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Der Dreissigjaehrige Krieg

Der Dreissigjaehrige Krieg

Titel: Der Dreissigjaehrige Krieg
Autoren: Dietmar Pieper Johannes Saltzwedel
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Möglichkeiten zur Unkenntlichkeit verstümmelt – von internationalen Organisationen, von weltweit agierenden Konzernen, aber auch von einer Menschenrechtsphilosophie, die ein Eingreifen von außen bei schweren Verstößen wie Völkermord oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht nur toleriert, sondern beinahe einfordert.
    Nato-Bomber über Tripolis oder der Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Sudans Präsidenten Omar al-Baschir wegen der Metzeleien in Darfur: Das sind Nachrichten, die für ein Ende des Westfälischen Systems zu sprechen scheinen. Herfried Münkler indessen meint, Westfalen sei durchaus noch intakt, habe sich aber »gehäutet«. Zu großen Uno-Gipfeln treffen sich bis heute die Staats- und Regierungschefs der Staaten.
    Die Welt habe allerdings erkennen müssen, dass das System von Münster und Osnabrück nicht ohne weiteres globalisierbar sei, sagt Münkler. »Dieses Ordnungsmodell fordert zu viele Dinge, die nur in Europa gegeben waren.« So ließen sich zum Beispiel Religionskonflikte, etwa in Indien, schwerlich lösen, indem eine religiöse Gruppe bei Problemen das Territorium einer anderen Gruppe einfach verlässt. Dafür seien die Menschenmengen schlicht zu groß.
    Was also bleibt vom Westfälischen Frieden? Für Albert Camus konnte nur eine »endgültige Niederlage« die Kriege dieser Welt beenden, sie mache »noch aus dem Frieden ein unheilbares Leiden«. So dramatisch ist es nach dem Dreißigjährigen Krieg nicht gekommen, wohl auch wegen der wegweisenden Polit-Architekten von Münster und Osnabrück. Allen möglichen historischen Unzulänglichkeiten zum Trotz sagt Münkler deswegen: »Chapeau vor den Leuten, die das gemacht haben. Immerhin reden wir heute noch darüber.«

LIEDER GEGEN DAS LEIDEN
    Vor dem Hintergrund der erlittenen Schrecken dichtete
der evangelische Pfarrer Paul Gerhardt Gesänge, die den Christen
in aller Welt bis heute Trost und Hoffnung geben.
    Von
    Michael Sontheimer
    V or der Pfarrkirche St. Moritz in Mittenwalde steht er: lange Haare, Schnurrbart, ein wenig an einen Musketier erinnernd, mit umgehängtem Talar, in Bronze gegossen: Paul Gerhardt, der Pfarrer und große Dichter christlicher Lieder. Hier in Mittenwalde südlich von Berlin schrieb er »O Haupt voll Blut und Wunden«, das Johann Sebastian Bach in der Matthäus-Passion unsterblich machte. »Gerhardts Lieder werden noch immer sehr gerne gesungen«, berichtet Pfarrer Christoph Kurz – Schnurrbart, Berliner Akzent – in der imposanten, aus Feldstein und Backstein errichteten Kirche. 26 seiner Lieder finden sich im Evangelischen Gesangbuch, aber auch sechs im katholischen Gotteslob. »Die Texte Gerhardts sprechen die Menschen an«, sagt Kurz. »Sie strahlen Glauben, Zuversicht und Gottvertrauen aus.« In jedem Fall sind seine Verse gewöhnlich von schlichter Frömmigkeit, in eine klare Sprache gefasst und mit Leichtigkeit gereimt.
    Wer regelmäßig in die Kirche geht, kennt Gerhardts Lieder und hat sie meist über die Jahre lieben gelernt. Aber auch wer nur zu Weihnachten den Gottesdienst besucht, kommt schwer an ihm vorbei, wenn das Lied ertönt: »Ich steh an deiner Krippen hier, o Jesu, du mein Leben.« Nicht nur die Deutschen kennen diesen Text gut; dank der Ausbreitung des Luthertums erklingen Paul Gerhardts Verse in vielen Übersetzungen rund um den Erdball, bei den Inuit auf Labrador wie bei den Tamilen auf Sri Lanka.
    Gerhardt war erst elf Jahre alt, als der Dreißigjährige Krieg über Deutschland hereinbrach, das Morden und Sengen, das Schänden und Schlachten. Der Tod war ein ständiger Begleiter in der Zeit des Dichters, der am 12. März 1607 in Gräfenhainichen zwischen Wittenberg und Bitterfeld geboren wurde; als Sohn eines Gastwirts mit Brauerei, der es zum Bürgermeister brachte. Den Vater verlor Gerhardt, als er zwölf war, die Mutter zwei Jahre später. Immerhin ermöglichte das Vermögen der Familie es ihm, die Fürstenschule in Grimma zu besuchen, eine Eliteanstalt, in der er Latein lernte. Mit 20 Jahren konnte er in Wittenberg, der Stadt Martin Luthers, das Studium der Theologie aufnehmen, für das er mehr als 15 Jahre benötigte.
    Dabei bummelte Gerhardt keineswegs. Nur eigneten sich die Zeitläufte denkbar schlecht für Studien: So brannten schwedische Truppen im April 1637 Gräfenhainichen fast vollständig nieder. Noch im selben Jahr raffte die Pest in Gerhardts Heimatstädtchen mehrere hundert Menschen dahin, darunter auch seinen Bruder Christian und dessen
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