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Der Baum des Lebens

Der Baum des Lebens

Titel: Der Baum des Lebens
Autoren: Christian Jacq
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schnell wie möglich anzugreifen.
    Wie gewohnt, hatte sich Nesmontu ein Zimmer in der Kaserne ausgesucht, um in der Nähe seiner Leute zu sein. Weil er immer ein offenes Ohr hatte, hörte er gern, was es an mehr oder weniger lautem Unmut gab, um Unzulänglichkeiten beheben zu können. Seiner Meinung nach durfte es bei den Streitkräften nichts geben, was der Moral der Truppe schaden konnte. Ohne gut ernährte und gut untergebrachte Soldaten mit einem ordentlichen Sold, unter denen es keine Rangstreitigkeiten gab, war ein Sieg so gut wie unmöglich.
    Als er den Speisesaal der Offiziere betrat, spürte Nesmontu sofort, dass die Stimmung angespannt war.
    Sein Adjutant kam zu ihm und sagte: »Mein General, wir haben kein Bier mehr, und die neue Lieferung ist nicht eingetroffen.«
    »Hast du den Verwalter darauf angesprochen?«
    »Das ist ja das Problem – er ist verschwunden.«
    »Ist das nicht einer, den Provinzherr Djehuti für diesen Posten bestimmt hat?«
    »So ist es.«
    »Verständige sofort Djehuti – er soll nach ihm suchen lassen. Und bitte ihn auch darum, uns unverzüglich die notwendigen Lebensmittelzuteilungen zukommen zu lassen. Ach ja… noch ein letzter Befehl: Die Offiziere sollen nichts essen, was dieser Verwalter hat zubereiten lassen.«
    »Fürchtet Ihr etwa, dass…«
    »Bei einem Fahnenflüchtigen muss man mit dem Schlimmsten rechnen.«
    Nach einem köstlichen Mahl, in dessen Verlauf er einen gegrillten Barsch, ein Rindskotelett, Auberginen in Olivenöl, Ziegenkäse und einige Nachspeisen zu sich genommen und das Ganze mit einem Rotwein begossen hatte, der den gleichen Jahrgang wie Sesostris III. hatte, begab sich Chnum-Hotep in seine großartige Ruhestätte für die Ewigkeit, in der er jede Kleinigkeit selbst überwachte.
    Ein sehr begabter Maler vollendete gerade ein Gemälde mit einem bunten Vogel, der in den Zweigen einer Akazie hockte. Als er dieses Meisterwerk sah, war der dickliche Provinzherr zu Tränen gerührt. Die zierliche Zeichnung, die warmen Farbtöne und die Freude, die diese Darstellung ausstrahlte, faszinierten ihn. Seine drei Hunde bewunderten das jüngste Meisterwerk des Malers genauso wie er und hockten sich dazu auf ihr Hinterteil.
    Chnum-Hotep hätte nur zu gern den ganzen Nachmittag damit zugebracht, dem Maler bei der Arbeit zuzusehen; doch nach langem Zögern wagte es ein Oberst seiner Truppen, ihn zu stören.
    »Herr, ich fürchte, Ihr solltet einen Reisenden verhören, den wir gerade verhaftet haben.«
    »Stör mich nicht und frage ihn selbst aus.«
    »Jetzt ist es schon geschehen, außerdem betreffen seine Erklärungen unmittelbar Euch.«
    Neugierig geworden, folgte Chnum-Hotep dem Soldaten bis zu einem Wachposten, wo der Verdächtige festgehalten wurde.
    »Wer bist du und woher kommst du?«
    »Ich war Verwalter der wichtigsten Kaserne im Hasengau und bin gekommen, um Euch zu warnen.«
    Chnum-Hoteps Augen funkelten zornig. »Hältst du mich etwa für einen Trottel?«
    »Ihr müsst mir glauben, Herr! Pharao Sesostris hat alle Provinzen erobert, die ihm einmal feindlich gesinnt waren, außer Eurer. Sogar Djehuti hat sich ergeben.«
    »Djehuti? Das soll wohl ein Scherz sein!«
    »Nein, ich schwöre, es ist so.«
    Chnum-Hotep ließ sich auf einen Schemel sinken, der unter seinem Gewicht zusammenzubrechen drohte, und sah dem Verwalter in die Augen. »Erzähl mir ja keinen Blödsinn, sonst zerquetsche ich dir den Kopf mit meinen bloßen Händen.«
    »Ich würde Euch nie belügen, Herr! Sesostris befindet sich samt seinem Generalstab in Khemenu, und Djehuti ist jetzt ein treuer Untergebener von ihm.«
    »Wer ist der Oberkommandierende?«
    »General Nesmontu.«
    »Dieser alte Schuft – er ist schlimmer als eine Kobra! Und was ist mit Djehutis Truppen?«
    »Sie gehorchen Nesmontu, so wie die der anderen Provinzen, die sich wieder dem Pharao angeschlossen haben. Das Entscheidende ist aber, dass Sesostris beschlossen hat, Euch anzugreifen.«
    »Mich angreifen, mich!?«
    »Das ist die Wahrheit, ich schwöre es!«
    Chnum-Hotep sprang auf, nahm den Schemel in die Hände und zertrümmerte ihn. Seine Soldaten drückten sich an die Wand, weil sie Angst davor hatten, als Sündenböcke herhalten zu müssen. Wutschnaubend wie ein wild gewordener Stier, verweigerte Chnum-Hotep seinen Tragesessel und lief zu Fuß zurück zu seinem Palast.
    Als Techat sah, dass ihr Herr einen gewaltigen Wutanfall hatte, verschob sie die Vorlage der Schriftstücke, die sie ihm eigentlich zeigen wollte, auf
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