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Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch
Autoren: Gregory Benford & Gordon Eklund
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ihnen mehr, ab sie das Recht haben zu verlangen, entschied er schließlich.
    Hellas, das von oben aussah wie ein langgezogener Pfannkuchen, zog sich rings um die beiden Kriechfahrzeuge hin. Er sah Felsgrate, abgerundete Erhebungen, ein paar Felsblöcke, aber hauptsächlich Staub. Der Wind war ein konstanter Faktor, aber wenn man im Innern dieses massigen Anzugs begraben war, konnte man darüber leicht hinwegsehen. Kastor bedauerte, daß es notwendig gewesen war, hier zu landen. McIntyre, der Geologe, hatte sich ausdauernd gegen diese Entscheidung zur Wehr gesetzt. Seine Gründe waren professioneller Natur gewesen, Kastors Gründe waren künstlerisch. McIntyre hatte lautstark geltend gemacht, daß es lächerlich sei, eine bemannte Expedition zum Mars zu schicken und dabei die vulkanischen Strukturen und Ebenen zu ignorieren; er war für einen Landeplatz irgendwo auf der Vulkanebene zwischen dem Tharsisgebirge und Olympus Mons. Die NASA hatte den Vorschlag zurückgewiesen. Lebensformen und nicht Felsen waren das Motiv für die Zwanzig-Milliarden-Dollar-Investition gewesen, und Lebensformen waren nun einmal zufällig in der südlichen Hellasregion am häufigsten. Alles, was Kastor sich gewünscht hatte, waren möglichst schöne, möglichst dramatische Videobänder. Beim Anblick eines fünfundzwanzig Kilometer hohen Vulkans oder eines fünfundsiebzig Kilometer breiten Canons wären sicher eine Menge müder Augen auf der Erde weit aufgerissen worden. Trotzdem, dessen war Kastor sich verflucht bewußt: Wenn es der Expedition gelänge, ein paar der Rätsel des marsianischen Lebens zu lösen, dann würden auch die wildesten Bilder der Welt neben dieser Leistung verblassen. Vielleicht war er deswegen jetzt in solcher Eile. Umgeben von dieser trostlosen Einöde wußte er, jetzt gab es nur Leben oder gar nichts. Er hatte fünf Jahre seines Lebens einem kosmischen Glücksspiel gewidmet. Würde es sich auszahlen?
    McIntyre fuhr das zweite Kriechfahrzeug. Bradley Reynolds saß angeschnallt auf dem Sitz neben ihm. Die beiden Fahrzeuge bewegten sich beinahe Seite an Seite. Reynolds, seine Gestalt verhüllt von dem schweren Anzug, schwenkte einen Arm hoch in der Luft. Kastor verstand das Signal; er blickte auf seinen Chronometer und dann unwillkürlich hinauf in den klaren, pulverblauen Himmel. Nein, Smith war noch nicht dort oben. Im Morgengrauen oder in der Abenddämmerung würde die Fresno wie ein Streifen über den Himmel ziehen, ein leuchtender gelber Stern auf einem irrsinnigen Kurs. Bis auf Morgan machte sich niemand mehr die Mühe, noch einmal hinzusehen.
    Kastor langte hinüber und wedelte mit der Hand vor Morgans blasenförmigem Helm. Als sie in seine Richtung sah, wies er auf den Boden. In allgemeiner Übereinstimmung vermieden die vier so weit wie möglich jeden Radiokontakt. Kastor war nicht ganz sicher, ob er wußte, warum. Vielleicht hatte der Grund dafür etwas mit dem beständigen engen Beieinandersein über die letzten Jahre hinweg zu tun. Mit anderen Worten, sie hatten die Nase gestrichen voll voneinander.
    Sobald Morgan das Kriechfahrzeug zum Stehen gebracht hatte, sprang Kastor seitwärts hinunter in den aufgeschichteten Staub. Das andere Fahrzeug hielt ebenfalls an, und er winkte Reynolds, ihm zu folgen. Er wartete, bis der andere nah genug herangekommen war, daß er sein schmales, kantiges, bärtiges Gesicht durch die Sichtscheibe des Helmes deutlich sehen konnte, und sagte dann: „Brad, hätten Sie etwas dagegen, mit mir zusammen die Daten durchzugehen, die Sie aus der letzten Atmosphäreprobe gewonnen haben?“
    „Nein, Sir, ganz und gar nicht.“ Reynolds begann mit einer Wiederholung all dessen, was er Kastor bereits vor einer Stunde erzählt hatte. Kastor lauschte aufmerksam und frischte sein Gedächtnis auf. Über das Radio hörte er Morgans säuerlichen Seufzer. Zum Teufel mit ihr. Sicherlich wäre es einfacher gewesen, Reynolds sein Sprüchlein selbst aufsagen zu lassen, aber Kastor wußte sehr gut, was so ein öffentlicher Auftritt wert war. Dies war seine Expedition – er war der Kommandant. Er hatte nicht die Absicht, irgendeinem hellen Bürschchen zu gestatten, sich von hinten heranzuschleichen und diese mühsam aufgebaute Position aufzuweichen.
    „Dann gibt es also einen weiteren quantitativen Anstieg?“ fragte Kastor.
    Reynolds antwortete: „Ja, Sir, so ist es.“
    „Der mit Ihren früheren Feststellungen übereinstimmt?“
    „Vollkommen, Sir. Möchten Sie es sehen?“
    Kastor sagte:
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