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Der Doge, sein Henker und Ich

Der Doge, sein Henker und Ich

Titel: Der Doge, sein Henker und Ich
Autoren: Jason Dark
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Silberdolch! Jane Collins erkannte ihn sofort…
    ***
    Ich hatte keine andere Möglichkeit gesehen und hoffte, daß es der Dolch, im Gegensatz zu einer geweihten Silberkugel, schaffen würde, den Dogen zu zerstören. Er war es einfach nicht wert, weiterleben zu dürfen.
    Mein Wurf war bestens gewesen, ich hatte ihn zwischen den Schulterblättern erwischt und bekam beim Näherlaufen mit, wie seine Reaktionen sich verlangsamten.
    Noch hielt er den goldenen Dolch fest, aber er wurde ihm zu schwer. Langsam drehte er sich um. Ich blieb stehen. Das Kreuz hielt ich in der Hand. Zum erstenmal sah ich Giancarlo Cabrisi, der so viele Menschen zu seiner Zeit den Tod gebracht hatte, von vorn.
    Sein Gesicht war durch eine Maske verdeckt. Ich sah nur die Augen, den Mund und einen Teil der Nase.
    Er nickte mir zu. Es geschah unfreiwillig, ebenso wie die nächste Geste, als er den Dolch fallen ließ. Er rutschte ihm einfach aus der Hand und blieb zwischen uns liegen.
    Noch steckte mein Silberdolch in seinem Körper und breitete seine weißmagische Kraft aus.
    Der Doge schüttelte sich. Er hob seine Arme an, spreizte die Finger und griff seitlich an seinen Kopf, wo die Maske befestigt war. Dort faßte er hart zu und zog die goldene Maske von seinem Gesicht weg. Dies geschah so ruckartig, daß ich selbst darüber erschrak. Ich starrte in sein Gesicht!
    War es noch ein Gesicht?
    Ja und nein. Augen, und und Nase standen in einem völlig normalen Verhältnis zueinander. Aber was sich dazwischen tat, war einfach furchtbar. Die Haut bewegte sich. Zuerst dachte ich an ein Zucken, bis ich die schlimme Wahrheit erkannte.
    Das Gesicht des Dogen setzte sich aus einer sich bewegenden Masse von unzähligen Würmern zusammen. Graues, widerliches Getier, das nun freie Bahn bekommen hatte und sich regelrecht in den Körper hineinfraß. Ein Kopf, der aus alten Würmern bestand und dennoch gelebt hatte. So etwas konnte nur die Hölle produzieren.
    Das Ende des Dogen nahte. Er hielt seine Arme noch immer hoch, hatte sie dabei angewinkelt und stieß plötzlich seine zehn Finger in das zuckende Gewürm.
    Er drängte sie hinein, als wären es Haare, wühlte sie auf, und ich sah, wie das Zeug über seine Hände rann, gleichzeitig auch verdorrte. Zugleich verschwanden die Gesichtsmerkmale. Augen, Nase und Mund wurden zu einer einzigen klumpigen Masse, in die das Gewürm hineindrang.
    Dann fiel er.
    Giancarlo Cabrisi kippte einfach weg. Ich hörte ihn am Boden aufschlagen und vernahm einen klatschenden, dumpf klingenden Laut. Seine Füße zuckten noch einmal vor, dann lagen auch sie still, wie der gesamte Körper.
    Ich half Jane Collins auf die Beine, die sich zitternd an mich klammerte und den Kopf schüttelte. »Das war furchtbar, John. Ich habe schreckliche Ängste durchgestanden.«
    »Das glaube ich dir.«
    Jane trat an den Dogen heran, während ich meinen Lampenstrahl auf ihn richtete. »Grau«, flüsterte sie. »Grau wie Blei und auch pulvrig.«
    »Er zerfällt.«
    Sie schaute zu mir hoch. »Was ist mit dem Henker Turrio?«
    »Es gibt ihn nicht mehr.« Ich deutete zu den Arkaden hinüber. »Dort habe ich ihn erledigt.«
    Plötzlich schlug Jane gegen ihre Stirn. »Mein Gott, Renate Gehrmann«, sagte sie. »Dieser Torri hat sie… er hat sie… ich glaube, sie ist tot, John…«
    Ich ging zu der leblosen Gestalt.
    Die Kugel hatte sie im Leib erwischt und in der Kleidung ein Loch hinterlassen, dessen Innenränder einen Blutrand zeigten. Die Frau sah tatsächlich aus, als wäre sie gestorben, doch sie atmete noch.
    Konnten wir sie retten?
    Ich schnellte hoch. »Wir brauchen einen Arzt und müssen die Polizei benachrichtigen. Übernimm du das, Jane.« Ich sagte ihr noch, wo sie den Ausgang finden konnte.
    Dann rannte sie weg.
    Ich kümmerte mich um Torri. Er lag auf dem Rücken, seine Augen standen offen, es war Leben in ihm, doch aus dem rechten Mundwinkel sickerte ein feiner Blutstreifen.
    Der Commissario erkannte mich sogar. Noch einmal klärte sich sein Blick. »Verdammt, Sinclair, eines verspreche ich dir. In der Hölle sehen wir uns wieder. Beim Teufel, er wartet auf uns, er…« Seine Stimme verstummte, der Blick brach. Toni war tot.
    Ich drückte ihm die Augen zu, stand auf und setzte mich auf eine Treppenstufe. Vielleicht träumten viele Kunstfreunde davon, einmal mutterseelenallein im Innenhof des Dogenpalastes zu sitzen. Das gönnte ich ihnen auch, aber unter anderen Umständen, als es bei mir der Fall gewesen war…
    ***
    Torris Tod brachte
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