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Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Titel: Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)
Autoren: Stephan Russbült
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dich bestimmt noch mal fragen.«
    Dorn wandte sich ihr wieder zu und stellte verblüfft fest, dass sie ihn an jemanden erinnerte.
    »Du hältst dich besser von mir fern«, brummte er. »Ich habe in der Stadt Einiges zu erledigen. Es gibt dort welche, mit denen ich noch eine Rechnung offen habe, und welche, die mir noch Gold schulden.«
    »Klingt doch vielversprechend«, sagte die Kriegerin. »Wie wäre es, wenn ich dir helfe. Du siehst aus, als könntest du ein bisschen Rückendeckung gebrauchen.«
    »Was anderes als meinen Rücken würdest du auch nicht sehen«, sagte Dorn und grinste dabei breit.
    »Halbe-halbe?«, offerierte die Amazone.
    »Zweidrittel-eindrittel.«
    Oda saß auf den schneebedeckten Stufen des Tempels in Eichenblattstadt. Sie hatte viel darüber nachgedacht, was in der Krähenschlucht passiert war, und fragte sich, ob sie von sich aus hätte erkennen können, was richtig und was falsch war. Die Antwort darauf würde sie wahrscheinlich niemals finden. Letztendlich hatte sie sich Hadars Willen unterwerfen müssen. Und das Ergebnis sprach für sich. Sie hoffte, dass die Götter, insbesondere Hadar, ein Einsehen hatten und ihren Brüdern im Gegenzug ihre Sünden ebenfalls erlassen würden.
    Oda hatte sich in ein grünes Ornat von Meister Gindawell eingewickelt und beobachtete einen zerlumpt aussehenden Tunnelgnom, der durch die Kälte auf sie zustapfte. Als er bei ihr angekommen war, überreichte er ihr drei schwere in Leder gehüllte Bücher.
    »Denkst du gerade nach?«, fragte der Gnom.
    »Fast jeder denkt immer über irgendetwas nach, Schmutzigbraun«, gestand Oda.
    »Oh!«, erwiderte der Gnom verblüfft. »Und über was denkst du nach?«
    »Ich denke an meine Brüder«, verriet Oda.
    Schmutzigbraun nickte.
    »Ist das die neuste Ausbeute aus Zargenfels?«, fragte sie.
    »Mehr konnte ich diesmal nicht tragen. Für das nächste Mal habe ich schon einen Haufen Karten und Papiere zurechtgelegt. Vieles ist ein bisschen angekokelt, aber noch brauchbar.«
    Oda stand auf, stapfte ein paar Schritte durch den Schnee und drehte sich zum Tempeleingang um, sodass sie das Schild darüber betrachten konnte. Darauf war ein kreisrundes Symbol zu sehen, dass eine Sonne, ein Schwert, ein Kreuz, einen Blitz und eine Sichel miteinander verband. Darüber stand in großen geschnitzten Buchstaben: Tempel der Gottfamilie .
    »Es ist gut geworden, oder?«, fragte sie Schmutzigbraun, der sich zu ihr gesellt hatte.
    »Ein großer Apfel wäre auch schön gewesen«, gestand der Gnom. »Aber so geht es auch. In zwei Tagen ist die erste Messe. Was willst du den anderen Dürrzwergen erzählen, wenn sie kommen?«
    Oda betrachtete die drei dicken Bücher in ihrer Hand. Dann schlug sie von dem obersten den Einband auf.
    »Ich werde ihnen eine Geschichte von den Weißrindenbäumen vorlesen«, sagte sie zufrieden und lächelte.
    Rubinia stand am Herd und rührte gedankenverloren in einem Topf Kohlsuppe.
    »Ich habe dir noch gar nicht dafür gedankt, dass du mich in dein Haus aufgenommen hast, Gunder«, sagte sie zu ihrem Bruder, der am Fenster stand und den Kindern zusah, wie sie im Schnee herumtobten.
    »Du gehörst zur Familie«, sagte er. »Hier ist dein Platz, solange du möchtest. Eine Frau im Haus ist auch ganz gut für die Kinder.«
    Rubinia legte den Löffel beiseite und gesellte sich zu Gunder. Gemeinsam schauten sie dem fröhlichen Treiben auf dem verschneiten Marktplatz zu. Rubinia betrachtete abschätzend den Stumpf der alten Eiche neben dem Brunnen. Der Baum hatte, solange sie denken konnte, als Wahrzeichen für das Dorf gestanden. Dann betrachtete sie das zierliche Bäumchen auf der anderen Seite des Brunnens.
    »Warum habt ihr euch dazu entschlossen, einen Apfelbaum zu pflanzen?«, fragte sie neugierig.
    »Die Eiche war zwar majestätisch«, sagte Gunder, »aber sie trug eben nur Eicheln. Wenn der neue Baum erst einmal groß ist, wird er tolle saftige Äpfel tragen. Die werden wir im Herbst pflücken und daraus Bratäpfel mit Zimt und Vanillesoße machen und zu einem Dorffest einladen. Das wird großartig.«
    Rubinia lachte. »Die Blaubeers sind doch alle gleich.«
    Dann wurde ihr Gesicht wieder ernst. »Wie hast du es eigentlich geschafft, die anderen Mitglieder des Rates davon zu überzeugen, dass ich wieder ein Teil der Dorfgemeinschaft werde?«
    »Das hast du ganz allein geschafft, Rubinia.«
    »Jetzt sag nicht, sie waren beeindruckt von meinen Führungsqualitäten«, schnaubte sie.
    »Mitnichten, liebe Schwester«,
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