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Der Club der Gerechten

Der Club der Gerechten

Titel: Der Club der Gerechten
Autoren: John Saul
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zwei Tage später fing es an zu schneien, und in den Tunnels war es warm.
    Nun ja, wenigstens nicht eisig kalt.
    Wenn man vorsichtig war, konnte man die Männertoilette bei der Oyster Bar um die Ecke benutzen, falls man nicht zu lange blieb und die Transit Cops nicht allzu schlecht gelaunt waren. Aber nachdem er gerade noch davongekommen war, als sie Big Ted schnappten, verbrachte er mehr Zeit in den Tunnels als draußen.
    Er gewöhnte sich daran. Es war nicht annähernd so dunkel, wie es anfangs schien, und es gab auch mehr Licht als er gedacht hatte. Nach einer Weile gewöhnte er sich sogar an den Lärm. »Wie das sanfte Rollen der Meeresbrandung«, hatte Annie Thompson in ihrem leicht näselnden Tonfall gesagt, den auch zwei Jahre in den Straßen New Yorks nicht härter gemacht hatten. »Es schläfert dich ein, als würdest du bei Hilton Head am Strand liegen.« Er glaubte nicht, dass sie je in Hilton Head gelebt hatte, aber wahrscheinlich hätte sie ihm auch nicht geglaubt, dass er in Kalifornien aufgewachsen war. Es war nicht wichtig.
    Wichtig war nur, dass sie beide noch am Leben waren.
    Oder als lebendig durchgingen. Die meiste Zeit gab es keinen großen Unterschied zwischen Tag und Nacht, es sei denn, man hielt sich unter einem der Gitter auf, die sich in einen Park oder dergleichen öffneten; doch seit ein paar Tagen – vielleicht sogar seit einer Woche hatte er sich von den Gittern fern gehalten.
    Von den Gittern, den U-Bahnhöfen, den Zugbahnhöfen, den unterirdischen Kanälen und den Tunneleingängen. Nichts war mehr sicher.
    Gar nichts mehr.
    Freunde auch nicht.
    Vor ein paar Tagen, vielleicht noch vor einer Woche hatte er Freunde gehabt. Annie Thompson und Ike und das Mädchen ... an dessen Namen er sich nicht erinnern konnte. War sowieso nicht mehr wichtig, seit sie hinter ihm her waren.
    »Sie.«
    Die Sache war nur, er wusste nicht, wer »sie« waren. Bis zu dem Moment, in dem der Wahnsinn anfing, hatte er »sie« für seine Freunde gehalten.
    Doch als er eines Tages aus den Tunnels rauskam, klaute er eine Handtasche.
    Es war ganz einfach – er hatte Big Ted oft genug dabei beobachtet. Die Frau, der er die Tasche klaute, versuchte nicht einmal, sie festzuhalten.
    Sie schrie auch nicht um Hilfe.
    Zwei Stunden später, noch immer draußen, traf er Annie Thompson. Sie war da gewesen, in der U-Bahnstation, in der er die Tasche geklaut hatte, und hatte alles gesehen. Aber anstatt ihn zu fragen, wie viel Geld er ergattert hatte, oder ihn aufzufordern, mit ihr zu teilen, was er vielleicht sogar getan hätte, rüffelte sie ihn. »Bist du verrückt? Warum hast du das gemacht?« Sie redete weiter, doch er hörte nicht zu. Abgelenkt durch ein Mädchen, das eben aus der großen Kirche auf der Amsterdam Avenue kam, fragte er sich, wie es wäre, mit diesem Mädchen zu sprechen. Er wollte sie nicht anfassen oder so, o nein. Nur mit ihr reden. Also ignorierte er Annie, bis er sie später wieder traf – er wusste nicht mehr genau, wann das war –, und sie ihn warnte. »Verschwinde lieber«, sagte sie. »Glaubst du wirklich, du könntest damit davonkommen? Jetzt sind sie hinter dir her.«
    Er hatte ihr nicht geglaubt, bis er das nächste Mal versucht hatte, durch eine der U-Bahnstationen an die Oberfläche zu kommen und ein paar von Ikes Freunden ihm ihre Messer gezeigt hatten.
    Am Ausdruck ihrer Augen erkannte er, dass sie nicht spaßten.
    Seither war er auf der Flucht.
    Und er war immer tiefer gestiegen, Leitern hinuntergeklettert, wo er sie fand, durch Regenrohre gekrochen, in die er kaum hineinpasste, auf dem Bauch durch schleimige Gänge gerutscht, die so eng waren, dass er es gar nicht geschafft hätte, wären sie nicht so glatt und schlickig gewesen.
    Jetzt lag er auf einem Mauervorsprung über einem Durchgang, in dem es so dunkel war, dass er, wenn er seine Taschenlampe abschaltete, die Hand vor den Augen nicht sah. Die Batterien wurden schwächer, und selbst wenn das nicht der Fall gewesen wäre, konnte er nicht riskieren, dass der schwache Schein ihn verriet.
    In der Dunkelheit eine Bewegung. Etwas, was es auch war, huschte ihm über die Hand.
    In der Ferne das Donnern eines Zuges.
    Im Dunkeln ein roter Blitz.
    Das Donnern des Zuges wurde lauter.
    Er presste sich an die Mauer, hielt instinktiv den Atem an. Der ganze Gang bebte, als irgendwo über ihm dröhnend der Zug vorüberfuhr. Das Donnern verhallte langsam, der Gang bebte nicht mehr, es wurde still.
    Er entspannte sich.
    Er holte Atem, und fauliger
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