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Der azurne Planet

Der azurne Planet

Titel: Der azurne Planet
Autoren: Jack Vance
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einen Augenblick nach und erwiderte dann: »Wir kommen an Land und liefern euch die Gefangenen aus. Aber laßt uns kein Blut mehr vergießen! Laßt jene, die Verbrechen begangen haben, sich vor der Versammlung äußern, damit sie nach unseren alten Traditionen abgeurteilt werden. Seid ihr damit einverstanden? Sonst müssen wir nach Neuheim zurückkehren!«
    Morse Swin rief aus: »Damit sind wir in allen Einzelheiten einverstanden! Genug Blut ist vergossen worden; wir haben davon jetzt genug!«
    »Dann kommen wir an Land und feiern mit euch!«
    Und die schwarzen Schiffe wurden bei Apprise vertäut. Die Männer gingen an Land, um alte Freunde, Zunftbrüder und Verwandte zu begrüßen.
    Der Kadaver von König Krakon trieb auf dem Ozean dahin; er war nicht mehr als ein zerfetzter Fleischberg. Die Sonne ging unter, und die Signaltürme verbreiteten in gebührendem Ernst von Tranque im Osten bis nach Almack und Sciona im fernen Westen die Neuigkeit von seinem Tod. Fürbitter starrten betrübt in das Wasser. Leibwächter entledigten sich ihrer Uniformen und mischten sich schüchtern unter diejenigen, die sie noch vor kurzem mit herablassender Arroganz behandelt hatten. Sie wurden verspottet und verlacht, aber niemand tat ihnen etwas zuleide, dazu war die Stimmung der Menschen zu gut. Vor jeder Hütte flammten die gelben Lampen auf; der älteste Arrak und die schmackhaftesten Weine wurden aufgetischt, und alte Freunde prosteten einander zu. Im Schein der weißen Sterne tanzten und sangen die Menschen durch die Nacht, Menschen, die von nun an weder König Krakon noch einem anderen seiner Art mehr dienen wollten.

 
     
Nachwort
     
     
    »›Wenn das, was Sie da sagen, wahr ist‹, bemerkte Magnus Ridolph mild, ›so bin ich wohl in den allgemeinen Fehler verfallen, Kreaturen, die von ganz anderer Wesensart sind als ich, meine eigene Haltung aufzwingen zu wollen.‹
    ›Ich sehe auch diese sadistischen Geschäftemacher nicht gern, die sich an diesen Kriegen bereichern wollen‹, sagte Clark voll Nachdruck, ›aber was kann ich da schon tun? Die Touristen sind ja auch nicht besser, diese morbiden Schakale, die sich am Anblick des Todes weiden …‹«
    Diese Sätze stammen aus der Story »Die Kokod-Krieger« (»The Kokod Warriors«) von Jack Vance. Ein zweites Zitat, dieses Mal aus der Vance-Story »Die Mondmotte« (»The Moon Moth«):
    »›Welches sind seine Untaten?‹ sang der Waldschrat. ›Er hat gemordet und betrogen, er hat Schiffe zerstört, er hat gefoltert, erpreßt, geraubt und Kinder in die Sklaverei verkauft. Er hat …‹
    Der Waldkobold gebot Einhalt. ›Deine religiösen Differenzen sind unwichtig. Wir können aber deine jetzigen Verbrechen beschwören.‹
    Der Stallknecht trat vor. Wild sang er: ›Diese freche Mondmotte versuchte vor neun Tagen, mein bestes Reittier zu stehlen.‹
    Ein anderer Mann drängte sich durch. Er trug einen Universal-Experten und sang: ›Ich bin ein Maskenmachermeister. Ich erkenne diesen Außenweltler, die Mondmotte. Erst kürzlich kam er in meinen Laden und zweifelte an meiner Meisterschaft. Er verdient den Tod!‹«
    In diesen beiden Zitaten steckt der halbe Jack Vance. Er liebt es, Kulturen mit starren, ritualisierten Normen zu schildern und zeigt Konfrontationen mit Außenseitern auf, die diese Normen nicht verinnerlicht haben. In der Kurzgeschichte »Die Kokod-Krieger« handelt es sich um Außerirdische, deren Lebensinhalt darin besteht, sich in sinnlosen Stammesfehden – nach Art mittelalterlicher Burgbelagerung – zu zerfleischen. Das ist nach Auffassung jedes friedliebenden Menschen pervers. Aber Vance verteidigt die Lebensweise dieser Außerirdischen, die sich nicht nach menschlichen Wertvorstellungen beurteilen läßt, gegen Einflußnahme von außen. Pervers für Vance ist hingegen, daß es Menschen gibt, die diese Kriege als aufregendes Spektakel genießen und auf deren Ausgang Wetten abschließen.
    Ähnlich die Kurzgeschichte »Die Mondmotte«. Wie das Zitat zeigt, wischen die Bewohner des Planeten Sirene die schwerwiegenden Anklagen gegen einen Verbrecher aus einer ihnen fremden Welt kurzerhand als »religiöse Differenzen« vom Tisch. Angeklagt und verurteilt wird der Verbrecher jedoch wegen einiger Delikte, die nach menschlichem Empfinden Bagatellen sind und ohne böse Absichten begangen wurden. Sie jedoch sind todeswürdige Verbrechen nach den Normen der sirenischen Kultur. (Wobei der Witz der Story darin besteht, daß diese »Verbrechen« gar nicht von dem
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