Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Club der Gerechten

Der Club der Gerechten

Titel: Der Club der Gerechten
Autoren: John Saul
Vom Netzwerk:
innehalten ließ. Er starrte noch immer auf die leeren weißen Fliesen der Wand, als sein Sohn ihn am Arm zog.
    »Was ist los, Daddy?«, fragte er.
    Randys Stimme holte ihn aus der Vergangenheit zurück, und er sah den Kleinen lächelnd an. »Nichts«, versicherte er ihm, hob ihn schwungvoll auf den Arm und stieg mit ihm die Treppe hinauf. »Wirklich nichts – gar nichts.«
    Das ängstliche Gefühl, das ihn in der U-Bahn überkommen hatte, verflog im Tageslicht. Jeff stellte seinen Sohn auf den Boden, ließ aber seine Hand nicht los, als sie auf eine Verkehrslücke warteten.
    »Du hast gesagt, dass du direkt bei der U-Bahn gewohnt hast«, meinte Randy und betrachtete die Restaurants und Läden, die die Straße säumten.
    »Dort oben«, antwortete Jeff und zeigte auf das vertraute Fenster seines alten Apartments im Rückgebäude. »Siehst du das Backsteinhaus? Ich habe im dritten Stock gewohnt.«
    Ernst betrachtete Randy den schmutzigen Bau. »Ich mag unser Haus lieber«, sagte er.
    »Ich auch«, stimmte Jeff zu, als die Ampel Rot zeigte und sie die Straße überqueren konnten. »Ich mag es viel lieber.«
    Ein paar Minuten später erreichten sie den dritten Stock, und Randy, der die Frau erkannte, die in der offenen Wohnungstür stand, riss sich von seinem Vater los und lief auf sie zu.
    »Jinx!«, rief er und warf ihr, als sie ihn aufhob und auf die Stirn küsste, die Arme um den Hals.
    »Schau dich nur mal an! Fast erwachsen. Zu groß geworden für'n Lutscher, wie?«
    »Nein!«, quiekte Randy. Er wand und schlängelte sich auf den Boden zurück und sah seinen Vater an. »Darf ich einen haben?«, bat er.
    »Verrate es nur nicht deiner Mom«, sagte Jeff und zwinkerte dem Kleinen zu. Während Randy den Lutscher auspackte, den Jinx aus der Tasche ihres Sweatshirts geholt hatte, schaute Jeff sich im Apartment um. Obwohl der Zeichentisch nicht mehr da war, sah es unverkennbar nach Studentenbude aus. Die Poster an den Wänden waren andere, und in den Regalen aus Ziegelsteinen und Brettern, die er einst gebaut hatte, standen jetzt Jinx' Lehrbücher anstatt der seinen; doch die Farbe blätterte noch immer von den Wänden ab, auch die Vorhänge waren noch dieselben, und der Teppich kam ihm noch abgetretener vor als damals.
    »He, mag es auch noch so bescheiden sein, es gibt nichts Schöneres als ein Heim«, sagte Jinx grinsend, als lese sie seine Gedanken. »In zwei Jahren mache ich Examen, und dann ziehe ich hier aus.« Sie wurde ernst. »Ich hab es nicht so gemeint, wie's geklungen hat. Hättest du mich nicht hier einziehen lassen ...«
    »Hättest du eine andere Behausung gefunden«, unterbrach sie Jeff. »Du hättest bei Tillie bleiben können.«
    Jinx schüttelte den Kopf. »Ich liebe Tillie, aber wenn ich noch länger dort unten geblieben wäre ...«
    Ihre Stimme wurde schwächer und verstummte dann ganz. Beide erinnerten sich an die Räume unter den Straßen, wo Tillie noch immer für ihre Familie sorgte. Die meisten vertrauten Gesichter waren nicht mehr da. Robby war vor zwei Jahren an die Oberfläche gezogen, als die Eltern eines seiner Mitschüler erfuhren, wo er lebte, und ihm anboten, mit ihrem Sohn das Zimmer zu teilen. Erst nachdem sie Tillie und Jinx zum Abendessen eingeladen und die Situation besprochen hatten, war Robby damit einverstanden gewesen, es wieder an der Oberfläche zu versuchen; und das nur unter der Voraussetzung, dass er jederzeit zu Tillie zurückkehren konnte, wenn er wollte. Er besuchte Tillie noch wenigstens einmal wöchentlich, und sie tauchte alle paar Monate aus ihrer »WG« auf, um bei Robbys neuer Familie zu Abend zu essen. Aber am Ende des Abends freute sie sich immer auf die Tunnels. »Zu kompliziert hier oben«, behauptete sie. »Man muss an zu viele Dinge denken, sich zu viele Sorgen machen.«
    »Also?«, fragte Jeff den Kleinen, der an seinem Lutscher schleckte. »Sicher, dass du nicht hier einziehen willst?«
    Randy schüttelte den Kopf. »Zu hässlich«, verkündete er.
    »He! Ist das eine Art, über Jinx' Heim zu reden?«
    »Der Junge hat einen guten Geschmack«, erklärte Jinx. »Gehen wir zum Lunch. Ich hab heut Nachmittag zwei Vorlesungen, und dann muss ich arbeiten gehen.«
    »Machst du noch immer beide Jobs?«
    Jinx zuckte mit den Schultern. »So wie ich es sehe, habe ich so lange überhaupt keine Jobs gehabt, dass jetzt Nachholbedarf besteht. Wenn ich Examen mache, werde ich vermutlich den Ausgleich geschafft haben, dann kann ich mich auf einen Job beschränken. Und der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher