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Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Titel: Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)
Autoren: Stephan Russbült
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er sich zum Turm, sah hinauf zum Balkon, an den Milo sich klammerte, und auf dem Othman stand und seine Blitze gen Norden sandte. Dorn richtete den Stab auf sie.
    In Milos Kopf spukten die Worte von Senetha herum. Du musst es nicht tun, Dorn. Obwohl Milo das Gesicht des Söldners nur als kleinen hellen Fleck sah, wusste er, dass Dorn diesen Gesichtsausdruck aufgelegt hatte, von dem Senetha behauptet hatte, er würde den Tod vorhersagen.
    Milo blieb keine Zeit, auf den passenden Moment für ein Klettermanöver zu warten. Er musste jetzt von diesem Balkon herunter. Er zog sich an den Steinsäulen hoch, umklammerte das Geländer und schwang einen Fuß auf die Brüstung.
    Othmans Kopf fuhr herum. Aus seinen Fäusten schossen die grünen Blitze gen Norden und hüllten die Kreatur am Rand der Schlucht ein. So viele Schatten schwebten um das Wesen herum, dass es aussah wie ein Nebel. Othmans Gesicht war zu einer unmenschlichen Fratze verzerrt, aus seinen Augen sprach der Hass. Der Zauber schien den Großteil seiner Aufmerksamkeit zu fordern, doch es bestand kein Zweifel daran, dass er den Halbling töten würde, wenn er könnte.
    Milo sah am Turm entlang hinunter und erblickte Dorn. Auf der Spitze von Senethas Magierstab hatte sich eine leuchtend rote Kugel gebildet, die langsam pulsierend anwuchs. Als sie die Größe eines mickrigen Kürbisses erreicht hatte, löste sie sich vom Stab und schoss auf den Balkon zu. Milo schwang sich vollends über die Brüstung und hechtete mit einem Satz zurück ins Studierzimmer. Er schlug der Länge nach auf den Boden. Eine Welle des Schmerzes schoss durch Schulter und Ellenbogen. Er starrte hinaus auf den Balkon. Othman funkelte ihn, über die Schulter blickend, immer noch bösartig an, doch der grüne Schein, der ihn einhüllte, wurde von einem heranrasenden rot-grellen Licht verzehrt. Einen Herzschlag später verwandelten sich der Balkon und alles um ihn herum in einen Glutofen.
    Unerträgliche Hitze schlug Milo entgegen. Flammen loderten um den Durchbruch zum Balkon, sodass dieser wie ein brennender Bilderrahmen aussah, in dessen Mitte Othman stand. Feuer hüllte ihn ein und verzehrte ihn. Seine Kleidung zerfiel zu Asche, die Haare und der Bart schmolzen dahin. Die Haut auf seinem Gesicht blätterte ab und verkohlte in Sekundenschnelle. Der Magier sackte auf die Knie. Er verwandelte sich in einen glühenden Torso, der Milo immer noch hasserfüllt anstarrte. Dann brach der Balkon von der Außenfassade des Turms und riss den Magier mit sich in die Tiefe. Milo starrte entsetzt durch den brennenden Durchbruch auf den Gebirgszug im Norden, den Graurücken. Eine Säule von Schatten schraubte sich in den Himmel und verschwand.
    Die Tür zum Arbeitszimmer wurde aufgestoßen. Milo fuhr herum. Ein zerlumpter Tunnelgnom betrat den Raum. Zuerst sah er Milo an, dann blickte er zu Rubinia hinüber, lächelte und lief auf sie zu. Milo sprang auf, hechtete zum Schreibtisch, schnappte sich einen schweren Steintiegel und wollte dem kleinen Wesen den Weg abschneiden.
    »Nicht!«, rief Rubinia. »Das ist Schmutzigbraun. Er ist mein Freund und Retter. Wir können ihm vertrauen.«
    Der Tunnelgnom stürzte auf den Käfig zu und klemmte den kleinen Kopf zwischen die Gitterstäbe. »Der Turm brennt. Wir sollten von hier verschwinden.«
    »Danke für den gut gemeinten Rat«, zischte Milo ihn an und zog ihn vom Gitter zurück. Dann begann er, mit dem Tiegel auf das Schloss einzuhämmern. Bereits beim dritten Schlag zerbrach er, ohne dass er dem Schloss etwas hatte anhaben können.
    »Zwergenarbeit«, kommentierte Schmutzigbraun.
    »Verschone mich mit deinen Kommentaren«, blaffte Milo ihn erneut an. »Such mir lieber etwas, womit ich darauf einschlagen kann.«
    Der Tunnelgnom verlor keine Zeit und begann, das Zimmer zu durchstöbern. Die Flammen fraßen sich allmählich an den Wänden und der Decke entlang. Stickiger Qualm machte das Atmen schwer.
    »Ist er tot?«, fragte Rubinia.
    Milo nickte erschöpft. »Jetzt müssen wir dich hier herausholen.«
    Der Gnom war im Nu zurück. In der Hand hielt er einen schweren Steinmörser.
    »Besser als nichts«, sagte Milo und riss ihn dem Gnom aus der Hand. Dann schlug er erneut auf das Schloss ein. Diesmal brauchte es fünf Schläge, bis das Werkzeug zerbrach.
    Schmutzigbraun wollte gerade etwas sagen, da kam Milo ihm zuvor: »Zwergenarbeit, ich weiß, aber wenn du nichts anderes beizutragen hast, halt lieber den Mund.«
    Der Tunnelgnom machte eine nachdenkliche Miene.
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