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Der Colibri-Effekt

Der Colibri-Effekt

Titel: Der Colibri-Effekt
Autoren: Helmut Vorndran
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wegfallen, das diese Schlampen immer aufführten, wenn man zur
Sache kam.
    Mit der
linken Hand griff er seinem Opfer in die Haare und zog den Kopf nach hinten. Er
lächelte der soeben Erwachenden breit zu, dann versenkte er die Injektionsnadel
tief in den Muskel ihres linken Oberarmes.
    Genau in
diesem Moment flog die provisorisch reparierte Haustür der Loffelder Mühle
krachend aus ihren Angeln und in den kahlen Flur hinein. Kiesler fuhr auf der
Stelle herum, ließ allerdings nicht die Spritze los. Zwei Männer standen vor
ihm in dem kleinen Wohnzimmer. Einer der beiden musste der Bulle sein, dessen
Handy er im Garten des Barons gefunden hatte, den anderen würde er zeit seines
Lebens nicht mehr vergessen. Das Schwein hatte seinen Bruder getötet und ihm
ins Knie geschossen. Die Augen Kieslers suchten unauffällig nach seiner
Machete, die er aber außerhalb seiner Reichweite in einen alten Stützbalken des
Mühlenfachwerks gerammt hatte.
    »Bernd?«,
stöhnte Ute, als sie verschwommen seine Gesichtszüge wahrnahm. Sie lächelte, da
sie ihn erkannte, aber der Skin drückte den bläulichen Inhalt der Spritze
bereits in ihr Muskelgewebe. Lagerfeld wollte sich auf Kiesler stürzen, doch HG konnte ihn gerade noch zurückhalten.
    »Kümmere
dich um deine Freundin«, sagte er, dann ging er mit entschlossenen Schritten
auf Kiesler zu und sprang ihn aus dem Stand mit den Füßen voraus an. Der
Hammerskin wurde von der Wucht des Zusammenpralls gegen die Fachwerkwand der
Loffelder Mühle geschleudert, richtete sich aber sofort wieder auf.
    »Los,
Bernd!«, rief HG laut, während sich Kiesler eine
Eisenstange vom Boden gegriffen hatte. Lagerfeld lief zu Ute von Heesen, zog
ihr die Spritze aus dem Arm und ließ diese in seiner Jackentasche verschwinden.
Dann packte er die Lehne des Stuhls und zog die darauf sitzende Ute daran um
die Ecke in den Flur. Dort öffnete er die Klappe zur Kellertreppe und schleppte
seine schwere Fracht hinunter. Während er hören konnte, wie in ihrem
zukünftigen Wohnzimmer ein heftiger Kampf tobte, verschloss er den Zugang zum
Keller wieder. Ute ließ alles willenlos mit sich geschehen. »Was geht hier vor,
Bernd?«, fragte sie leicht benommen, als sie im düsteren Licht der verdreckten
Glühbirne im Keller abgesetzt wurde. »Wieso hast du mich gefesselt? Binde mich
sofort los, Bernd, das ist nicht witzig.« Sie flehte ihn halb ärgerlich, halb
stöhnend an.
    Lagerfeld
sah, dass ihre linke Gesichtshälfte angeschwollen war und blutete. Kiesler
musste sie heftig geschlagen haben. Doch der Kommissar hatte keine Zeit, wütend
zu werden. Wenn Ute überhaupt eine Chance haben wollte, musste jetzt alles sehr
schnell gehen. Er holte Kieslers Spritze mit der blau schimmernden Droge
heraus. Etwa ein Drittel der Flüssigkeit war noch übrig. Er drückte den Rest
heraus, dann zog er den Plastikstempel nach hinten und schleuderte den nun
hohlen Spritzenkorpus drei Mal im Kreis, sodass auch die letzten Reste Deep
Blue durch die Fliehkraft herausgetrieben wurden. Anschließend steckte er den
Stempel wieder in den Korpus und holte aus seiner anderen Jackentasche ein
kleines Glasfläschchen. Es war nur halb gefüllt, aber die Menge musste einfach
reichen. Es war der Rest vom Rezoanilin, das er HG im Flugzeug abgenommen hatte. Mit der Injektionsnadel durchstach er die
Gummidichtung des Fläschchens, zog den Inhalt in die Kanüle der Spritze, hielt
diese anschließend nach oben und drückte die Luft heraus. Ein kleiner Tropfen
erschien am oberen Ende der Nadel. Es war so weit. Er musste Ute das Mittel
intravenös verabreichen, das hatte er an HG s
Beispiel gesehen. Ute versuchte zwar sich zu wehren, aber er presste sein Knie
auf ihren ausgestreckten Arm und suchte in ihrer Armbeuge. Es war schon eine
Weile her, seit er so etwas bei seiner Erste-Hilfe-Ausbildung gemacht hatte,
aber er traf die Vene. Langsam beförderte er das Rezoanilin in Utes
Blutkreislauf. Während sich der Stempel der Spritze nach unten bewegte,
bemerkte er, dass der heftige Lärm über ihm plötzlich verstummt war und etwas
Schweres auf die Klappe fiel. Aber darum würde er sich später kümmern. Jetzt
holte er Haderleins Autoschlüssel hervor, der mit noch anderen an einem Bund
hing, und zerschnitt in mühseliger Kleinarbeit mit dem Haustürschlüssel des
Hauptkommissars das Paketband. Dann hob er Ute von ihrem Stuhl und legte sie
auf das alte Sofa. Sie hatte ein seliges Lächeln im Gesicht.
    »Ich bin
glücklich, mir geht es gut«, sagte sie.
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