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Der Berg des Lichts

Der Berg des Lichts

Titel: Der Berg des Lichts
Autoren: Hans Kneifel
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jemand, der auf dem Berg hier die Wahrheit spricht!«
    Quaron erzitterte vor Zorn und Unsicherheit, als er hervorstieß:
    »Euer Erscheinen hat das alles ausgelöst! Die Ruhe und die Sicherheit – sie sind für alle Zeiten dahin.«
    Drohend bemerkte Kukuar:
    »ALLUMEDDON ist nahe, Hexer!«
    Sigatai sprach weiter, und das Geschrei verstummte langsam.
    »Wir klagen Aiquos und dessen Verbündete an! Sie haben das Heiligtum des Lichtboten entweiht und geschändet. Jeder, der das dritte Auge besitzt, kennt nun die schreckliche Wahrheit. Wir haben gehört, was die Chronisten aus Logghard herausgefunden haben. Also ist die wahre Natur von Nullum, dem Propheten, enthüllt.
    Was bedeutet es denn, daß Guinhan in Wirklichkeit aus dem Osten kam? Nichts anderes als das Wissen, daß wir und die Bewohner der anderen Länder in Frieden leben können. Geht auseinander, Krieger! Laßt die Fremden in Ruhe!
    Ihr kennt nun die Wahrheit! Aiquos, Miquom und Cuyan werden zur Rechenschaft gezogen werden – das HÖCHSTE verzeiht diesen Angriff nicht und auch nicht den Tod unseres Freundes!«
    Die Qualle hob sich wieder. Tausende Augen blickten zu dem halbkugeligen Organismus hoch, der sich scharf gegen den Schimmer der leuchtenden Wolke abhob. In dem runden Ausschnitt über der Neuen Flamme und dem Schlund des feuerspeienden Berges zeichnete sich der nachtschwarze Himmel mit blinkenden Sternen ab. Der Rauch unzähliger Fackeln drehte sich spiralig an den Mauern und Hauswänden in die Höhe.
    Fassungslos hatte ein großer Teil des Volkes diese Botschaft gehört. Nicht jedes Wort war verstanden worden, aber eines war klar: die Fremden standen unter dem Schutz des HÖCHSTEN.
    Noch einmal sprachen die Herren des Lichts, ehe sie zum Tempel zurückschwebten.
    »Bewohner des Berges! Ihr alle, Krieger, Duinen und Magier aller Abstufungen!
    Vergeßt den Krieg, und vergeßt für diese Nacht Kampf und Machtstreben. Morgen wird das HÖCHSTE wieder zu euch sprechen. Zuviel ist seit dem ersten Beben des Berges über uns gekommen – zuviel, um über alles in Eile nachzudenken! Geht und schlaft, denkt an den Lichtboten, der bald erscheinen wird. Und Aiquos ermahnen wir, nicht noch einmal einen Angriff auf das HÖCHSTE zu wagen. Der Zorn des Volkes wird sich gegen ihn und die Hexenmeister kehren.«
    Langsam zerstreuten sich die Frauen und Männer, während die Qualle entlang der Dächer zum Tempel zurückschwebte.
    Luxon ließ die Schultern sinken. Die Spannung hatte ihn verlassen. Er blieb vor Quaron stehen und sagte mit müder Stimme:
    »Du hast es gehört. Was wirst du tun?«
    Er versuchte, den Hexer nicht mehr zu reizen. Er konnte nur hoffen, daß die Vernunft in den aufgewühlten Gedanken des fanatischen Mannes zu siegen begann.
    »Ich weiß es nicht. Jerego – führe mich zu deinen Schriften. Erkläre mir, was du gefunden hast. Ich will nicht derjenige sein, der sich einer neuen Wahrheit verschließt.«
    »Du wirst es nicht leicht haben«, meinte Necron und streckte seine Muskeln. »Eine Bitte, Quaron. Lasse deine Krieger dieses Gebäude bewachen. Wir alle brauchen Ruhe, um unsere Gedanken ordnen zu können.«
    »Das kann ich euch versprechen«, meinte der Hexenmeister.
    Er tat die ersten Schritte auf einem Weg, den er niemals hatte beschreiten wollen. Sein Unbehagen kam daher, weil er ahnte, daß noch viel größere Wunder geschehen würden. Das Bild seiner Welt, das bisher klar und einfach gewesen war, wankte wie der Berg des Lichts.
    Quaron winkte seinen Kriegern, trat dann ins Gebäude zurück, und das Tor wurde verschlossen und verriegelt.
    Eine einzige Nacht! Mehr hatten Luxon und seine Freunde nicht gewonnen.

6.
    Die Chronisten hatten nicht viel, aber sie teilten das wenige mit ihren Gästen und Freunden.
    Sie schleppten Wasser für ein Bad, reinigten die Kleidung, verteilten ihren letzten Wein und das wenige Essen, das sie als Gefangene Quarons erhielten. Sie räumten einige Kammern und breiteten löcherige Decken über die alten Liegen.
    Luxon streckte sich aus, verschränkte die Arme im Nacken und betrachtete die Lichtmuster, die von der flackernden Flamme der Öllampe an die Decke geworfen wurden.
    Das Erscheinen der Herren des Lichts war eine Art Rettung im letzten Augenblick gewesen. Vielleicht dachte wenigstens Quaron in der ersten Stunde des neuen Tages anders als bisher. Luxon vermochte an diese Wendung nicht zu glauben. Er war sicher, daß die Hexenmeister abermals ihre Krieger sammeln, über ihre magischen Mittel nachdenken und
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