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KillerHure

KillerHure

Titel: KillerHure
Autoren: H Nolan
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TEIL 1: EIN GANZ NORMALER AUFTRAG
    Kapitel 1
    Dienstag, 05.08.08, 15:45 Uhr
    Ein billiges Hotelzimmer in der Nähe des Hauptbahnhofes von Amsterdam. Ich sitze auf dem Bett. Nackt. Durch die herabgelassenen Jalousien dringen das Licht und der Lärm dieses Nachmittags nur gedämpft herein. Das entfernte, dumpfe Dröhnen der Straßenbahnen lässt in regelmäßigen Abständen die bunten Glasschirmchen der beiden Nachttischlampen klirren.
    Zwischen meinen bleichen Knien liegt ein großes Foto, über das ich mich beuge. Links und rechts wird es eingerahmt von meinen herabhängenden Haarsträhnen, die von der Dusche noch feucht und dunkel sind, glatte Fransen in der Farbe von Ebenholz. Der Vorhang hilft, alles außer dem Gesicht auf dem Foto auszublenden.
    Georg van Brueggen. 40 Jahre alt. Deutsch-Niederländer. Zweifacher Vater. Inhaber einer Softwarefirma, die auf Sicherheitstechnik spezialisiert ist. Die unter anderem den deutschen Bundesgrenzschutz, den Bundesnachrichtendienst und das Innenministerium berät, ebenso wie die entsprechenden Behörden eines halben Dutzend weiterer EU-Staaten. Das steht auf der Website des Unternehmens. Auf der Homepage nicht genannt, sind Regierungen, Geheimdienste und andere, dunklere Organisationen aus verschiedenen Drittweltländern. Laut »Financial Times online« verwenden auch diese mit Vorliebe GVBU-Software. Ich nehme an, dass aus diesen Reihen auch der Auftrag kommt, der mich jetzt über seinem Foto meditieren lässt.
    Mein Name ist Jana Walker. Das ist natürlich nicht mein richtiger Name. Der geht keinen etwas an. Aber als Jana Walker bin ich an der University of London für Wirtschaftspolitik, Geschichte und Journalistik immatrikuliert. Ebenso wie ich als Austauschstudentin und Gasthörerin an der »Universiteit van Amsterdam« und der »Universidad de Sevilla« eingeschrieben bin.
    Die Professoren, und speziell die International Officers im akademischen Mittelbau, lieben mich, den Prototyp der neuen weltoffenen, global ausgerichteten Studentin, die sich ihr eigenes, höchst persönliches Studienprogramm zimmert – und nebenbei noch so lecker aussieht! Die Mitarbeiter in den Studentensekretariaten und den Prüfungsämtern verfluchen mich: Ich falle aus dem Rahmen und verursache laufend neue Präzedenzfälle und andere bürokratische Katastrophen. Aber was Prüfungsordnungen und Hochschulregularien betrifft, kann ich es inzwischen spielend mit Fachanwälten für öffentliches Recht aufnehmen. Ich bin sehr geübt darin, mir meine Nischen selbst zu schaffen.
    In den Vorlesungen bin ich sehr selten zu finden. Aber dieser Studentenstatus ist eine einwandfreie Tarnung. Man kann überall hinreisen, recherchieren, forschen und schnüffeln, und immer alles mit Studienarbeiten oder Prüfungsvorbereitungen oder der Suche nach weiteren Austauschmöglichkeiten mit irgendeiner Hochschule begründen. Außerdem wundert es keinen, wenn man irgendwo auf der Welt auftaucht und eine Weile bleibt. Studenten haben schließlich Zeit genug, oder?
    Georg van Brueggen starrt mich aus leicht zusammengekniffenen Augen an. Er sieht gut aus, keine Frage. Scharf geschnittene Gesichtszüge. Gerade Nase. Ein kantiges Kinn – damit könnte er in jedem Western mitspielen. Kurze, dunkelblonde Haare, Van-Dyke-Bärtchen und natürlich diese forschenden, leicht stechenden dunklen Augen. Sicher kein Mensch, der sich als »Opfer« sieht, sondern als »Täter«. Als Gestalter seiner Welt, als Schaffender, als Kreativer. Diese Selfmade-Unternehmertypen sind alle so. Wenn sie dann auf einen Täter treffen, der sie zum Opfer macht, verstehen sie die Welt nicht mehr. Aber das ist ein sehr vorübergehender Zustand. Gleich darauf brauchen sie auch nichts mehr zu verstehen.
    Methodisch lasse ich mir alle Informationen durch den Kopf gehen, die ich in den letzten zwei Wochen über meinen neuen Klienten gesammelt habe. Sein Wohnort: eine Villa in der nobelsten Ecke von Utrecht. Sicherheitstechnisch hochgerüstet bis zum Gehtnichtmehr. Seine Familie: die hübsche Frau und die zwei halbwüchsigen Jungs. Seine Firma: in Hafennähe, umschlossen von vier Meter hohem Stacheldraht. Hm ...
    Meine Order besagt, dass es aussehen sollte wie ein Unfall oder ein tragisches Geschehen, jedenfalls nicht wie ein Auftragsmord. Ich vermute, dass ein anderer, willfähriger Kopf an die Spitze der Company gehievt werden soll. Oder sonst ein verwinkeltes Manöver eines Dienstes. Aber das interessiert mich eigentlich nicht. Die Frage ist vielmehr:
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