Nachbarregal voller Bar-biepuppen starren. Lange hätte er das bestimmt nicht mehr überlebt.
    Ich habe ihn eines Nachts gerettet und ihm dabei geholfen, den Puppen den Garaus zu machen. Hersophiles mag nämlich keine grinsenden Puppen, müssen Sie wissen. Wenn ich es so bedenke, war diese Nacht eine der schönsten meines neuen Lebens - zumindest bis zu dem Moment, wo Hersophiles einen Ken in Frack und Unterhose verfehlte und statt dessen den Feueralarm auslöste . Seitdem sind wir unzertrennlich und haben uns schon oft gegenseitig das Leben gerettet. O ja, wir haben schon viel zusammen durchgemacht. Da fällt mir zum Beispiel eine Nacht ein, es war erst vor kurzem:
    Wir hatten wieder einmal recht lange in Rick's Bar direkt am JF-K-Flughafen gesessen und wollten uns gerade auf den Heimweg machen. Die Luft war frisch, duftete wie der junge Frühling, dezent vermischt mit ein paar Autoabgasen.
    Ein grummelndes Gefühl in meinen Venen machte mich darauf aufmerksam, daß ich noch nicht gefrühstückt hatte. Hersophiles und ich wollten uns gerade aufmachen in die Stadt, als mein Blick auf ein fröhliches, unbeschwert buntes Plakat an einer Straßenlaterne fiel: Jahrmarkt im Wards Island Park.
    Ein Jahrmarkt! Treffpunkt glücklicher Familien mit rosigen kleinen Kindern. Ein unbeschwerter Tummelplatz voller Menschen, ein Auflauf unbesorgter, nichtsahnender Snacks und Appetithappen!
    Ich nahm den Luftweg, und so dauerte es nur wenige Minuten, bis ich vor dem großen bunten Trubel stand, der den ganzen Park mit lauter Musik, Angstgeschrei aus der Achterbahn und Popcornduft überflutete.
    Eine Zeitlang mischte ich mich einfach unter die Menschen, doch dann, als mir langsam klar wurde, daß das Zerstechen von Luftballons kleiner Kinder zwar äußerst amüsant war, aber auf die Dauer nichts an meinem Hunger änderte, erblickten meine Augen das Heilige Land: die Geisterbahn! Mit vereinten Kräften schufen Hersophi-les und ich uns einen Hintereingang und standen bald auf den Schienen, die die Welt - äh, den Tod bedeuten.
    Aus einem aufrecht stehenden Plastiksarg, der sich bei jedem vorbeikommendem Wagen öffnete, grinste mir ein glühbirnenäugiger Nosferatu entgegen. Doch die fanatisch blinkenden Augen erloschen bald, als ich ihm Hersophiles vorstellte. Hersophiles mag nun mal keine grinsenden Puppen. Ich schaffte die Überreste der Draculafi-gur beiseite und machte es mir in dem Sarg gemütlich. Als er sich beim nächsten vorbeifahrenden Fahrzeug öffnete, sprang ich heraus und direkt auf das darin sitzende Pärchen zu, das mir kreischend und mit weit aufgerissenen Augen entgegenstarrte. Ich brachte sie zur Ruhe, indem ich ihre Köpfe kurz, aber schmerzvoll aneinander schlug. Dann stillte ich erst mal meinen Hunger. Ihr Blut durchströmte meine Adern süßer und kraftvoller als alles, was sich ein Sterblicher vorstellen kann. Als sich der Wagen dem Ausgang näherte verschloß ich die Wunden mit einem kurzen Darüberlecken wieder. Auf dem Weg zurück zum Plastiksarg wurde mir klar, was ich soeben getan hatte:
    Ich hatte das Drive-In für Vampire erfunden!
    So verbrachte ich den Abend. Ich sprang alte Damen und kleine Kinder an, trank von Buchhaltern und Collegemädchen. Ein Kerl kam sogar zweimal vorbei, und während ich ihn abermals anfiel, lachte er erregt. - Mann, ich kann Ihnen sagen, in dieser
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher