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Der Consul

Der Consul

Titel: Der Consul
Autoren: Christian Ditfurth
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Senatspräsident.«
    Der Senatspräsident fragte nicht weiter, auch Voß verzichtete. Nun begann Merkel. Rübezahl berichtete Schmeichelhaftes über mich aus dem Krieg. Im Gesicht des Senatspräsidenten las ich Anerkennung. Bald drehte sich Merkel um zu mir und zuckte mit den Achseln.
    »Ich habe auch noch ein paar Fragen«, sagte ich. »Herr Major, die Reichswehr ist ja nun der Gewinner des Bürgerkriegs. Können Sie sich vorstellen, dass sie an seinem Ausbruch beteiligt war?«
    »Das ist undenkbar«, sagte Rübezahl.
    »Ist es richtig, dass die Reichswehr zusammenarbeitet mit dem Kapitän Ehrhardt, dem Chef der Organisation Consul, die sich heute Wikingbund nennt?«
    »Davon weiß ich nichts. Ich kenne diesen Kapitän Ehrhardt nur aus der Zeitung, habe von seiner Marinebrigade gelesen.«
    »Aber es ist doch allgemein bekannt, dass Reichswehrstellen im Hessischen, wo die OC einen Schwerpunkt hat, Informationen mit Ehrhardt-Leuten ausgetauscht haben.«
    »Das mag sein, aber in meiner Dienststelle spielt diese OC keine Rolle.«
    Meine Hoffnung schwand. »Trauen Sie mir einen Mord zu?«
    »Du hast Menschen getötet, aber nicht ermordet. Einen Mord traue ich dir nicht zu, Stefan.«
    Voß warf ein: »Das ist zwar rührend, aber es gehört nicht in diesen Prozess, Angeklagter.«
    »Da muss ich dem Herrn Oberreichsanwalt aber recht geben«, sagte der Senatspräsident.
    Ich schaute Rübezahl in die Augen und wusste, dass er log. Er hob die Augenbrauen, als wollte er sagen, ich kann nicht anders.
    »Ich beantrage, den Zeugen Walter Berg aufzurufen. Er befindet sich ebenfalls unter den Zuschauern.«
    »Was soll denn das schon wieder? Wollen Sie nun alle Zuschauer als Zeugen aufrufen?« rief Voß.
    »Herr Berg wird berichten können, ob die Kommunistische Partei die Absicht hatte, Führer der NSDAP umzubringen.«
    »In welcher Eigenschaft?« fragte der Senatspräsident.
    »Als ehemaliger Funktionär der KPD und heutiger Beauftragter der sowjetrussischen Regierung.«
    »Und was hat das mit der Anklage zu tun?«
    »Ich habe bereits versucht, es Ihnen zu verdeutlichen, Herr Oberreichsanwalt. Die Herren, die Hitler und die anderen ermordet haben, wollen mich beseitigen, weil ich die Täter kenne. Wenn ich beweisen kann, dass die der Morde an Hitler und den anderen Naziführern Beschuldigten die Taten nicht ausgeführt haben, wirft dies ein eindeutiges Licht auf das Verfahren gegen mich.«
    Der Oberreichsanwalt stand auf, setzte sich wieder und schnaubte.
    »Die Wahrheit läuft manchmal um die Ecke. Am Anfang steht die Frage, wer Hitler und Kameraden ermordet hat. War es nicht die Kommune, dann wird das Gericht sich fragen müssen, ob ich mit meiner Auffassung tatsächlich danebenliege. Wenn also Engert ein Mörder ist, dann stützt dieser Umstand meine Aussagen stärker als alle sogenannten Beweise, einschließlich jener, die aus durchsichtigen Gründen nicht mehr auffindbar sind. Den Olendorff-Mord habe ich nicht begangen, er lässt sich nicht mal mit den derzeit üblichen Methoden von Polizei und Oberreichsanwalt beweisen. Was bleibt, ist, dass Engert ein Mörder war, der auch mich umbringen wollte und gegen den ich mich wehren musste. Wenn die KPD die Morde befohlen hat, kann Engert kein Mörder sein. Das wäre schlecht für mich. Wenn die KPD oder die Kommunistische Internationale die Morde nicht befohlen hat, stürzt eine Grundannahme der Ermittlungsbehörden in sich zusammen.«
    »Das ist an den Haaren herbeigezogen«, sagte Voß. »Ich protestiere.«
    »Das kann ich schon verstehen, Herr Oberreichsanwalt. Aber ich habe dem Angeklagten am Anfang unseres Verfahrens einen Spielraum zugestanden, natürlich im Rahmen der Strafprozessordnung, aber den überschreiten wir hier nicht. Herr Berg, darf ich bitten.«
    Walter Berg kam mit festem Schritt nach vorn. Bei der Angabe der Personalien bezeichnete er sich als Bürger der Sowjetunion.
    Der Senatspräsident konzentrierte sich, dann fragte er: »Können Sie uns erklären, woher das Wissen stammt, das Sie uns vortragen wollen?«
    »Aus meiner Kenntnis der KPD, der Kommunistischen Internationale und der Sowjetregierung.«
    »In welcher Eigenschaft befinden Sie sich in Deutschland?«
    »Als Sonderbotschafter der sowjetischen Regierung.«
    Voß starrte auf seinen Aktenstapel. Seine Lage war heikel. Berg verhandelte mit der Reichsregierung, genoss diplomatische Immunität. Ich war gespannt, ob er Berg befragen würde.
    »Sie sollen hier aussagen, ob die KPD Morde in Auftrag gegeben
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