Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Aufstand Der Ungenießbaren

Der Aufstand Der Ungenießbaren

Titel: Der Aufstand Der Ungenießbaren
Autoren: Edo Popovic
Vom Netzwerk:
Spams von indischen und chinesischen Online-Elektronikshops. Sie waren nicht einmal billig, vor allem, wenn man bedenkt, dass sie Müll verkaufen. Unsere Preise waren viel günstiger und die Geräte erstklassig. Hätten wir damals das Geschäft mit den geklauten Kreditkarten und dem Verkauf der Waren ernsthaft betrieben, wären wir heute angesehene Holding-Bürger und könnten uns mit Bauwesen und Immobilien beschäftigen. Niemand würde uns fragen, woher das Geld stammt, das interessiert dort niemanden, vor allem nicht beim Immobilienhandel.
    Auch die alte Nachricht von Fraktalfrau war noch da. Wessen Augen betrachten uns aus oxidierten Spiegeln? Die und ihre K o - ans! Wir benutzten in unseren E-Mails häufig Rätsel und K o - ans, einerseits wegen der Spione im Internet und der Telekommunikationsgesellschaften und andererseits, um ein wenig Gehirnjogging zu betreiben. Und sie dachte sich wirklich heftige K o - ans aus. Aber dieser war einfach. Sein Sinn lautete nicht: Komm nach Madrid, sondern: Ich möchte dich sehen. Warum? Was wollte sie von mir? Ich wusch die Tasse und die Teekanne ab und begann, mir unsere Begegnung vorzustellen. Ich konnte mir vorstellen, wie wir in einem Café sitzen oder eine Straße entlanggehen, aber ich konnte mir nicht vorstellen, worüber wir uns unterhalten. Ich hatte ihr nichts zu sagen. Ich hätte sie vielleicht nur fragen können, warum sie nicht alles zum Teufel schickte und nach Hause zurückkehrte.
    Sie konnte zurück. Ihre Eltern waren, soweit ich wusste, immer noch am Leben. Beide waren Architekten, hatten ein Büro in Zagreb, innerhalb der Mauer, und sie hatten gute geschäftliche und politische Beziehungen. Allzu gute, würde ich sagen, und das hatte Fraktalfrau ihnen entfremdet und sie zum Schluss endgültig fortgetrieben. Beispielsweise hatte der Milliardär Ilija Teši ć sie engagiert, um das Parlamentsgebäude in eine Privat-
residenz umzuwandeln. Deswegen war Fraktalfrau tagelang wütend, so wütend, dass sie vorschlug, ihren Alten zu entführen. Ansonsten erzählte sie nicht viel über sie.
    Was mich betrifft, für mich gab es kein Zurück. Sie hatten mir die Wohnung genommen, als meine Mutter starb. Wir hatten hohe Schulden wegen der Nebenkosten, ich konnte sie nicht abbezahlen, und deshalb wurde die Wohnung versteigert. Ich trauerte ihr nicht allzu sehr nach. Nach allem, was geschehen war, hätte ich sowieso nicht darin leben können.
    Mozilla Thunderbird meldete, dass eine neue E-Mail eingegangen sei. Als Kurier diente Fraktalfrau dieses Mal Antonio Machado:
    »Wanderer, deine Spuren
    Sind der Weg, sonst nichts;
    Wanderer, es gibt keinen Weg,
    Weg entsteht im Gehen.
    Im Gehen entsteht der Weg,
    und schaust du zurück,
    siehst du den Pfad, den du
    nie mehr betreten kannst.
    Wanderer, es gibt keinen Weg,
    nur eine Kieselspur im Meer.
    Freitag, elf Uhr vormittags.«
    Senor Wang stand vor dem Eingang zu seinem Laden. Ich nickte ihm zu und lächelte. Er erwiderte mein Lächeln. War das etwa der Beginn einer großen Freundschaft?
    Trabajo?, fragte ich ihn.
    Later. Una hora, er hob seinen Zeigefinger in die Luft.
    Good. Hasta pronto.
    Pidgin.
    Ich ging zum Lavapies-Platz und betrat das Café Guridi. Hier hatte sich in den zehn Jahren nichts verändert. Dieselben roten und weißen Fußbodenfliesen, die gusseisernen Stützsäulen, die hohen Stuckdecken, die Holzstühle, die an der Wand aufgestellten und mit rotem Plüsch gepolsterten Bänke, die weißen Steinplatten der Tische, die Fenster mit ihren eingeschliffenen Ornamenten in Form eines Medaillons: Blumensträuße und Ranken. Die hohe lange Theke mit einem Zapfhahn für Bier und einem Regal mit Flaschen. Und die hohen Wände mit oxidierten Spiegeln. Ich würde wetten, dass auch der Kellner noch derselbe war. Obwohl nur einige Tische besetzt waren, brauchte er fünfzehn Minuten, um sich zu mir zu schleppen und mich zu fragen, was ich wolle. Ich bestellte Churros und heiße Schokolade.

Achtzehntes Kapitel
    Die Hüter der Müllcontainer – Schatten, stärker als der Körper
    Geht arbeiten!, sagte der Polizist.
    In derselben Sprache, in der in der Verfassung alles über das Recht auf Arbeit und die Freiheit der Arbeit sowie über den Lohn, mit dem der Arbeiter sich und seiner Familie ein freies und würdevolles Leben sichern kann, sowie über die Schwachen, Bedürftigen, Arbeitslosen und Behinderten, für die der Staat sorgen wird, abgefasst ist und in der auch alle drei Kündigungen an Ivan Vida aufgesetzt waren, in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher