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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman
Autoren: Ulf Schiewe
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mein Gott! Sie ist doch schon Ewigkeiten bei uns.«
    »Dann hör auf, ihr auf den Hintern zu starren!«
    »Was?« Ich machte ein betretenes Gesicht. »Tue ich das?«
    Adela nickte unnachsichtig.
    »Nun«, sagte ich kleinlaut. »Das ist mir noch gar nicht aufgefallen.« Ich runzelte die Stirn. »Du musst aber zugeben, mein Herz, wenn du schon davon sprichst, sie hat einen wirklich herrlichen Hintern!« Es war mir so herausgerutscht.
    Da wurde sie rot, und ich dachte, oje, gleich wird sie mit mir schelten. Stattdessen meinte sie nur: »Findest du? Na ja. Für solche, die es fülliger mögen.«
    Da konnte ich mich nicht mehr beherrschen und brach lauthals in Gelächter aus. »Siehst du?«, rief ich und schlug mir auf die Schenkel. »Das sag ich doch!«
    »Es ist immer dasselbe mit euch Kerlen!«, rief sie wütend.
    Aber dann zuckte es ihr selbst um den Mund, und sie konnte es nicht verhindern, in mein Gelächter einzustimmen.
    »Ein himmlischer Hintern«, brüllte ich, »füllig und rund!«
    Ich lachte und lachte, bis mir der Bauch weh tat und die Tränen liefen. Auch Adela schrie vor Heiterkeit und warf sich mir schließlich an den Hals. »Ach Papa, du bist unverbesserlich.«
    Selbst wenn sie mir verziehen hatte, so war meine Tochter doch von meiner Schuld überzeugt, da war ich sicher. Nun, sollte sie ruhig denken, ihr Vater sei ein
domnejant
und Schürzenjäger. Besser so, als dass sie sich unnötig um mich sorgte. Heiraten? Um Gottes willen! Jedenfalls ließen wir es damit bewenden und redeten,
mercé de Dieu,
nicht weiter über christliche Keuschheit.
    ***
    Heute war
Toussant,
der Tag aller Heiligen.
    Es war früh am Morgen und noch still in der Burg. Das Bett des Hausherrn hatte ich Adela und den Kindern überlassen. Ich lag auf meinem Strohsack, hier oben im Turm und starrte an die Decke.
    Der Gedanke, den Mönch Aimar zu unserem Kaplan zu bestellen, gefiel mir. Aber vielleicht sollte man ihn zuvor auf die Klosterschule von Fontfreda schicken. Vielleicht würde aus ihm ein großer Kleriker werden, Abt oder Bischof. Solcher Einfluss wäre für die Zukunft unserer
familia
vielleicht noch wichtiger, als einen eigenen Dorfpriester zu haben. Ich nahm mir vor, mit
Paire
Jacobus darüber zu sprechen.
    Der war gestern Abend eingetroffen. Und heute, gleich nach dem Morgenmahl, erwarteten wir Hamid und sein Weib Magdalena sowie Severin und seine Emma, eine Gutsherrntochter aus der Gegend, und all ihre Kinder und Enkelkinder. Wie jedes Jahr würden wir gemeinsam das Fest der Heiligen begehen, Jacobus würde eine Messe lesen, und danach würden wir uns zu einem großen Mittagsmahl versammeln, meinen guten Wein genießen, uns gegenseitig Geschichten erzählen und den Nachmittag mit Plaudern verweilen.
    Ich dachte an Berta, die unten auf dem Gottesacker lag, und an Ramon und all die anderen, denn in Wirklichkeit galt unsere Zusammenkunft, den Menschen zu gedenken, die wir geliebt hatten und die von uns gegangen waren. Morgen würden wir für sie beten, auf dass ihnen das
purgatorium
nicht zu schwer falle.
    Erst vor einem Jahr war Joana in hohem Alter gestorben. Sie und Guilhem hatten zu aller Überraschung ein glückliches Paar abgegeben. Mein ungestümer Haudegen war bei ihr zahm wie ein Lämmchen geworden. Joana dies und Joana das. Nichts war ihm gut genug für sein Täubchen, wie er sie nannte. Und Joana war aufgeblüht wie eine späte Rose, die noch einmal ihre ganze Pracht entfaltet.
    Guilhems Tod nach Jahren des Glücks hatte sie schwer getroffen. Sie zog sich zurück, ließ sich eine Hütte im Wald errichten und lebte fortan allein mit ihren Tieren. Die Leute aus dem Dorf gingen weiterhin zu ihr und nicht nur bei Krankheiten oder Verletzungen. Sie glaubten auch an die Kraft ihrer Zaubersprüche, wenn es um ein Amulett gegen den bösen Blick ging oder um Liebesdinge, Fruchtbarkeit bei den Weibern oder schwindende Manneskraft bei den Kerlen. Joana wusste stets Rat. Doch mit der Zeit war sie wunderlich geworden, erlaubte immer seltener, dass jemand sich ihr näherte, bis sie niemanden mehr erkannte, auch mich nicht. Als ich sie in die Burg holen wollte, schrie sie wie am Spieß und drohte sich umzubringen. Zuletzt vernachlässigte sie sich selbst, ihr weißes Haar wurde dreckig und verfilzt, voller Strohreste von ihrem Lager. Sie lebte von Gaben, die man ihr in gebührender Entfernung hinstellte, um ja nicht ihren Zorn herauszufordern, denn viele im Dorf hatten am Ende Angst vor ihr. Schließlich fand man sie eines Tages
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