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Der Ball spielende Hund

Der Ball spielende Hund

Titel: Der Ball spielende Hund
Autoren: Agatha Christie
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zurück; Bob trottete gesittet hinter ihr her. Im stillen gestand sie sich, was sie keiner Menschenseele zugegeben hätte: ihre Unzufriedenheit mit der jungen Generation.
    Da war Theresa, zum Beispiel. Sie hatte keine Macht mehr über das Mädchen, seit es großjährig und im Besitz seines kleinen Vermögens war. Theresa war seither zu einer bekannten Erscheinung in der Londoner Gesellschaft geworden, und man sah ihr Bild häufig in Illustrierten. Sie gehörte einer flotten, leichtsinnigen Gruppe junger Menschen an – einem Kreis, der verrückte Partys veranstaltete, die zuweilen vor dem Polizeirichter endeten. Das war nicht die Art von Popularität, die Miss Arundell bei einer Arundell gern sah; im Gegenteil, sie missbilligte Theresas Lebensweise aufs Höchste. Wegen der Verlobung war sie mit sich nicht im Reinen. Einerseits hielt sie diesen Emporkömmling Dr. Donaldson einer Arundell nicht für würdig, andererseits war sie sich dunkel bewusst, dass Theresa für einen bescheidenen Kleinstadtarzt die denkbar ungeeignetste Frau war.
    Sie seufzte, und ihre Gedanken sprangen auf Bella über. Gegen Bella war nichts einzuwenden; ein braves Ding, eine zärtliche Gattin und Mutter, geradezu vorbildlich – und zum Sterben langweilig! Nicht einmal Bella fand ihre ungeteilte Billigung. Denn Bella hatte einen Ausländer geheiratet, mehr noch – einen Griechen! Nach Miss Arundells voreingenommenen Anschauungen war ein Grieche fast so unmöglich wie ein Schwarzer oder Eskimo. Dass Dr. Tanios bezaubernde Umgangsformen besaß und, wie man sagte, eine Leuchte in seinem Fach war, nahm die alte Dame eher noch mehr gegen ihn ein. Sie misstraute Charme und billigen Komplimenten. Auch zu den beiden Kindern fühlte sie sich nicht hingezogen. Sie waren äußerlich ihrem Vater nachgeraten – ganz unenglisch sahen sie aus. Und dann Charles… Ach ja, Charles… Es hatte keinen Zweck, sich angesichts der Tatsachen blind zu stellen. So reizend Charles war, man konnte ihm nicht trauen…
    Miss Arundell seufzte. Sie fühlte sich mit einem Mal alt, müde und bedrückt… Sie würde es wohl nicht mehr lange mitmachen…
    Das Testament fiel ihr ein, das sie vor Jahren abgefasst hatte. Vermächtnisse an das Hauspersonal – für Wohlfahrtszwecke – und das übrige beträchtliche Vermögen zu gleichen Teilen an diese drei nächsten Angehörigen…
    Noch immer war sie überzeugt, dass sie gerecht und unparteiisch gehandelt hatte. Nur – ob man nicht Bellas Anteil irgendwie sicherstellen könnte, um ihn dem Verfügungsrecht ihres Mannes zu entziehen? Sie beschloss, Mr Purvis zu fragen, ihren Rechtsanwalt.
     
    Charles und Theresa Arundell kamen im Auto an, das Ehepaar Tanios mit der Bahn. Die Geschwister trafen zuerst ein. Charles, hochgewachsen und gut aussehend, begrüßte Miss Arundell auf seine neckende Art.
    «Tag, Tante Emily! Wie geht’s, Kindchen? Siehst prächtig aus.» Er gab ihr einen Kuss.
    Theresa legte gleichgültig ihre blühende Wange an die verwelkte. «Wie geht’s, Tante?»
    Die junge Frau sah nach Miss Arundells Ansicht keineswegs gut aus. Ihr Gesicht wirkte unter dem starken Make-up ein wenig schmal, und Fältchen lagen um ihre Augen.
    Der Tee wurde im Salon genommen. Bella Tanios, deren Haar in Strähnen unter einem modernen Hütchen hervorlugte, das sie falsch aufgesetzt hatte, starrte ihre Kusine Theresa mit rührendem Eifer an, um sich zu merken, wie sie gekleidet war, und es nachzumachen. Es war Bellas Los, dass sie schöne Kleider leidenschaftlich liebte, aber nichts von ihnen verstand. Theresa trug teure, etwas auffallende Kleider und hatte eine attraktive Figur.
    Bella hatte sich nach ihrer Ankunft aus Smyrna bemüht, Theresas Eleganz zu billigerem Preis und mit minderem Schnitt zu erreichen.
    Dr. Tanios, hochgewachsen, mit Spitzbart und vergnügtem Gesicht, plauderte mit Miss Arundell. Seine Stimme klang volltönend und herzlich – eine Stimme, die den Zuhörer fast wider Willen fesselte. Auch Miss Arundell erging es nicht anders.
    Miss Lawson war über die Maßen schusselig. Sie sprang alle Augenblicke auf, reichte Tassen und Teller und machte sich ununterbrochen am Teetisch zu schaffen. Charles, der einwandfreie Manieren hatte, erhob sich mehrmals, um ihr behilflich zu sein, erntete aber keinen Dank.
    Als die Gesellschaft nach dem Tee in den Garten hinausging, murmelte Charles seiner Schwester zu: «Die Lawson kann mich nicht leiden. Komisch, nicht?»
    Spöttisch erwiderte Theresa: «Sehr komisch. Also gibt es
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