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Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch
Autoren: Gregory Benford & Gordon Eklund
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„Ja, zeigen Sie es mir.“
    Reynolds trottete zu seinem Fahrzeug hinüber und kehrte gleich darauf mit einer groben Karte zurück, die er und Morgan von Hellas gezeichnet hatten. Die Karte war mit den unterschiedlichsten Kritzeleien bedeckt – Linien, Kreise, Punkte und Ziffern. Kastor begann in seinem Helm den Kopf zu schütteln und erkannte dann, daß es gefährlich sein konnte, Reynolds seine Verwirrung merken zu lassen. „Wo war noch gleich der Brennpunkt?“
    Reynolds legte einen klobigen Finger auf die nordöstliche Ecke der Karte. „Alles scheint in diese Richtung zu weisen, Sir.“
    „Je näher wir herankommen, desto mehr Leben gibt es.“
    „Und es wird immer vielfältiger und komplexer.“
    „Ich habe es nicht vergessen.“
    „Aber Sie meinen noch nicht, daß wir es Houston mitteilen sollten.“
    „Wir haben ihnen alle Daten übermittelt.“
    „Aber nicht unsere Schlußfolgerungen.“
    Kastor seufzte innerlich. Morgan drangsalierte ihn ebenfalls beständig mit diesem Punkt. „Wir wollen uns doch nicht zum Narren machen, Brad. Wir haben keinerlei Erklärung dafür.“
    „Wenn wir es ihnen sagten, könnten sie vielleicht eine finden.“ Dies war auch Morgans Lieblingsargument.
    „Dazu wird später noch genug Zeit sein.“
    „Aber Sir, wollen Sie nicht …?“
    Kastor wich aus. „Ich muß mit Smith reden. Wir können das später besprechen.“
    „Aber Sir …“
    „Später, Reynolds“, sagte Kastor barsch. Das Funkgerät befand sich in einer Aluminiumkiste hinten auf seinem Fahrzeug. Kastor fand, daß er eine kluge Wahl getroffen hatte, als er Reynolds statt Smith für den Landungstrupp eingeteilt hatte. Reynolds war verdammt helle – sogar Morgan hatte die seltsamen Strukturen des Marslebens nicht entdecken können. Aber Intelligenz war nicht der Grund, weshalb Kastor Reynolds ausgesucht hatte. Kastor rühmte sich der Fähigkeit, die oberflächlichen Manöver der Menschen durchschauen und die zugrunde liegenden Motivationen erkennen zu können. Was ihn selbst betraf, so erwartete er vom Leben nur eines, nämlich Macht. Kastor glaubte, das fünfundneunzig Prozent der menschlichen Rasse ähnliche Ziele hatte, daß aber die meisten diese Tatsache verschämt hinter bedeutungslosen Phrasen wie „das Wohl der Menschheit“, die „Zukunft des Planeten“ oder „das Vergnügen, anderen zu helfen“ verbargen. Kastor scherte sich den Teufel um die Menschheit, den Planeten oder sonst etwas. Anders als die meisten Menschen versuchte er nicht, seine Gefühle vor sich selbst zu verbergen. Vor fünfundzwanzig Jahren hatte er sich um ein Offizierspatent der Luftwaffe bemüht, weil er geglaubt hatte, daß darin die Macht lag. Ein Irrtum. Der Krieg, einst die wichtigste Bestrebung der Menschheit, war zu einem rudimentären Status verkümmert. Er wußte jetzt, daß Ruhm die Antwort war. Und aus diesem Grunde war er hier. Bradley Reynolds … der war geradezu unheimlich. Kastor hielt ihn für einen von den restlichen fünf Prozent: Macht interessierte ihn nicht. Aber was interessierte ihn dann? Paul Smith … hart, jung, ehrgeizig … ganz klar ein Rivale. Aber Reynolds war undurchschaubar.
     
    Kastor stemmte die Funkanlage aus dem Fahrzeug und setzte das Radio in den Marssand. Morgan und Reynolds kamen dazu, während McIntyre in seinem Kriechfahrzeug sitzen blieb.
    Kastor richtete die Antenne und drehte an einem Knopf. Plötzlich hörte er eine hohle, körperlose Stimme: „… hier ist Fresno . Nixon Basis, hier ist Fresno .“
    Er drehte an dem Radio in seinem Anzug, damit seine Stimme hinüberkam und sprach in gelassenem Ton: „Hallo, Fresno , hier ist Nixon Basis. Paul, sind Sie es?“
    „Ja, Jack.“
    „Wie sieht’s aus bei Euch? Gibt es irgend etwas Interessantes dort oben?“
    „Nö. Alles mäuschenstill. Auf hundertzwanzig Grad Länge und dreißig Grad südlicher Breite braut sich ein leichtes Unwetter zusammen, aber das dürfte sich für euch kaum bemerkbar machen.“
    Kastor sah eine Gelegenheit zu leicht sarkastischem Spott. „Unwahrscheinlich – auf der anderen Seite des Planeten.“
    „Eben.“
    Kastor grinste. Der arme Smith, er langweilte sich da oben. Man mußte verflucht stark sein, um diese totale Isolation ertragen zu können; man mußte fähig sein, seine eigene Gesellschaft zu erdulden. Kastor sagte: „Wir haben ein paar Proben der Atmosphäre genommen, und ich möchte die vorläufigen Resultate übermitteln.“
    „Klar, nur zu“, sagte Smith.
    Kastor sprach langsam und
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