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Der Colibri-Effekt

Der Colibri-Effekt

Titel: Der Colibri-Effekt
Autoren: Helmut Vorndran
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hast
ja gar keine Vorstellung davon, was wir für ein talentiertes Schwein haben«,
sagte Haderlein euphorisch und griff sich seine Jacke und das Metallstück. »Ich
muss noch mal weg. Kann aber eine Weile dauern. Und in der Zwischenzeit
kümmerst du dich bitte um unser rosa Wunderkind und gibst ihr so ziemlich
alles, worauf sie steht. Das hat sie sich nämlich wahrlich verdient.« Mit dieser
kryptischen Ansage ließ er eine verwirrte Frau und ein extrem erleichtertes
Ferkel zurück.
    Herr und
Frau Biber waren schlicht empört. Auf dem Gartengrundstück vom Baron von
Rotenhenne war erneut schweres Gerät positioniert worden. Zu den Scheinwerfern
gesellten sich nun auch ein Fahrzeug der Bundeswehr und ein großer Kran, der
auf einem Lastwagen montiert war. Natürlich fand alles mitten in der Nacht
statt, und dabei waren sie sich so sicher gewesen, den Lärm und Trubel endlich
überstanden zu haben. Nervös saßen sie am gegenüberliegenden Ufer und
betrachteten aus sicherer Entfernung den geballten Aufmarsch der menschlichen
Heerscharen samt ihrer Maschinen.
    Haderlein
stand mit zwei Spezialisten des Bombenräumkommandos aus Nürnberg am Rande des
von den Bibern aufgestauten Sees und schaltete einen Suchscheinwerfer an, der
sich auf einem Schwenkarm über sie hinweg in die Luft hob und von dort
senkrecht den Bibersee beleuchtete. Sie mussten nur wenige Meter in Richtung
Seemitte waten, dann konnten sie es sehen. Direkt vor ihnen glitzerte und
schillerte es in etwa fünfzig Zentimeter Wassertiefe in allen vorstellbaren
Farben.
    »Das ist
er, der Colibri-Effekt. Schrecklich schön«, meinte Haderlein nachdenklich.
    »Und
zudem clever gelöst«, sagte einer der Bombenspezialisten. »Das Plutonium in dem
Torpedo muss permanent gekühlt werden, und wegen der Biber würde ansonsten hier
niemand suchen.«
    »Und wie
sind Sie jetzt darauf gekommen?«, fragte Gregor Zobel, der nun auch zu ihnen
stieß und sich neben sie ins Wasser stellte.
    »Durch
ein kleines, überaus empfindsames Schweinchen«, erklärte Haderlein seinen
verdutzten Zuhörern. »Erst dachte ich, Riemenschneider hätte eine panische
Angst vor Bibern, aber tatsächlich hat sie nur das Plutonium und die Strahlung
gespürt. Deswegen wurde sie so panisch und wollte nur noch weg von hier.«
    »Jetzt
hören Sie aber auf«, sagte Zobel ungläubig. »Die Strahlung des Torpedokopfes
ist so gering, dass die exotische Lackierung schon ausreicht, um keine
Radioaktivität durchzulassen. Und dann war da noch ein halber Meter Wasser der
Baunach drüber, nichts und niemand auf dieser Welt hätte da etwas messen,
geschweige denn spüren können.«
    Doch
Franz Haderlein zuckte nur lächelnd mit den Schultern, wandte sich um und
beobachtete weiterhin die Spezialisten bei ihrer heiklen Aufgabe, einen
Atomtorpedo zu bergen.

Epilog
    Der
Leiter der norwegischen Forschungsstation Herwighamna staunte nicht schlecht,
als er wie immer um neun Uhr morgens die Daten der Messgeräte auf dem kleinen
aufgeschütteten Hügel ablesen wollte. Jonas Haake war es gewöhnt, die größte
Zeit als Wissenschaftler allein zu verbringen. Nur ab und zu kam ein Schiff
oder Hubschrauber der Küstenwache vorbei, um am Nordende der Bäreninsel, im
Bezirk Svalbard, nach dem Rechten zu sehen.
    Aber heute
schienen sich die Geschehnisse zu überschlagen. Erst war außerplanmäßig ein
Hubschrauber der Küstenwache gelandet, der die Aufgabe hatte, die Insel nach
deutschen Verbrechern abzusuchen. Die beiden Piloten hatten ihm von dem Gerücht
erzählt, jemand habe versucht die beiden Torpedos der »Komsomolez« zu stehlen,
die seit Jahrzehnten vor der Bäreninsel auf Grund lag. Und jetzt, um neun Uhr
morgens, während die Piloten in der Forschungsstation einen warmen Tee
schlürften, kam jemand von Süden her durch die Ebene auf sie zugestolpert. Er
musste zwei Mal hinschauen, um zu glauben, was er da sah. Ganz eindeutig war
die Person eine Frau mit noch eindeutigeren Schwierigkeiten, sich aufrecht zu
halten.
    Jonas
Haake ließ alles liegen und stehen und rannte auf die Frau zu, die ihm
erschöpft und völlig unterkühlt in die Arme fiel. Sie stammelte kaum
verständlich, sie sei die knapp zwanzig Kilometer von der Südspitze bis hierher
barfuß und im T-Shirt gelaufen. Zudem hatte sie eine stark blutende Wunde an
der Hüfte. Er musste sie stützen, damit sie die wenigen Meter bis zur Station
überhaupt noch schaffte. In der Küche der Forschungseinrichtung klappte sie
einfach zusammen.
    Die
beiden Piloten
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