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Der Duft des Bösen

Der Duft des Bösen

Titel: Der Duft des Bösen
Autoren: Ruth Rendell
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–?«
    »Perfect«, brüllte Ludmilla so laut, dass es Crippen hören konnte.
    »Mrs. Perfect hier oben bei mir. Sie haben ihre Stimme gehört. Möchten Sie sie sehen?«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, zerrte er Ludmilla aus dem Sessel und schob sie, mit der Pistole im Rücken, ans Fenster. Crippen ging in den Laden, Osnabrook hinterdrein. Ohne Ludmilla aus der Schusslinie zu lassen, schleppte Jeremy einen Sessel ans Fenster und wies sie mit einer Pistolenbewegung an, sich so hinzusetzen, dass jeder auf der Straße sie sehen konnte. Inzwischen waren dort vier Beamte in Uniform eingetroffen und ebenfalls in den Laden gegangen, aus dem jetzt Freddy Perfect laut schreiend gerannt kam. »Ludo, Ludo!«
    Ludmilla warf ihm einen Kuss zu. Das gefiel Jeremy gar nicht. Darin zeigte sich eine Ungezwungenheit und Kaltblütigkeit, die im Widerspruch zum Ernst ihrer prekären Lage stand. Er schob sich vor sie, drückte ihr die Pistole an den Hals und rief laut: »Sagen Sie ihr, sie soll sich benehmen. Wenn es sein muss, bringe ich sie um. Mir macht das nichts aus.«
    Wieder fing Ludmilla zu zittern an. Er spürte das Vibrieren an seiner Hand. »Lass das«, herrschte er sie an, »reiß dich zusammen.«
    Crippen und Zulueta waren in Begleitung eines Uniformierten auf die Straße getreten, der sich mit einem Megafon auf die gegenüberliegende Seite stellte. Kaum machte er den Mund auf, wusste Jeremy, wer das war. Einer von diesen »Psycho-Polizisten«, der vermeintlich schlaue Taktiken einsetzte, um einen Verzweifelten zum Aufgeben zu bringen.
    »Quick, lassen Sie Mrs. Perfect frei. Es bringt Ihnen nichts, wenn Sie sie dort oben festhalten und terrorisieren. Das ist doch sinnlos! Lassen Sie sie frei! Lassen Sie sie herunterkommen, und wir gehen ihr entgegen und holen sie ab. Wir werden nicht versuchen, in Ihre Wohnung einzudringen, das garantiere ich.«
    »Wie wollen Sie mich dann holen?«, fragte Jeremy.
    »Sie werden doch einsehen, dass Sie sich nicht verstecken können. Nehmen Sie Vernunft an! Was Sie da machen, führt doch zu nichts. Es wird dadurch letztlich alles nur noch schlimmer für Sie.«
    »Für mich ist hier Schluss, hier oben in dieser Wohnung.«
    »Quick, geben Sie mir die Pistole. Leeren Sie das Magazin, und lassen Sie die Waffe aus dem Fenster fallen.«
    »Sie machen Witze«, sagte Jeremy. »Außerdem heiße ich nicht Quick. So habe ich nie geheißen.«
    Die Korrektur wurde ignoriert. »Lassen Sie mich sehen, wie Sie die Pistole leeren. Denken Sie daran, noch haben Sie nichts getan. Nichts ist bewiesen. Sie stehen nicht unter Anklage. Verwechslungen gibt es alle Tage. Lassen Sie die Waffe fallen, bevor Sie sich zu irgendeiner Tat hinreißen lassen.«
    Das Telefon begann zu läuten. Der Anruf kam wahrscheinlich von drunten, aus Inez’ Laden. Wenn er sich ein wenig streckte, konnte er den Hörer von seinem Platz aus greifen und dabei immer noch Ludmilla die Pistole ins Kreuz drücken.
    »Hallo?«
    Nicht die Polizei. Das Mädchen, das ihn erpresst hatte, sagte: »Jetzt steckst du aber bis zum Hals in der Scheiße, was?« und legte lachend auf.
    Er knallte den Hörer so fest auf die Gabel, dass der ganze Tisch wackelte. Dann beugte er sich über Ludmilla hinweg, um erneut einen Blick hinunter auf die Star Street zu werfen. Der Psychologe stand immer noch da und besprach sich mit Crippen. Entgegen ihrem Versprechen kam jemand die Treppe herauf. Vielleicht hatte sich der Unbekannte, und es war mehr als einer, lautlos anschleichen wollen. Es war ihnen nicht gelungen. Jetzt hämmerten sie gegen seine Tür.
    Jeremy trat ein wenig näher. Die Pistole zielte weiter auf Ludmilla. »Wenn irgendeiner versucht, diese Tür einzutreten, stirbt sie«, sagte er und stellte mit Genugtuung fest, dass Ludmilla schon wieder bibberte. »Sie zittert vor Angst. Daran seid ihr schuld, das habt ihr getan. Hoffentlich seid ihr stolz auf euch. Wer terrorisiert jetzt Frauen?«
    Er bekam keine Antwort. Er hatte auch keine erwartet. Allerdings hörte das Getrommel auf. Er freute sich über die Spielzeugpistole, sofern ihn überhaupt etwas glücklich machen konnte. Für die Zwecke einer Pistole taugte sie genauso wie eine echte – mit einer Ausnahme: Den Gnadenschuss konnte sie nicht bieten. Allerdings hoffte er darauf, dass dies andere erledigen würden. Die Schritte entfernten sich wieder, die Treppe hinunter.
    »Im Staate Utah«, sagte er zu Ludmilla, »wird man bei Todesstrafe durch ein Exekutionskommando hingerichtet. Wussten Sie
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