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Der Ausloeser

Der Ausloeser

Titel: Der Ausloeser
Autoren: Marcus Sakey
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unverblümt mitgeteilt, dass es auch Kinder treffen würde, Kinder wie Cassie, unschuldige Jungen und Mädchen, die am falschen Tag ins Einkaufszentrum gingen. Die Töchter und Söhne anderer Väter.
    »Zum letzten Mal, Mitch.« Eine kalte Stimme mit einer Spur unterschwelliger Wut. »Packen Sie die Flaschen in die Tasche. Sofort.«
    Mitch. Sein Freund, sein Doppelgänger, die andere Seite der Medaille. Beides Verlierer, der eine wie der andere. Mitch hatte sich geschlagen gegeben, Alex sah es in seinen Augen. Er, der immer einen Plan gehabt hatte, war endgültig am Ende. Langsam und steif, wie eine Marionette, die von fremden Händen gelenkt wurde, bückte er sich zu der schwarzen Sporttasche auf dem Boden.
    Alex betrachtete seinen ehemaligen Boss. Johnny Love hatte sich die Haare zurückgegelt, doch ein vorwitziges Büschel stand seitlich ab. Er lächelte wie ein Anwalt aus der Fernsehwerbung, aalglatt und arrogant. »Hättest du mal auf mich gehört, Kleiner«, meinte er, als er Alex’ Blick bemerkte. »Das hast du jetzt davon, dass du dich mit mir angelegt hast.«
    Mit zitternden Händen streckte Mitch den Arm aus und nahm die erste Flasche von der Theke.
    Es war so weit. Es war zu Ende.
    In ein paar Minuten würden die beiden Arschlöcher mit einer Tasche voll Nervengas aus der Tür spazieren. Und sie mussten ihnen die Tasche auch noch höflich überreichen, hier, bitte sehr. Danach würde Johnny ihnen wahrscheinlich eine Kugel in den Kopf jagen.
    Oder auch nicht, was vielleicht noch schlimmer wäre. Was wäre das für ein Leben? Wenn man jeden Tag mit einer Sarin-Attacke auf eine Highschool rechnen musste, die man auch noch selbst verschuldet hatte?
    Nein. Das konnte er nicht zulassen.
    Gut möglich, dass sie tatsächlich überleben würden, wenn sie klein beigaben. Doch ihre glücklichen Tage wären damit ein für alle Mal vorbei. Sie mussten kämpfen, selbst wenn sie dabei riskierten, mit ihrem Leben zu bezahlen. Wenigstens würden sie für eine gute Sache sterben.
    Mitch legte die zweite Flasche in die Tasche.
    Vorsichtig setzte Alex einen Fuß auf den Boden, verlagerte das Gewicht behutsam nach vorne. Er musste darauf bauen, dass sich Victor und Johnny ganz auf Mitch konzentrierten.
    Wenn er doch nur eine Waffe hätte. Er erinnerte sich, wie er die Pistolen in den Fluss geworfen hatte – das schwere Metall zwischen den Fingern, das laute Klatschen, bevor sie im dunklen Wasser verschwanden. Jetzt hätte er sich einen Arm und ein Bein für eine dieser Waffen abgehackt. Egal was, ein Messer, der Baseballschläger unter Jenns Bett, alles wäre besser als nichts. Wenn er nur eine Waffe hätte, irgendwas, hätte er eine Chance. Keine faire Chance, aber eine Chance. Aber was …
    Mitch legte die dritte Flasche in die Tasche.
    Natürlich.
    Fast hätte Alex gelacht, aber das hätte nur unnötig Zeit gekostet. Also ließ er sich vom Hocker rutschen, packte ihn an der Lehne, wirbelte ihn herum und schleuderte ihn auf Johnny Love.
    Kein besonders geschickter Wurf, überhastet ausgeführt und mit deutlicher Schlagseite. Kein Problem für Johnny, der einen Schritt zur Seite trat und die Pistole auf ihn richtete. Doch Alex nutzte den kurzen Moment der Verwirrung – er stieß sich von den rutschigen Fliesen ab, beugte den Oberkörper nach vorne und sprintete los, eine befreiende, berauschende Bewegung. Seine Nerven sangen wie gespannte Klaviersaiten. Er würde das schleimige Arschloch mit bloßen Händen in Stücke reißen, ihm alles heimzahlen, all die kleinen Erniedrigungen und die eine unverzeihliche Sünde.
    Für Cassie.
    Flammen schossen aus der Pistole in Johnnys Hand. Zweimal.
    Ein merkwürdig klebriges Gefühl in Alex’ Bauch, als würde sich ein schlanker Finger in seine Eingeweide bohren, als würde ein gelblicher Fingernagel in seinen Gedärmen wühlen. Überall dort, wo ihn die geisterhafte Hand berührte, brannte es heißer als Feuer. Und trotzdem trugen ihn seine Beine weiter, der Schwung war zu groß, er konnte nicht stehen bleiben, obwohl er inzwischen begriffen hatte, dass er getroffen war, mindestens einmal, vielleicht auch zweimal, obwohl er sah, wie sich die Waffe abermals auf ihn richtete, mitten auf seine Brust. Die Welt um ihn herum schrumpfte auf den Abstand zwischen ihm und Johnny, auf den alles entscheidenden Abstand, zwei Meter, eineinhalb, er war jetzt so nah, dass er schon fast die Poren auf seiner Nase erkennen konnte.
    Eine weitere Explosion.
    Alex wankte, stolperte über die eigenen
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