Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Doge, sein Henker und Ich

Der Doge, sein Henker und Ich

Titel: Der Doge, sein Henker und Ich
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Grauen hatte sich verdoppelt. Pietro wußte nicht, was er machen sollte, er sah die beiden nicht, dafür spürte er sie.
    Auch als Leichenwärter besaß er eine gewisse Sensibilität. Und die drang durch. Die beiden waren Feinde, genossen den Schutz der Dunkelheit. Vielleicht konnten sie sogar sehen, im Gegensatz zu ihm. Das wollte Pietro genau wissen.
    Er hatte vor, sich zur Seite zu rollen und aufzustehen, aber sein Vorhaben wurde bereits im Ansatz gestoppt.
    Etwas senkte sich im Dunkeln auf ihn nieder und berührte seine Brust. Es war nicht nur schwer, auch spitz und drang tatsächlich durch seine Kleidung.
    Lombardi wagte nicht, sich zu rühren. Auf seinem Körper lag eine eisige Kälte, denn der spitze Gegenstand, der ihn berührte, bewegte sich plötzlich weiter und zerschnitt seine Kleidung.
    Das mußte ein Messer sein oder etwas Ähnliches… Der Kittelstoff war bereits durchschnitten. Darunter trug Pietro einen dünnen Pullover, dessen Material auch keinen Widerstand entgegensetzte, so daß die Spitze sehr bald die Haut auf der Brust berührte und dort für einen Moment verharrte.
    Lombardi lag unbeweglich auf der Stelle. Trotz der Starre tobte in seinem Innern eine Hölle. Das Blut rauschte durch seine Adern, es hämmerte hinter der Schädeldecke. Urplötzlich kam ihm der Gedanke an den Tod.
    Ja, er konnte sterben!
    Bisher hatte er daran nicht gedacht, aber in diesem Augenblick war alles anders. Mit dem Gedanken an ein Ableben hatte er sich zuvor nicht befaßt. Es waren immer nur die andern tot, jetzt konnte es auch ihn erwischen. Pötzlich spürte er den beißenden, ziehenden Schmerz, der seine obere Körperhälfte durchzuckte. Sein Hirn war für einen Moment leer, bis ihm der Gedanke kam, daß dies der Schmerz kurz vor dem Tod sein konnte. So war es, wenn jemand ermordet wurde.
    Aber er starb nicht…
    Nur der Schmerz blieb, obwohl sich seine Lage veränderte. Zwar konzentrierte er sich auch weiterhin auf die Brust, aber er wanderte über den Brustkasten hinweg, als würde die Messerspitze etwas in seinen Körper hineinritzen.
    Vielleicht ein Zeichen oder ein Sigill!
    Siedendheiß fiel ihm ein, was er bei den Toten gesehen hatte. Ein G und ein C.
    Das war ihm ein Rätsel gewesen, aber wenn er sich konzentrierte und den Schmerz überwand, fand er heraus, daß die Messerspitze etwas auf seine Brust zeichnete.
    Ein G und ein C!
    Auch er sollte zu den Gezeichneten gehören und wahrscheinlich danach getötet werden.
    Pietro konzentrierte sich darauf. Manchmal hatte er das Gefühl, schreien zu müssen, nur mühsam beherrschte er sich. Sekunden verlängerten sich zu kleinen Ewigkeiten. Lombardi bekam den Eindruck, daß der Unbekannte sich bewußt Zeit nahm, um ihn zu quälen. Tränen traten in seine Augen. Er atmete durch den offenen Mund, spürte im Hals die Trockenheit, die den Speichel verdrängt hatte.
    Im Magen lag ein dicker Stein, und der wurde noch größer. Plötzlich war es vorbei.
    Pietro hatte nicht mitbekommen, daß der im Dunklen lauernde Gegner seine Waffe zur Seite genommen hatte, es war einfach zu rasch gegangen, zudem blieb auch der Schmerz bestehen. Er vertiefte sich sogar noch, und auch das Zeichen würde bleiben.
    Wie bei den drei Toten…
    Pietro Lombardi weinte still. Er spürte die Nässe auf seinen Wangen, rührte sich nicht und blieb auch dann liegen, als sich die Unbekannten bewegten.
    Er vernahm ihre Schritte. Erst härter, dann schleifend und dabei immer leiser werdend. Sie näherten sich der Tür, die nun aufgezogen wurde, so daß Licht aus dem Gang in die Leichenkammer fiel.
    Wieder zeichnete sich ein helles Rechteck auf dem Boden ab. Es nahm an Größe zu, als die Tür weiter aufgezogen wurde, und die beiden Gestalten in diese Figur hineingerieten.
    Zwei mächtige Körper. Einer davon wesentlich breiter als der rechts neben ihm gehende. Dafür war dieser Mann hochgewachsen, und von seinem Gesicht ging ein goldenes Schimmern aus.
    Die beiden drehten sich nicht einmal mehr um. Sie drückten die Tür wieder zurück, doch nicht so stark, als daß sie ins Schloß gefallen wäre. Spaltbreit blieb sie offen.
    Pietro Lombardi blieb zurück. Er konnte es nicht fassen, daß man ihn am Leben gelassen hatte. Der Schmerz auf der Brust breitete sich wellenförmig aus, im Rücken spürte er die Kälte der Steine, die allmählich in seinen Körper drang.
    Heiß und kalt - wie im Fieber…
    Aber er lebte!
    Ich lebe! Er sagte es sich immer wieder. Es schoß hoch wie eine Flamme. Gott, ich bin am
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher