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Der Aufstand Der Ungenießbaren

Der Aufstand Der Ungenießbaren

Titel: Der Aufstand Der Ungenießbaren
Autoren: Edo Popovic
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nicht mehr als fünf Stunden arbeiten, die Samstage und Sonntage sind frei, und sobald ein Arbeitgeber sich darüber beschwert, drehen die Spanier durch, ziehen sich in ihre Häuser und Wohnungen zurück – und bleiben erst einmal dort. Geschäfte, Restaurants, Museen, Fabriken, die öffentlichen Verkehrsmittel, die Flughäfen, Hotels – nichts ist geöffnet, nur die hungrigen Touristen irren durch die Straßen, und nach einigen Tagen muss der Arbeitgeber klein beigeben, die Regierung entschuldigt sich bei den Bürgern, und sie kehren an ihre Arbeitsplätze zurück und auf ihre Straßen.
    LOCUTORIO LLAMADAS INTERNACIONALES, HOSTAL SARDINERO, CASA SOTO GRABADOR, ALIMENTACION & FRUTERIA, LO OBJETOS DE ARTE, Fraktalfrau und Gärtner erreichen die Plaza de Santa Ana. Der versteinerte Vogel schickt sich noch immer an, aus den Händen des versteinerten Lorcas loszufliegen, aber er schafft es nicht. Was für ein billiger Mist, in ihren Ohren formte sich plötzlich die Erinnerung an Van ˇ cas Worte. Warum lassen sie die Vögel und die Menschen nicht endlich in Ruhe.
    Van ˇ ca beschwerte sich häufig über den Missbrauch lebender Wesen in der Kunst. Nur auf einigen japanischen Zeichnungen und Grafiken, so behauptete er, werden lebendige Lebewesen dargestellt. Ihre Körper verschmelzen darin mit der Umgebung, die Absicht des Künstlers ist nicht, sie zu töten, aus der Welt herauszureißen, mit scharfen Linien abzutrennen, zu präparieren und auf das Papier zu nageln, er weiß, dass sie nur für einen Augenblick hier sind und dass sie schon im nächsten Augenblick weiterziehen werden; diese Zeichnungen stellen den Augenblick und nicht den Vogel, den Menschen oder was auch immer dar. Und dieser Lorca und dieser Vogel sind steif wie ein vertrockneter Baum. Sie sind tot, sie könnten nicht toter sein, als reiche ein toter Lorca auf der Welt nicht aus, die Menschen haben Tausende davon produziert, grässlich.
    Gärtner blieb vor dem Fenster der Kneipe Alemana stehen und spähte hinein.
    Das hier scheint ein guter Platz zu sein, da sind viele Menschen, lass uns ein Bier trinken.
    Hier nicht.
    Warum, was stört dich denn hier?
    Ernest Hemingway ist hier angeblich am liebsten eingekehrt, und deshalb ist dieses Loch ständig von Touristen belagert.
    Wo ist da das Problem? Wir sind doch auch Touristen.
    Touristen sind schlimmer als Fliegen. Van ˇ ca und ich haben ausgerechnet an dem Tisch gesessen, an dem angeblich Hemingway immer saß …
    Du und dein Van ˇ ca, unterbrach er sie, wie lange willst du noch von ihm reden?
    Fraktalfrau sah ihn starr an.
    Wir haben jedenfalls, setzte sie fort, an diesem Tisch gesessen und zu Mittag gegessen, und jeder, aber wirklich jeder, der hereinkam, hat uns fotografiert.
    Na und? Sie haben doch nicht auf euch geschossen.
    Und was Van ˇ ca betrifft, begann sie erneut … und dann schwieg sie.
    Sie begann erst wieder zu sprechen, als sie sich auf die Terrasse des Café Central auf der Plaza del Angel gesetzt hatten.
    Du bist doch wohl nicht eifersüchtig? Sie sah ihn über den Rand des Bierglases an.
    Nicht wirklich, antwortete er. Es nervt mich nur, dass er hinter uns herschnüffelt, und noch mehr nervt mich, dass du ihm Hinweise schickst. Warum tust du das?
    Hast du Angst vor ihm?
    Nein, was soll er mir schon antun?
    Zum Beispiel uns bei der Polizei verpfeifen.
    Du liebst ihn immer noch, oder?
    Fraktalfrau wurde nachdenklich.
    Nein, ich liebe ihn nicht, sagte sie. Ich würde mich nur gerne ordentlich von ihm verabschieden können.

Siebzehntes Kapitel
    Party auf dem Platz Lavapies – Mörderische Schwalben – Senor Wang – Kleine Fruchtpathologie – Haltung annehmen – »Im Gehen entsteht der Weg«
    Der Platz Lavapies stinkt nicht nach Urin.
    Der Lavapies ist eben nicht Versailles, wo die französischen Könige so viel Wasser gelassen haben, dass es heute noch, zweihundertfünfzig Jahre nachdem sie es verlassen haben, nach Ammoniak stinkt. In der Zeit, in der die Könige noch in Versailles Wasser ließen, war Lavapies ein anständiges Viertel von Arbeitern und Stierkämpfern, die nur ausnahmsweise herumurinierten, zumeist während einer Fiesta. So blieb es auch später, als die Stierkämpfer ausstarben und Immigranten aus China, Afrika, Südamerika und aus der Karibik Lavapies besiedelten – das Viertel stinkt nur nach Ammoniak, wenn Churros- und Bierstände auf dem Platz und den benachbarten Straßen aufgebaut werden und die Fiesta beginnt. Nächtelang sind dann alle im Freien und
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