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Der Ball spielende Hund

Der Ball spielende Hund

Titel: Der Ball spielende Hund
Autoren: Agatha Christie
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Besonnenheit, die so ganz anders waren als ihr fiebriges, zielloses Leben, brauchte seine wissenschaftlich klare, kühle Logik und nicht zuletzt etwas, das sie nur halb begriff, eine geheime Kraft, die hinter seinem leicht pedantischen Wesen verborgen lag, die sie aber dennoch herausfühlte. Zum ersten Mal in ihrem vergnügungssüchtigen Leben war sie bereit, sich mit einer Nebenrolle zu begnügen, war sie bereit, für einen Mann alles zu tun – alles!
    «Wie mühsam es ist, wenn man kein Geld hat!», klagte sie.
    «Wenn Tante Emily sterben würde, könnten wir gleich heiraten, und du könntest dir in London ein Laboratorium voll Reagenzgläser und Meerschweinchen einrichten und auf mumpskranke Kinder und leberleidende alte Schachteln pfeifen.»
    «Deine Tante», erwiderte Donaldson, «kann noch viele Jahre leben, wenn sie vorsichtig ist.»
    Und mutlos antwortete Theresa: «Das weiß ich…»
    In dem großen zweibettigen Schlafzimmer mit den altmodischen Eichenmöbeln sagte Dr. Tanios zu seiner Frau:
    «Ich glaube, ich habe den Boden genügend vorbereitet. Nun kommst du an die Reihe, Bella.»
    Er ließ Wasser in das altmodische Porzellanbecken mit dem Rosenmuster laufen. Bella Tanios saß vor dem Schminktisch und fragte sich, warum ihr Haar, obwohl sie es genauso frisierte wie Theresa, doch ganz anders aussah. Erst nach einer Weile erwiderte sie:
    «Ich möchte lieber kein Geld von Tante Emily verlangen.»
    «Es ist nicht deinetwegen, Bella, es geschieht für die Kinder. Wir haben mit unserer Kapitalanlage kein Glück gehabt.»
    Er stand mit dem Rücken zu ihr und sah ihren Blick nicht, einen hastigen, versteckten, scheuen Blick. Sanft beharrte sie: «Trotzdem möchte ich nicht… Tante Emily ist ein schwieriger Mensch. Sie kann großzügig sein, aber sie hat es nicht gern, wenn man etwas von ihr verlangt.»
    Dr. Tanios trat, sich die Hände trocknend, zu ihr.
    «Bella, du bist doch sonst nicht so eigensinnig. Wozu wären wir denn hergekommen?»
    «Ich hatte nicht – ich wollte nicht – nicht, um Geld zu verlangen – »
    «Du hast selber zugegeben, dass die einzige Möglichkeit, unsere Kinder in eine englische Schule zu schicken, von deiner Tante abhängt.»
    Bella antwortete nicht gleich. «Vielleicht macht Tante Emily von sich aus den Vorschlag – »
    «Kann sein, aber bisher spricht nichts dafür.»
    «Wenn wir die Kinder hätten mitnehmen können – Tante Emily hätte unsere Mary sicher lieb gewonnen. Und Edward ist so intelligent!»
    Trocken sagte er: «Ich glaube kaum, dass deine Tante für Kinder etwas übrig hat. Vielleicht ist es besser, dass sie nicht hier sind. Ja, ja, ich weiß, das kränkt dich, aber diese vertrockneten englischen alten Jungfern sind nicht wie andere Menschen. Wir müssen unser Möglichstes für Mary und Edward tun, nicht wahr? Miss Arundell wäre es ein Leichtes, uns zu helfen.»
    Mrs Tanios wandte sich ihm zu; das Blut war ihr in die Wangen gestiegen. «Basil, nicht diesmal, bitte! Es wäre bestimmt unklug. Es wäre mir viel, viel lieber, es nicht zu tun.»
    Er stand hinter ihr und legte den Arm um ihre Schultern. Sie bebte leicht und verkrampfte sich dann. Sanft sagte er:
    «Trotzdem glaube ich, Bella, wirst du tun, was ich verlange, nicht wahr? Du tust es schließlich doch immer. – Ja, nicht wahr, du wirst tun, was ich dir sage…»

3
     
    Es war Dienstag Nachmittag. In der Seitentür zum Garten stand Miss Arundell und warf Bobs Ball über den Kiesweg. Der Terrier stürmte hintendrein und brachte ihn zurück. Sie hob ihn auf und ging ins Haus zurück; Bob folgte ihr auf den Fersen. Im Salon legte sie den Ball in eine Schublade. Dann warf sie einen Blick auf die Kaminuhr. Es war halb sechs.
    Die alte Dame stieg, von Bob begleitet, in ihr Schlafzimmer hinauf und legte sich auf das große, chintzbezogene Sofa. Der Hund ließ sich zu ihren Füßen nieder. Sie seufzte. Morgen würden ihre Gäste wegfahren, und das war gut so; nicht weil dieser Besuch ihr etwas offenbart hatte, was sie nicht schon längst wusste, sondern weil er sie nicht hatte vergessen lassen, was sie wusste.
    «Ich werde alt…», sagte sie sich. Dann, überrascht: «Ich bin alt…»
    Mit geschlossenen Augen lag sie eine halbe Stunde, bis die alte Haushälterin Ellen das Abendessen ankündigte; sie stand auf und kleidete sich um.
    Dr. Donaldson war eingeladen worden. Emily Arundell wollte Gelegenheit haben, ihn aus der Nähe zu betrachten. Sie konnte sich noch immer nicht an den Gedanken gewöhnen, dass die
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