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Der Berg des Lichts

Der Berg des Lichts

Titel: Der Berg des Lichts
Autoren: Hans Kneifel
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nach der Macht greifen würden, trotz der unmißverständlichen Warnung der Herren des Lichts. Diese aber würden sich nicht ein zweitesmal überrumpeln lassen und ihrerseits Maßnahmen treffen. Andere Fragen drängten sich trotz der bleiernen Müdigkeit dem Shallad auf: Wo befanden sich Quaron und der Unberührbare Kometake, der Nullet? Wirklich, es herrschte das chaotische Durcheinander, und es würde noch stärker werden.
    Vier Krieger, Necron und er, Yzinda und Dani… sie waren völlig unbedeutend. Ihre einzige Waffe war der Versuch, durch Reden und Wahrheiten zu überzeugen.
    Er schlief ein, träumte von bebender Erde und dem Schlund des Berges, der sich auf tat und die Scharen der Dunkelwelt ausspie. Schweißgebadet erwachte er und stürzte einen Becher gemischten Weines herunter.
*
    Die vielen kantigen, riesigen, übereinander gestaffelten Bauwerke mit ihren Säulen und Stufen lagen im milden Licht der leuchtenden Wolke. Zwischen ihnen, in den schwarzen Schluchten, bewegten sich unzählige Gruppen von Zaketern hin und her. Sie glichen dem Gewimmel um einen Ameisenhaufen, trotz der flackernden Lichtpunkte der rußenden Fackeln.
    Die Neue Flamme brannte und loderte wie eh und je. In ihrem Umkreis wurden die Gebäudefronten strahlend beleuchtet, und tiefschwarze Schatten bildeten sich. Seit dem ersten Stoß, der den Berg hatte erbeben lassen, richteten sich immer wieder die besorgten Blicke der Zaketer auf die Flamme und auf den Himmelsstein.
    Die Unruhe war zwischen den Mauern fast greifbar.
    Sie nahm von Stunde zu Stunde zu, denn niemand hatte bisher den Menschen erklären können, was es mit diesem verschwommenen Ding auf sich hatte, jener halb durchscheinenden Wolke, die auf den Dächern einiger Tempel zu schweben schien und nicht einen einzigen Stein verrückt hatte.
    Aber das Erscheinen dieser mächtigen Unerklärlichkeit hatte den Berg ebenso erschüttert wie die Ordnung der Lichtwelt im Reich der Zaketer. Unzählige Kuriere trafen hier ein, nachdem sie sich an den beschwerlichen Aufstieg gewagt hatten. Meldungen und Nachrichten wurden von den Trägern des dritten Auges in alle Teile der Inseln gebracht.
    Und alle Menschen warteten auf ein außergewöhnliches Ereignis. Es mußte kommen, denn alle unerklärlichen Zeichen schienen nur darauf hinzudeuten. Ein großes Reich mit allen seinen Bewohner fieberte diesem Ereignis entgegen, ohne recht zu wissen, was die Welt erwartete.
*
    Necron war ebenso wie jeder aus der Gruppe der Fremden eingesponnen und versunken in jene Überlegungen. Chaos, Niedergang und Wiederaufstieg, Zerstörung und die Machtlosigkeit derjenigen, die sich nicht mit Mitteln der Magie in Sicherheit bringen konnten – zu dieser Gruppe gehörte er, heute und hier. Zu anderen Zeiten war es gänzlich anders gewesen. Er streckte den Arm aus, ergriff den Tonbecher und merkte, daß er leer war. Aus dem Krug füllte er einen Schluck nach und wandte sich um.
    Dani lehnte am Kopfende des Lagers, und ihr langes dunkelrotes Haar berührte die hochgestellten, fadenscheinigen Kissen.
    »Woran denkst du?« fragte der Steinmann und reichte ihr den Becher. Die Duine hob ihre makellosen Schultern und flüsterte:
    »An diese Nacht. An dich. An meine erste Nacht – und ich glaube, daß es die letzte sein wird.«
    »Du denkst, daß wir nicht überleben?«
    »Auch Yzinda denkt nicht anders. Wir sind nichts gegen eine so große Übermacht. Und ich selbst… seit Tagen erst weiß ich, was Leben ist.«
    »Du übertreibst. Jeder von uns hat viel Schlimmeres erlebt und überlebt«, sagte Necron und streichelte ihren Hals. Sie schüttelte schwach den Kopf, nahm aber einen tiefen Schluck des unvermischten Weines.
    »Du hast es nicht erlebt, wie auf dem Berg des Lichts die Duinen ausgebildet werden. Wie die Krieger gegeneinander kämpfen, bis nur die besten und stärksten übrigbleiben. Wie jeder gegen jeden List, Tücke und Bosheit einsetzt. Wie die Menschen von den Mächtigen unterjocht werden. Der Augenblick, an dem Aiquos uns trennte, war der Beginn meines zweiten Lebens. Mit fünfundzwanzig Lenzen, Necron.«
    Ihre Stimme war eindringlich und unerwartet bitter gewesen. Sie atmete schwer, als sie sich erinnerte. Necron zog sie an sich und flüsterte Worte des Verständnisses in ihr Ohr. Dann, nach einer endlos erscheinenden Zeit, richtete er sich wieder auf.
    »Du wirst sehen, daß wir es schaffen. Eines Tages wirst du Logghard und das Shalladad kennenlernen, und dein Bett wird in Luxons Palast stehen oder an
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