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Der Colibri-Effekt

Der Colibri-Effekt

Titel: Der Colibri-Effekt
Autoren: Helmut Vorndran
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Gegenmittel
wirkte, trotzdem startete er den Helikopter und flog zurück Richtung Bergen.
    Doch er
hatte die Scharfschützen hinter dem Leuchtturm übersehen. Die beiden hirnlosen
Elchjäger schossen ihm ein Loch in den Tank. Es war zwar nur klein, aber
trotzdem verlor er so viel von seinem Treibstoff, dass er es nie und nimmer bis
nach Bergen schaffen würde. Alles vor seinen Augen begann zu verschwimmen. Mit
dem letzten Rest seiner Koordinationsfähigkeit wollte er in einem Waldstück
landen. Das Letzte, woran er sich noch erinnerte, waren die sehr schnell näher
kommenden Baumwipfel, dann war da nichts mehr.
    Wieder
breitete sich betretenes Schweigen in der Bamberger Polizeidienststelle aus. Jeder
hatte einen Eindruck davon bekommen, was dieser Mann durchgemacht hatte. Auch
Haderlein war erschüttert, doch irgendwer musste dem armen HG ja auch noch beibringen, dass sowohl seine Schwester
als auch seine Mutter in der letzten Nacht von Moritz Kiesler brutal ermordet
worden waren.
    »Wo ist
der Gefechtskopf?«, fragte Zobel. »Wir müssen ihn sicherstellen, bevor Kiesler
ihn findet.« Mit der Antwort, die er bekam, hatte weder Zobel noch irgendjemand
anderes in diesem Raum gerechnet.
    »Ich habe
keine Ahnung«, sagte Jahn. »Der Baron wusste es, ich und Dietmar nicht. Wir
haben den Torpedo noch mit diesem Lack bestrichen, diesem ›Colibri-Effekt‹,
damit nichts von dem Plutonium in die Umwelt gelangt. Dietmar meinte, allein
der Metallanteil in der Metallic-Lackierung würde ausreichen, um die
radioaktive Strahlung des Plutoniums nicht durchzulassen. Als der Lack trocken
war, bat ich den Baron, den Gefechtskopf gut zu verstecken. Wenn die Skins mich
erwischt hätten, hätte ich irgendwann geredet. Also war es besser, nichts von
dem Versteck zu wissen.«
    Der
Baron. Ferdinand von Rotenhenne steckte also auch mit drin. Na super. Der Baron
lag im Koma und würde womöglich nie mehr aufwachen. Und selbst wenn doch, woran
würde er sich erinnern können? So nah vor dem Ziel und doch so weit davon
entfernt. Eine Atombombe, die irgendwo in der Nähe von Bamberg herumlag
und – wenn es dumm lief – hochgehen konnte.
    »Warum
hat Ihnen der Baron überhaupt geholfen, was ging ihn die ganze Sache an?«,
wollte Haderlein endlich wissen.
    »Der Baron
von Rotenhenne ist ein wahrer Gutmensch. Als ich nicht mehr weiterwusste, habe
ich mich ihm auf Anraten meiner Mutter hin anvertraut«, berichtete Jahn. »Wir
haben den Torpedokopf auf den Schlitten geladen, und der Baron ist damit dann
abgedampft. Einen Tag später hat er mir den Schlitten wiedergebracht, aber
keinen Ton darüber verloren, wo er den Sprengkopf deponiert hatte. Auf jeden
Fall war er sehr erbost über dieses ganze Nazi-Pack.«
    »Was ist
das hier eigentlich für ein Gerät in Ihrer Schachtel?«, wollte Huppendorfer
wissen und spielte mit einem Teil in der Größe einer Zigarettenschachtel herum.
    »Ein
Geigerzähler«, erwiderte HG , suchte etwas in
seiner Hosentasche, holte ein kleines Stück verrostetes Metall heraus und hielt
es an das eingeschaltete Gerät. Sofort war ein leises Ticken zu hören. Hielt er
das Metall allerdings nur wenige Millimeter von dem Geigerzähler entfernt, so
erstarb das Geräusch. HG steckte das Metallstück
wieder ein. »Die Strahlung des Plutoniums ist nicht so gefährlich wie befürchtet.
Sogar der Stoff meiner Hose hält das bisschen Strahlung ab. Der Abrieb ist da
schon gefährlicher, deswegen haben wir den Torpedokopf auch lackiert.«
    Haderlein
erhob sich. »Torpedo hin oder her«, sagte er, »zuallererst müssen wir Moritz
Kiesler finden, bevor er noch mehr Unheil anrichtet.«
    Aber
davor musste noch jemand HG die traurigen
Nachrichten von den Geschehnissen der letzten Nacht überbringen. Lagerfeld, der
bereits im Bilde war, nahm HG am Arm und zog ihn
hoch. »Komm mal mit, Alter, ich muss dir noch etwas sagen. Aber dafür gehen wir
lieber ins Büro vom Chef.« Er führte HG in den
Glaskasten, und Haderlein verschloss hinter den beiden die Tür. Hans Günther
Jahns seelischer Leidensweg war noch nicht zu Ende.
    Ute von
Heesen öffnete die Tür zur Baustelle. Sie war nicht abgeschlossen. Ihr
heimgekehrter Kommissar war also schon da. Ein Lächeln stahl sich in ihr
Gesicht. »Hallo, Bernd, ich bin’s!«, rief sie und knipste die spärliche
Baustellenbeleuchtung an. Wo war er denn, der Polizeischlingel, den sie so
vermisst hatte? Sie stellte ihre Handtasche ab und ging in das noch nicht
wirklich als solches zu erkennende
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