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Der Club der Gerechten

Der Club der Gerechten

Titel: Der Club der Gerechten
Autoren: John Saul
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wusste sie, dass es nicht so war – irgendwo vor ihr, irgendwo in weiter Ferne schimmerte ein schwaches Licht.
    Den Schmerz im linken Arm vergessend, die Rechte wieder schützend zur Faust geballt, rannte sie durch die Dunkelheit auf den tröstlichen Lichtschein zu. Ihre panische Angst war wie weggeblasen, und ihr Herz raste vor Erregung, während sie den Blick fest auf den Lichtschein richtete.
    Dann, so plötzlich, dass sie keine Zeit hatte, sich darauf vorzubereiten, traf ihr rechter Fuß nicht auf den Boden des Tunnels – er trat ins Nichts, trat in einen offenen Schacht. Sie knallte mit dem Gesicht auf den gegenüberliegenden Rand, und der Beton zerschmetterte ihr das Nasenbein. Schreiend vor Schmerz stürzte sie den Schacht hinunter und prallte mit dem Körper von den Wänden ab; ihre zerschnittene rechte Hand versuchte sich wie im Krampf irgendwo anzuklammern und ihren Sturz aufzuhalten.
    Gleich darauf fiel sie aus der Schacht-Öffnung, knallte mit dem Rücken auf den Betonboden und brach sich drei Wirbel.
    Wie betäubt blieb sie einen Moment liegen.
    Sie fühlte keinen Schmerz mehr.
    Und sie war nicht tot. Nicht tot und nicht einmal bewusstlos, denn sie konnte sehen – deutlich sehen – im Licht einer Lampe, die ein paar Meter entfernt in einem Metallkäfig von der Decke hing.
    Alles würde wieder gut werden.
    Sie blieb noch einen Augenblick liegen, um Atem zu schöpfen.
    Dann versuchte sie, sich aufzusetzen.
    Und stellte fest, dass sie sich nicht bewegen konnte.
    Sie konnte die Arme nicht bewegen, konnte die Beine nicht bewegen und nicht einmal den Kopf.
    Sie war gelähmt.
    Verzweifelt versuchte sie zu schreien, um Hilfe zu rufen, aber auch das konnte sie nicht mehr.
    Dann hörte sie etwas.
    Schritte.
    Langsame, schlurfende Schritte, aber unverkennbar Schritte.
    Jemand kam. Jemand, der ihr helfen würde. Hoffnung wallte wieder in ihr auf. Sie würde hier nicht sterben – sie würde wieder gesund werden.
    Die Schritte kamen immer näher, und dann sah sie über sich ein Gesicht.
    Ein Mann hockte neben ihr und betrachtete sie. Sein schmutziges Gesicht war mit Bartstoppeln bedeckt, die Augen blutunterlaufen. Er beugte sich weiter herunter, und als er den Mund öffnete, traf sie sein fauliger Atem wie eine Abwasserflut. Ihr Magen krampfte sich vor Übelkeit zusammen, und Erbrochenes quoll ihr aus dem Mund.
    Der Mann wich zurück, erhob sich schwankend, wischte sich mit dem schmutzigen Ärmel seines Mantels die Spritzer des Erbrochenen aus dem Gesicht und fluchte laut. Im nächsten Moment straffte er sich, hob das Bein und holte mit dem Fuß aus; sie fühlte, wie ihr Trommelfell platzte, als er mit der Stiefelspitze gegen ihr Ohr trat. Dann war er fort, schlurfte, vor sich hinmurmelnd, schwerfällig in die Dunkelheit hinein.
    Als sie sich bemühte, ihre Luftröhre von Erbrochenem zu befreien, sah Eve Harris die ersten Ratten heranhuschen, vom Geruch frischen Blutes aus ihren Schlupfwinkeln gelockt.
    Vom Geruch ihres Blutes.
    Vergeblich versuchte sie zu schreien.
    Doch selbst wenn es ihr möglich gewesen wäre, einen Laut von sich zu geben, es war niemand mehr da, der sie hören konnte.
     
    Sie gingen durch den U-Bahntunnel nach Norden. Jeff glaubte sicher zu wissen, wo sie waren – unter dem Broadway –, und was er suchte, musste direkt vor ihnen liegen. Und dann sah er es in der Ferne.
    Einen Streifen Licht, so dünn, dass man ihn kaum sah. Jeff ging schneller, fing an zu traben und dann zu laufen. Hinter sich hörte er Heathers und Jinx' und seines Vaters laute Schritte. Sie liefen zwischen den Schienen, und vor ihnen wurde der Lichtstreifen immer heller.
    Weit, weit vorn sah Jeff ein anderes Licht. Obwohl nur stecknadelkopfgroß wusste er, dass es ein Zug war, der auf sie zuraste.
    »Wir müssen runter vom Gleis!«, schrie Jinx.
    Doch wohin sollten sie? Es gab keine Nischen, in die sie sich retten konnten, nicht einmal Laufstege. Aber der Lichtstreifen war nur noch ein paar Dutzend Meter entfernt.
    »Macht schnell!«, schrie Jeff. »Wir können es schaffen!« Er lief schneller, rannte dem Zug direkt entgegen.
    Er hörte ihn jetzt, fühlte sogar den Luftschwall im Gesicht, den der Zug vor sich herschob.
    Die anderen waren dicht hinter ihm – und plötzlich sahen sie es.
    Ein Sperrholzbrett, das ein Loch in der Tunnelwand abdeckte, an der Außenseite des Tunnels so provisorisch befestigt, dass der Streifen Tageslicht jetzt deutlich zu sehen war.
    »Nein!«, schrie Heather, als ihr klar wurde, was er
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